Doubs(26) La Loue

Der Doubs und seine Cousinen (27): Le La Loue

(Le) La Loue. Wie das schon klingt: nach verruchtem Lebenswandel, leichter Dame, Demi-Monde, Can-Can und Straussenfedern. Falsch!!! Kurven hat sie zwar, vielmehr macht sie. Zudem stund bzw. lag sie in jungen Jahren dem Maler Gustave Corbet nackig Modell. Aber nichts von Lotterleben und Vin fou. La Loue ist ein ehrbares Mädchen vom Lande, eine weitere Cousine des Doubs, die ihm nichts als lauteres Juraquellwasser zuträgt.

Den wunderschönen Oberlauf von der Quelle bis Ornans habe ich hier unter Vallée de la Loue bereits beschrieben. Die Einmündung der Loue in den Doubs hier. Und heute -genau genommen waren es 3 verschiedene Besuche, im August und Mitte Oktober- fahre ich dem Mittelteil der Loue entlang. Flussaufwärts. Falsche Richtung, aber wer will, kann ja den Monitor auf den Kopf stellen.

Die letzte Brücke der Loue steht in Parcey, südlich von Dole, ein Bauerndorf nach dem andern bis zur Saline Royale in Arc-et-Senans.

Doubs(26) 20190912_100041
Bei der Brücke von Parcey

In der Franche-Comté gab es früher zahlreiche Salinen zur Salzgewinnung aus salzhaltigen Quellen. Die nächstliegende im heutigen Salins-les-Bains. Salz war ein kostbares, teures Gut. Die französischen Salinen unterstanden deshalb direkt dem König. Bis ins 19. Jahrhundert beschaffte sich die alte Republik Bern das «weisse Gold» zur Herstellung von Käse aus den Salinen der Franche-Comté und füllte mit dem Handel die Staatskasse.

Doubs(26) 20181018_140439
Das südlich gelegene Portalgebäude: fusslose, dorische Säulen mit schwerem Architrav

Rund um die Saline von Salins waren bald sämtliche Wälder abgeholzt, Holz musste kilometerweit herangeschafft werden. Salinen waren immer von Mauern umgeben, um den Diebstahl des kostbaren Gutes einzudämmen. Das erschwerte einen rationellen Arbeitsablauf. Architekt Claude-Nicolas Ledoux erbaute 1775 bis 1779 im Auftrag von Louis XV. eine futuristische, neue Saline in 17 Kilometer Entfernung am Rand des grossen Waldes von Chaux. Das Salzwasser wurde von Salins durch Holzleitungen (Deuchel) zur neuen Saline Royale geleitet. Nach den Worten von Ledoux sei „es einfacher, das Wasser auf Reisen zu schicken, als einen Wald Stück um Stück durch die Gegend zu fahren.“

640px-Arc-et-Senans_-_Plan_de_la_saline_royale

Die Anlage ist als halbkreisförmiger Hof mit einem Durchmesser von 225 Metern konzipiert. Zehn einzelne Bauten umstehen ihn, ergänzt durch Stallungen und Gärten. Alles ummauert. Das einzige Portalgebäude und vier weitere, ähnlich strukturierte Bauten folgen der Kreislinie im Süden, im Norden begrenzen die Fabrikationsgebäude und Verwaltungsbauten den Hof.

Doubs(26) 20181018_140916
Der als Steingrotte gestaltete Portikus der Wache mit Sicht auf das Direktionsgebäude

Ledoux entwarf eine in klaren, geometrischen Formen angeordnete Fabrikstadt. An alles wurde gedacht und in absolutistischer Ordnung aufgereiht:

  • Machtzentrum der Anlage ist das Direktionsgebäude mit der Dienstwohnung. Im Haus befindet sich auch die Kapelle am obern Ende einer Treppenanlage, zuoberst der Altar. Die Arbeiter durften auf den Treppenstufen stehen, den Blick nach oben zum Altar gerichtet. Der Direktor überwachte den Gottesdienst von einer Empore aus.
  • links und rechts davon die beiden grossen Produktions- und Lagergebäude mit den Salzsiedepfannen, in denen die Sole während 48 Stunden aufkonzentriert wird. Aus ästhetischen Gründen (Architektur damals wie heute) wurden keine Kamine eingebaut. Somit konnte der Rauch nur über die Dachlukarnen und die Lungen der Arbeiter entweichen.
  • an den Enden des Halbkreisdurchmessers 2 Gebäude für die Administration und Erhebung der Salzsteuern, mit Wohnungen für die leitenden Vorarbeiter.
  • anschliessend 2 Wohnhäuser mit jeweils zwölf Wohnräumen zu vier Personen für die Arbeiter und ihre Familien, dazu Gemeinschaftsküchen. Die Arbeiterfamilien durften die Anlage nicht verlassen. Die dahinter liegenden Gemüsegärtchen sollten wohl der Erholung dienen.
  • anschliessend folgen 2 Gebäude mit Werkstätten: die Schmiede für Siedepfannen und Fassreifen sowie eine Küferei.
  • in der Mitte des Halbkreises, gegenüber der Direktion der einzige Zugang zum Areal mit dem Gebäude der Wache, einem Gerichtsraum und dem Gefängnis (!) für Salzdiebe.

