Ende Doubs. Traurig. Noch ein paar letzte Kurven durch die topfebene Landschaft, alles Trölen, Dudeln, Verzögern und Hakenschlagen nützt nichts mehr, die Saône wartet: das Ende des Doubs.
Konsultiert man google auf deutsch, wohnt hier die Einöde, ein paar Campingplätze, Sehenswürdigkeiten gibt es kaum. Kleine Dörfer, die sich aus Erfahrung samt ihren Wegen meist abseits des Doubs halten. Ein paar Brücken. Der Doubs zuweilen träges Flüsschen, bei anhaltendem Regen ein reissender Strom, der in der Vergangenheit so manche Ortschaft mit seinen Fluten verwüstete. Muss man da hin? Antwort: muss man nicht. Ich schon.
Von Basel aus bin ich in 2.5 Stunden in Dole, decke mich diesmal in der Konditorei meines Vertrauens mit einer gefüllten Baguette ein. Auf der Suche nach der Einmündung der Loue -ich habe keine Navigationsgerät im Auto-, passiere ich in Gevry eine hübsche Villa. Zwei mürrische Hausdamen bewachen das Haus, beide als Sphingen (Plural von Sphinx, Reisen bildet) verkleidet, auf zwei Chaiselongues im Stil Louis Napoleon III hingefläzt. Doch, der Tag fängt gut an.
Nach holpriger Suchfahrt über Kieswege ist Schluss mit Autofahren. Gesperrt. Mäxle muss zurückbleiben. Ein (für mich unerwartetes) Naturschutzgebiet auf der Ile du Girard stellt sich mir in den Weg und darf verständlicherweise nur zu Fuss betreten werden.
Eine Insel im Doubs, 135 ha gross, seit 1982 nationales Naturschutzgebiet. Begrenzt durch zwei Flussarme des Doubs und den Zufluss der Loue. Eine Geographie, die sich durch die phantastische Gestaltungskraft von Überschwemmungen ausgebildet hat.
Auf einem Wanderweg am Doubs, an Teichen, reicher Flora und Fauna vorbei, schliesslich durch hohes Gras und Gestrüpp bis zur Einmündung der Loue in den Doubs.
Auf einer eingezäunten Auenwiese sind in der Ferne Polski Konik (eine anspruchslose, kleine Pferderasse, verwandt mit Wild- und Panjepferden) in Halbfreiheit anzutreffen.
Weiter von Kaff zu Kaff nach Petit-Noir, dort über die blaue Doubs(brücke) auf die linke Seite.
In Neublans-Abergement ist schon wieder ein Schloss zu bestaunen: Auf dem Areal einer alten, verfallenen Burg aus dem 11. Jahrhundert stehen die restaurierten Überreste zweier Ziegelsteintürme sowie ein neo-klassizistisches Ziegelsteinschloss, das in den Jahren zwischen 1703-1789 erbaut wurde, infolge der französischen Revolution jedoch weder vollendet noch verputzt wurde. Privatbesitz. Keine Besichtigung.
An einem der idyllischen Badeseen von Fretterans esse ich meine Stulle. Kein Mensch weit und breit zu sehen.
Am Dorfausgang eine ferienhalber geschlossene Mädchenschule. Der Hund des Abwarts wundert sich über mein Interesse an Typografie. Soll er. Ich wundere mich über den Bildungshunger von Mädchen in einer 300-Seelengemeinede und das Fehlen einer école de garçons.
Im nächsten Dorf, in Lays-sur-le Doubs, verbreitert sich der Doubs zu einem See.
In Varenne-sur le- Doubs fällt mir am Wegrand eine einsame, herrschaftliche, aber geschlossene Pförtnerhausanlage auf. Der Haupteingang liegt im Dorf: ein grandios-seltsames Schloss: Chateau de Varennes. Grosses Hauptgebäude, zahllose Nebengebäude, Türme und Türmchen. Kaum Einblicke gewährend. Einzige Hinweistafel: Private Property.
Das Internet klärt auf: ein luxuriöses B&B. Rated in the top ten best wedding venues worldwide. 1291 wurde die Herrschaft an die Grafen von Burgund verkauft. Auf dem Areal des heutigen Schlosses existierten bis ins 18. Jahrhundert Reste einer einfachen Burganlage. Nach einem Erbgang aus den Händen der Varennes renovierte der neue Besitzer de Truchis-de Varennes die Burg zum Schloss, 1803-1829. Seine Nachkommen legten einen riesigen Park rund um das Schloss an, bauten fleissig um und an, u.a. um eine Kapelle im romanischen Stil und einen Billardraum. Zogen Mauern hoch. Das Schloss wird heute als luxuriöses, diskretes wedding und eventhotel betrieben, für betuchte Menschen aus Amerika bis Singapur. How nice. Warum nicht? Das ganze Schloss mit 20 bedrooms kostet für 3 weekendnächte im August nur gerade 18’000 € (accomodation only). Einzelzimmer unter der Woche sind billiger.
