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Kalbsleberterrine und mostarda mantovana

Quittenmostarda 2016 12 12_0696

Den Floh „Quittenmostarda“ setzte mir Claudio letztes Jahr ins Ohr. Anders als er, erlaubte ich den Kernhäusern, Abschnitten und Schalen die Mitwirkung. Weil viel vom Quittenaroma und Pektin im Abfall steckt. Der maestro assoluto der foodblogs möge mir nachsehen, dass ich die Abfälle mit edlem Moscato d’Asti -ich besitze nur solchen- sowie mit Gewürzen aufpeppte. Ich weiss, das ist gegen des maestros Doktrin der Reduktion aufs Wesentliche, aber weniger muss nicht zwingend mehr bedeuten, mehr kann auch noch mehr zur Folge haben. Besonders wenn man der Wahl der Quitten Sorgfalt angedeihen lässt. Komplizierter kann ich es nicht mehr sagen.

Denn Quitten sind nicht gleich Quitten. In unsern Breitengraden werden sie kaum richtig reif, taugen für Gelee, sind aber roh ungeniessbar. Anders in der Türkei, einige Sorten könnte man dort roh verzehren. Also auf, in den Türkenladen, War gerade Aktion, her mit den guten Quitten.

Dazu die Kalbsleberterrine von Lucas Rosenblatt, am Terrinenkurs von Claudia zubereitet. Eines der Kurs-Highligts. Das wird die Nicole bestimmt freuen.

Kalbsleberterrine und Quittenmostarda


Quittenmostarda 2016 12 12_0698

Zutaten
Quittenmostarda: für ca. 4x 2 dl Gläser
4 Quitten, ca. 1.4 kg (800 g Quittenwürfel, 600 g Abschnitte)
3 dl Moscato d’Asti (wer keinen hat nimmt Süssmost)
2 dl Wasser
50 g Karamellzucker oder frisch zubereiteter Karamell
1 TL Szechuanpfeffer
1 TL Kardamomsamen
1 TL Korianderkörner
240 g Zucker (ich reduzierte den Zucker im Rezept von Claudio )
2 EL möglichst scharfes, weisses oder gelbes Senfpulver

Kalbsleberterrine für eine 600 ml halbrunde Form:
180 g Kalbsleber
130 g mageres Schweinefleisch, Filet oder Steak
120 g Nackenspeck
1 Schalotte, geschält, gehackt
¼ Knoblauchzehe, geschält, gehackt
3 Zweige Thymian, Blätter abgezupft, fein gehackt
1 TL Butter
50 g weisser Portwein
1 Msp. Piment, gemahlen
1 Msp. Muskatnuss, frisch gerieben
1 TL Wildgewürz
1 Msp. Pökelsalz
Pfeffer schwarz, grob gemahlen
15 g Toastbrot, entrindet
15 g Eiweiss
30 g Vollrahm
etwa 10 hauchdünn geschnittene Scheiben Lardo di Colonnata zum Auskleiden der Form
als Einlage:
75 g Dörraprikosen mit 2 EL Aprikosenschnaps mariniert

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Zubereitung
Quittenmostarda, ein bis 2 Wochen im Voraus zubereiten:
(1) Quitten schälen, vierteln, entkernen und in 1 cm grosse Würfel schneiden. Kernhäuser und Abschnitte mit Wasser, Moscato d’Asti, dem Karamellzucker und den Gewürzen während 2 Stunden leise köcheln lassen, danach absieben. Jus auffangen.
(2) Quittenwürfel mit dem Zucker versetzen und 24 Stunden zugedeckt stehen lassen. Danach absieben, den gebildeten Saft mit dem Jus der Abschnitte vereinigen und auf niedriger Stufe langsam zu einem Sirup einkochen lassen.
(3) Damit die Quittenwürfel übergiessen und erneut 24 Stunden zugedeckt ziehen lassen. Absieben, jetzt kann bei Bedarf nochmals mit frischem Gewürz nachgewürzt werden, den Saft aufkochen, wiederum etwas einkochen, absieben, falls nachgewürzt wurde und damit die Quittenwürfel übergiessen und ein drittes Mal 24 Stunden zugedeckt stehen lassen.
(4) Danach die Quittenwürfel im Sirup während ca. 10 Minuten auf niedriger Stufe knapp weichkochen und erkalten lassen. Das Senfpulver unterrühren und alles in sterilisierte Gläser abfüllen. Im Kühlschrank lagern oder zur Konservierung mit verschlossenem Deckel im Dampfgarer oder Ofen 15 Minuten auf 85°C erhitzen.