12-Stunden Arbeitstage in einer Rauchkammer für Menschen. Lungenkrankheiten und früher Tod waren die Folge: Arbeit macht frei.

Atelier de fabrication

Die Saline blieb bis 1895 in Betrieb. Mit dem Fall des Salzmonopols und der Salzsteuer, mit der aufkommenden Konkurrenz durch Meersalz, das auf der Schiene transportiert wurde, konnte die Saline die ihr zugedachte Bedeutung nie erreichen. Außerdem war der Salzgehalt der genutzten Sole zu gering, um wirtschaftlich erfolgreiche Salzproduktion zu betreiben.

Die Fahrt über die Halbinsel von Champagne-sur-Loue gibt Gelegenheit, mich vom Salz-Gulag wieder zu erholen.

Doubs(26) 20190809_145142
Die Loue bei Champagne-sur-Loue
Doubs(26) 20190809_144754
Die Brücke bei Champagne-sur-Loue

weiter nach Port Lesney zur nächsten Brücke:

Doubs(27) 20191014_141344
Die alte Brücke über die Loue in Port Lesnay

Im 15. Jahrhundert wurde hier eine dreibogige Steinbrücke erbaut, die den Weg nach Besançon verkürzte. Die dicken Pfeiler und niedrigen Gewölbe verursachten jedoch immer wieder Überschwemmungen. Also ergänzte man die Brücke noch im selben Jahrhundert durch einen zusätzlichen Bogen. Im 19. Jahrhundert schenkte man der Brücke noch einen weiteren, 5-ten Bogen, um sie dann 1940 durch eine unmittelbar daneben liegende, neue, höher gesetzte Stahlbrücke zu ersetzen. Die alte wurde 1951 abgebrochen, aber nur teilweise. Ob aus Geldmangel oder zur Attraktivitätssteigerung des Ortes, weiss ich nicht. Jedenfalls ist es hier hübsch und wenn der Treibstoff alle ist, tankt man Jurawein.

Doubs(27) 20191014_140910
Vins de Jura

In Rennes sur Loue wartet die nächste tiefliegende Brücke, nur noch von Bauern und Wandersleuten benutzt. Da der Ort leicht erhöht liegt, sind hier Überschwemmungen kein Thema.

Doubs(27)20191014_142904
Brücke bei Rennes-sur-Loue

Ab Quingey nehme ich die Abkürzung, Nähe Courcelles sieht man sich wieder:

Doubs(27) 20191014_150106
Die Loue im Herbstkleid

der Weg windet sich hoch und höher Belvédères erlauben den Blick auf die tiefliegende Loue.

Doubs(27) 20191014_151458
Belvédère Nähe Lizine
Doubs(27) 20190823_164458
Belvédère Nähe Rurey

Nach Amondans sticht man wieder in die Tiefe und stösst aus dem Walde direkt auf den Traumausblick mit Traumschloss: Chateau Cléron. Drei Anläufe (sprich drei Durchfahrten nach Hause sowie die Überwindung diverser Hecken und Mauern) waren notwendig, bis ich das Schloss fotografisch adäquat im Kasten hatte.

1320 liess die Adelsfamilie, die mit der Kontrolle des Loue-Übergangs an der Salzstraße von Salins-les-Bains nach Besançon betraut war, das Schloss erbauen und begründeten damit die Herrschaft Cléron, die bis kurz vor 1700 in Händen der Familie blieb. 1639 wurde das Dorf erstmals von schwedischen Söldnern im Lohn Frankreichs verwüstet, 1641 dann ein zweites Mal von den Franzosen. Zusammen mit der Franche-Comté gelangte das Dorf mit dem Frieden von Nimwegen 1678 an Frankreich.

Doubs(26) 20190823_165444
Schloss Cléron an der Loue

Das Schloss wurde im 18. Jahrhundert stark umgebaut, wobei die mittelalterlichen Verteidigungsanlagen, der Bergfried, die Machikolationen (vorspringende Brüstungen), die Schießscharten und die assommoirs (dt. „Betäubungsanlagen“: Öffnungen, aus denen die Verteidiger Geschosse warfen, um Angreifer auszuschalten. Ja, manchmal ist die französische Sprache recht blumig und doch präziser als die deutschen Umschreibungen). Das restaurierte Schloss befindet sich heute im Besitz der Familie de Montrichard. Das Schloss ist für Besucher nicht zugänglich, im Juli und August darf man für 3 € den Garten besichtigen.

Doubs(26) 20190823_171408
Schloss Cléron

Wenn ich mich nicht verzählt habe, bin ich heute über 7 Brücken gefahren und siebenmal zu Asche geworden, glaubt man dem alten Schlager aus dem Jahre 78. Nun krieg ich den Ohrwurm nicht mehr aus dem Kopf.

Doubs(26) 20190823_170002
Schloss Cléron mit der neuen und alten Louebrücke

Kurz vor Ornans ein Hinweis zum Mirroir de Scey ausgeschildert. Ein Spiegel? Wozu? Die Loue zu einem kleinen See verbreitert. Bei Windstille kann man sich am Ufer anhand seines Spiegelbildes seine Locken zurechtrücken. So man noch welche hat.

Doubs(26) 20190809_155021
Mirroir de Scey

Quellen: wiki edition française