Die drittletzte Doubsbrücke steht in Navilly, älteren Datums doch nicht uralt.
Bei Saunières fahre ich wieder über den Doubs auf die rechte Seite. Im Dorf Les Bordes nochmals ein Blick auf den träge dahinfliessenden Doubs. Das heutige Ziel wartet: Verdun-sur-le-Doubs.
Letzte Brücke über den Doubs: der Pont Saint Jean, der über den kleinen Doubs auf eine zwischen Saône und dem Hauptarm des Doubs gelegene Insel führt.
Wie gerne wäre ich in das Wohnschiff eingestiegen und ans Meer mitgefahren. Heute nicht. Und was Morgen ist, weiss ich nicht. Das Ende der Welt ist noch nicht erreicht. Heimfahrt querfeldein, der Loue entlang. Darüber mehr in der nächsten Folge.
Quellen:
Chateau de Neublans: Ministère de la Culture Patrimoine
Chateau de Varennes
Schade, dass es vorbei ist – vor allem für dich, aber auch für uns Leser!
Ich habe deine Doubs-Berichte geliebt und bin deinen Ausflügen gerne gefolgt.
Vielleicht findest du ja neue Ziele?!
Liebe Grüße Eva
Der Doubs hat einige Zuflüsse, und was nicht in den Doubs fliesst, das leite ich um 🙂
Ein sehr poetischer Bericht. Glücklicherweise stehen viele Flüsse für einen nächsten Blog an!
Entscheidend ist, ob sie in Eintagesausflugsreichweite liegen. Vielleicht die Saône.
Hoffentlich findest du einen neuen Fluss, den du begleiten kannst und der dir ein treuer „Gefährte“ ist, wie es der Doubs war. Leider ist irgendwann alles zu Ende. Aber es gibt ja so viel Schönes!
Liebe Sonntagsgrüße von den Buchfinks
ich werde bestimmt einen Zweitfluss finden 🙂
Deine Doubs Berichte und Fotos sind faszinierend. Ist es möglich diese als Gesamtes zu erhalten. Ich werde eben langsam vergesslicher.
Danke für Deine Berichte und freundliche Grüsse
Ruedi Herbst
Es gibt grundsätzlich die Möglichkeit jeden einzelnen Bericht inkl. Fotos als PDF selbst abzuspeichern und auch auszudrucken (siehe am Schluss des jeweiligen Berichtes unter „Drucken oder Teilen“).
Ich hoffe Ihnen mit meiner kurzen Antwort zu dienen.
Auf der rechten Seitenleiste des Blogs unter „Stichwortsuche“ das Wort *Doubs“ anklicken, dann werden alle Doubsberichte angezeigt.
Man hat mich schon angefragt, ob ich die Berichte nicht ausdrucken könne.
Nein, Da müsste ich noch viel Arbeit investieren, Zeit, die ich lieber (solange es geht, d.h. solange ich mich fürs Autofahren sicher genug fühle) in neue Tagesausflüge investiere. Länger als 15 Stunden dürfen meine Reisen nicht dauern. Sonst müsste ich die Spitex zuhause rund um die Uhr engagieren.
Es wohnen hier wohl nicht sehr viele Menschen. Jedenfalls habe ich keine auf Deinen Fotos gesehen. Alles sieht verschlossen aus. Ausflügler sind schon weg? Danke fürs mitnehmen.
Frankreich ist unglaublich gross und ganze Landstriche sind nur spärlich besiedelt. Zu dieser Zeit sind die Franzosen offenbar am Meer. Und wo es „nichts“ zu sehen gibt, hat es auch keine Touristen.
I ha mit grossem Interässe au dä Bricht gläse. Jetzt won‘ i als wie meh Zyt ha, wird i bestimmt dr ainti oder anderi Ort ufsueche, inkl. em Traiteur mit de feine Yyglèmmte 😉
I dangg dir fir die jedesmool scheen bebilderte Etappebricht wo mi richtig gluschtig gmacht hän!
Die kleinen Überlandstrassen sind sehr angenehm zu befahren. Keine Staus, kein Verkehr. Anders als in der Schweiz. Benetot ist eher eine Confiserie als ein Traiteur. Es wird noch 2 weitere Berichte geben (Arbois und La Loue)
Als in Niederbayern Wohnender (Landshut) war die Begleitung über Jahre hinweg eines mir völlig unbekannten, fließenden Wassers eine Bereicherung welche in ihrer Kontinuität in der Blog-Welt ein Alleinstellungsmerkmal besitzt. Dafür danke!
Sollte Ihre Alltagskraft noch ein neues Ziel in Angriff nehmen können, vielleicht tatsächlich die Saone, so ist meine interessierte Begleitung sicher.
Mit den besten Wünschen LArichard