Mein erstes richtiges, selbstgebackenes Brot wäre beinahe an unüberwindlichen Hindernissen gescheitert. Die auf etwa 50 cm ausgezogenen Teigstücke liessen sich im 40 cm breiten Backraum partout nicht platzieren. Erst nach einigem hinundher-Geschiebe, lautstarken Flüchen und zwei verbrannten Fingern bequemten sie sich, in schwerstgekrümmter Form Platz zu nehmen. Dass aus dem 18-Stunden-Brot von ye olde bread blogge ein 72-Stunden-Brot geworden ist, hat mit plötzlich aufkommender Reiselust zu tun. Anstelle von Brotbacken war plötzlich eine Kaffeereise angesagt. Derweilen sich der Teig bei 5°C im Kühlschrank ausgeruht hat. Einen Tag. Zwei Tage. Und noch einen dritten Tag.
Zutaten
für 2 Baguettes
300g backstarkes Weissmehl (Ich hab Schweizer Halbweissmehl, Typ etwa 700, verwendet. Von backstark stund nichts auf der Packung)
210g Wasser (meines aus der Evian-flasche von Frau L.)
6g Salz
0.3g Frischhefe
später noch 10 g Malzmehl, vermischt mit 30 g Halbweissmehl
Zubereitung
(1) Die Zutaten in der Maschine zu einem weichen Teig kneten. Plötzlich unterbrochen durch den Beschluss, eine Ausreise zu machen. Also:
(2) Teig in eine Dose verpacken und ab in den Kühlschrank bei 5°C.
(3) Nach 24h: keine Zeit, andere Kochprojekte haben Vorrang.
(4) Nach 48h: keine Zeit, andere Kochprojekte haben Vorrang.
(5) Nach 72h: Entnahme der Dose aus dem Kühlschrank, frischer Geruch, 6 h Temperieren bei Raumtemperatur. Der Teig entwickelte sich recht zimperlich, ist dafür ziemlich klebrig.
(6) Einarbeiten von 10 g Malzmehl, vermischt mit 30 g Halbweissmehl, nochmals 4 h gehen lassen bei Raumtemperatur. Jetzt geht die Hefe los. Und da der Ofen von einer vorher gebackenen Pizza noch heiss ist, wird anschliessend Brot gebacken, egal was raus kommt.
(7) 2 Baguettes ziehen, zugedeckt eine halbe Stunde gehen lassen, dann 20 Minuten bei 240°C backen auf den Pizzasteinen mit etwas Wasser im Gusseisentopf. Wie sie in den Ofen gekommen sind, kann ich nicht mehr beschreiben.
Mein Urteil über mein Brot, einen Tag nach dem Backen gegessen: etwas flach geraten, dazu krumm, was aus der bedachtsam gewählten Fotoperspektive nicht hervorgeht, die Krume aber gar nicht so schlecht……die schönen Löcher gefallen mir, keine Ahnung was ich jetzt daraus schliessen muss, die Rinde etwas zäh. Frau L. dagegen knickt alle aufkeimenden Hoffnungen: Mein Brot erinnert Sie an das Aufgebackene aus dem Tankstellen-Shop! Bäckerei lamiacucina zurück auf das Ausgangsfeld, drei Runden aussetzen und 5 Strafpunkte !
Chapeau, Du hast es wenigstens versucht!
Ich finde, dass das ganz gut aussieht, und, die Löcher, na ja, ist halt ein Schweizer Brot, das muss so sein!!!!!!
Also ich finde, das Brot sieht sehr schön aus! ABER: Das Brot sollte an dem Tag gegessen werden, an dem es gebacken wurde. Kein Wunder, dass die Kruste zäh war. Ich kenne kein Hefebrot, das am nächsten Tag noch genauso gut schmeckt wie am Backtag.
Die Krume sieht super aus. Hast Du tatsächlich so wenig Hefe genommen? Naja, sie hatte ja genug Zeit, sich zu vermehren!