Kalbsleberterrine, 3 Tage im Voraus zubereiten:
(5) am Vortag: Aprikosen in kleine Würfel schneiden, in gesalzenem Wasser kurz aufkochen, abgiessen, mit Aprikosenschnaps mischen und zugedeckt über Nacht bei Raumtemperatur stehen lassen.
(6) Leber von Sehnen und Häuten befreien, danach in kleine Würfel schneiden und in eine grosse Schüssel geben.
(7) Schweinefleisch in ca. 2 cm grosse Würfel schneiden, Fett wegschneiden. Speck in 1 cm Würfel schneiden und alles zur Leber geben.
(8) Die gehackten Schalotten und Knoblauch in der Butter blond dünsten. Mit Portwein ablöschen und kurz abkühlen lassen. Mit dem Thymian zur Leber geben, mit Salz und Gewürzen mischen. 2 Stunden oder über Nacht kühl stellen.
(9) Toastbrot würfeln und auf der Lebermischung verteilen. Rahm und Eiweiss mit Stabmixer kurz aufmixen, über das Toastbrot träufeln und mit der Lebermischung kräftig verrühren. Zugedeckt 30 Minuten im Kühlschrank ziehen lassen.
(10) Alles durch die feine Scheibe des Fleischwolfs drehen.
(11) Terrinenform mit Küchenfolie und Lardo überlappend auslegen, die Form mit der Lebermasse füllen und mit den Lardoenden decken. Mit Lorbeerblättern und zerdrückten rosa Pfefferkörner dekorieren. Zugedeckt nochmals 3 Stunden im Kühlschrank ziehen lassen.
(12) Terrine im vorgeheizten Dampfgarer ca. 30 Minuten auf eine Kerntemperatur von 64°C garen.

Die Quittenmostarda war eigentlich für tortelli di zucca vorgesehen. Ich fürchte, dass sie vorher weggegessen ist.

Verschmähte Leckerbissen

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Kalbsniere im eigenen Fettmantel

Sie sind nicht jederManns Geschmack, schon gar nicht jederFrau. Sie sind leicht verdaulich, vitaminreich, aber auch reich an Cholesterinen und Purinen und können deshalb bei Menschen mit gestörtem Stoffwechsel zu Beschwerden führen. Während Innereien und Schlachtnebenprodukte in früheren Jahrzehnten noch öfters auf den Tisch kamen, leisten es sich Frau und Herr Schweizer heute, nur noch teures Muskelfleisch zu essen. Auch wenn das erst aus Argentinien herangeschafft werden muss. Wir leben ja sonst mit unserer Umwelt im Einklang und unser Herz schlägt grün. Dass die verschmähten Innereien durch die Metzger und spezialisierte Betriebe industriell verwertet oder entsorgt werden müssen, wird verdrängt. So kommt es, dass Innereien, vielleicht mit Ausnahme von Leber,  in der Theke einer Stadtmetzgerei kaum noch zu finden sind.

Lucas Rosenblatt hat zu einem Innereienkochkurs gerufen, voller Zweifel, ob bei diesem Thema überhaupt jemand kommen würde. Aber wir sind gekommen. Die treuen Fans seiner Kochkurse. Sogar neue, wie Andy mit dbEva (von lieberlecker): ein Zusammentreffen mit lieben Bloggerkollegen, das mich besonders gefreut hat.

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Kalbshirn, geputzt

Eine ganze Menufolge mit ungewöhnlichen, kleinen Zweier-Portionen aus Leber, Milken (Bries), Nieren, Hirn, Magen (Kutteln), Lunge, Knochenmark und Blut hat sich Lucas einfallen lassen. Herz war keines aufzutreiben. Schweiz ohne Herz ? Ist den Schweizern beim Anblick der ersten drei Bilder wohl in die Hose gerutscht. Und zwischendurch ein Salätchen zum Ausgleich.

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Magen (Kutteln, Eisbärenfell), gekocht.
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Tapas mit Pouletleber süss-scharf und Lammleber auf Feigen
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Cappuccino mit Markknödel und kräftiger Ochsenschwanzessenz

Für den nächsten, winterlichen Gang, der bewusst nicht mit grünen Deko-elementen verziert wurde, waren gleich zwei sous-vide Geräte im Einsatz: Die Kalbsmilken mit schwarzem Trüffel und Vin jaune d’Arbois rund 30 Minuten. Die Zunge durfte vorab ganze 24 Stunden in gewürztem Weisswein im Vakuum baden. Das machte sie unglaublich zart.

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Kalbsmilken und Kalbszunge sous-vide auf Lauch und Wintertrüffel

Das weichgekochte Beuschel wurde kalt gepresst und in feine Streifen geschnitten.

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Beuschel (Lunge) auf knusprigen Crostini mit Leber und Milkenwürfeln

Wieviel Liebe in jedem Detail steckt, kann man an den Süsskartoffeln erkennen, die als beinahe unsichtbare Unterlage für Nierchen und Entenleber dienten: sie wurden mit exotisch gewürztem Honig, Nussöl und Sesam gebacken.

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Entenleber und Kaninchenniere mit Passionsfruchtjus und Süsskartoffeln

Nudeln mit Eisbärenfell-Bolo: Das Gericht, um Vorurteile gegenüber Innereien abzubauen:

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Kuttel-Bolognese mit Wacholdernudeln und feingewürfelter Kaninchenleber

Für diese Wurst brauchts keine Wurstmaschine: nur Schweinedarm, Trichter, Bindfaden, Schweineblut… und ein gutes Rezept von Altmeister Georges Wenger. Wunderbar auch das ausgelöste Mark, das mit Mie de Pain, Sherry und Gewürzen wieder in die gesäuberten Knochen gefüllt und gratiniert wurde.

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Blutwürstchen und Kalbsniere auf gratinierten Markknochen
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Die rohen Blutwürstchen

An der Wurst erweist sich erst der gute Koch

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Lucas Rosenblatt

Herz und Beuschel vom Gitzi

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Abfall oder wertvolles Lebensmittel ? Dass beim Schlachten ganzer Tiere ausser Edelteilen noch jede Menge Innereien anfallen, wird in unserer Wohlstandsgesellschaft zunehmend verdrängt. Herz und Lunge findet man allenfalls in Katzennahrung. Katzen und Naturvölker wissen intuitiv den Nährwert dieser Fleischteile zu schätzen. Lucas Rosenblatt hat es in seinem Kochkurs „Gitzi&Lamm“ sichtlich Freude bereitet, einmal ein ganzes Gitzi zur Verwertung aufbieten zu können. Als Filetverwöhnter Esser brauchte es schon etwas Überwindung, die Vorurteile zu überwinden.  Aber Herr L. wurde eines Besseren belehrt: eine ausgezeichnete Vorspeise. Mit verbundenen Augen hätte ich das Gericht vermutlich als Wurstsalat an einer Vinaigrette beurteilt. So kann man sich täuschen.

Zutaten
2 Gitzilungen
2 Gitziherzen
1 Peterliwurzel, geschält und kleingeschnitten
1 Schalotte,geschält und kleingeschnitten
1 Stange von einem Staudensellerie, geschält und kleingeschnitten
1 dl Weisswein
5 dl Gemüse- oder Gitzifond
1 Lorbeerblatt
5 zerdrückte Pfefferkörner
1 Rezept Marinade
Kleine Salatblätter, z.B. aus 2 Kopfsalatherzen
Dill oder Gartenkresse zum Garnieren

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für die Marinade:
2 fein gewürfelte Essigkurken
1 rote Zwiebel, fein gehackt
1 EL Kapern, gehackt
1 EL Senf grobkörnig
2 EL Tomatenessig
3 EL Olivenöl
1 Bund gehackte Petersilie
alle Zutaten zu einer Vinaigrette rühren.

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für die Brotkörbchen:
250 g Weissmehl
10 g Polenta
8 g Hefe
5 g Meersalz
25 g Orangenöl
160 g Wasser
12 kleine Förmchen oder Schälchen

Zubereitung

für das Fleisch:
(1) Die Innereien von Sehnen und Fett befreien. Während 24 Stunden wässern.
(2) Fond mit dem Gemüse, Kräutern und Gewürzen aufkochen. Die Innereien beigeben. Beuschel und Herz während ca. 30 Minuten weichkochen. Das Herz ca. 10 Minuten länger kochen. Aus dem Fond heben, in kaltem Wasser abschrecken, die Haut abziehen und reinigen. In eine Schüssel geben, beschweren und 30 Minuten ruhen lassen.
(3) In feine Streifen schneiden und mit der Marinade vermischen. Die Salatblätter in die erkalteten Brotkörbchen legen und das Beuschel darauf anrichten. Mit Dill oder Kresse garnieren.

für die Brotkörbchen:
Alle Zutaten mit der Küchenmaschine während 20 Miuten zu einem Teig kneten. Zugedeckt 1 Stunde gehen lassen.
Den Teig fein ausrollen und Rondellen austechen. Die Rondellen auf die umgedrehten Förmchen legen. 10 Minuten gehen lassen.
Ofen auf 200°C vorheizen und die Körbchen etwa 10 Minuten backen. Von den Schalen lösen undauf einem Gitter auskühlen lassen.

Lucas Rosenblatt würde nächstes Jahr gerne einen Kochkurs, ausschliesslich mit Innereien, durchführen. Einen Teilnehmer hätte er mit diesem Geicht ja nun schon 😉