Claudia hat natürlich recht. Es geht nichts über ein frischgebackenes Brot, insbesondere Weißbrot wie Baguette. Die schmecken vom Bäcker am nächsten Tag ja auch nicht mehr so aufregend.
Daher nicht entmutigen lassen 😉
In solchen Fällen backen wir das Brot oder Brötchen vom Vortag kurz bei 110 Grad auf.
Dein Brot sieht aus wie ein „Pain Paillasse“ mit dieser schönen großen Krume. Und auch die Verwendung von wenig Hefe und die lange Wartezeit bis zum Backen erinnert daran. Ob es vielleicht nur am Mehl liegt, dass es wie Aufbackbrot von der Tankstelle schmeckt?
Ich denke, Ihr habt in der Schweiz einfach noch richtig gutes Brot – wir sehen das gerade wieder. Da ist es natürlich gar nicht so einfach, als Hobbybäcker mitzukommen, das braucht schon ein bisschen Erfahrung. Dein Brot als Erstlingswerk finde ich aber ausgesprochen gelungen, man muss es aber frisch essen, wie schon meine Vorgänger angemerkt haben. Nicht aufgeben – weitermachen 🙂
Wie in Paris! Super!
„Mein Brot erinnert Sie an das Aufgebackene aus dem Tankstellen-Shop!“
Frau L. ist ja richtig „schnippisch“. :))
@Bolli: Aufgeben tu ich noch nicht.
@Claudia: da das Brot nach einer Pizza gebacken wurde, war kein Hunger mehr da.
@Ulli: die Hefemenge ist wirklich so tief, der Teig hätte vermutlich mehr Zeit bei Raumtemperatur gebraucht. Was mir Mühe maht ist die Umgewöhnung von festen Pastateigen auf den weichen Brotteig.
@dorodoro: Paillasse hat dunkleres Spezialmehl, das sicher besser ist als das Halbweisse von Coop, aber nicht käuflich.
@Cascabel: das trifft es genau. Wenn man einen guten Bäcker in der Nähe hat, ist der Anreiz klein, sich zu mühen.
@Flo Bretzel: Nein, das dann doch nicht. Für eine gute Baguette reise ich in den Jura dort kenne ich einen Bäcker, der sagenhafte Holzofen-Baguettes macht.
@Martin: Frau L. ist zuweilen sehr direkt, was meine Koch- und Backkünste betrifft. Aber nach 40 Jahren führt das nur noch selten zu Verstimmungen. 🙂
Ja, das Bild ist famos. 72 Stunden sind enorm Ich weiß nicht, wie das ein Fachmann sagen würde, aber ich glaube, irgendwann steigt die Säure im Teig an, die das Gluten angreift. Die großen Löcher entstehen zwar, aber drumherum wird die Krume etwas gummiartig und feucht. Wer weiß, vielleicht ziehen diese langen kühlen Gärverzögerungen (die sehr beliebt sind) nicht nur vorteilhafte Geschmacksveränderungen nach sich. Mir ist das bei manch anderem Brot aufgefallen, dessen Teig lange ruhen musste. Irgendwo muss also das Ideal liegen – zwischen einer und zweiundsiebzig Stunden.
vG,
Nils
Wie hast Du denn so wenig Hefe abgemessen ? Mit der Goldwaage? ;-))
Die Krume sieht gut aus und mit der Kruste kann ich mich den Vorschreibern nur anschließen.
Mir gefällt die „plötzlich aufkommende Reiselust2 und der Espresso dazu!
Da ist es doch egal, ob das Brot perfekt ist, oder?! 🙂
@theinversecook: danke, schon wieder was gelernt. Ich werds nochmals probieren und mich an Dein Rezept halten.
@Sivie: nach dem Original: ye olde bread blogge. 3 g Hefe in 100 ml Wasser anschlämmen und davon 10 ml einsetzen. Rest in den Abguss.
@Barbara: Ja. Heute regnets in Strömen und wir sitzen gerne in der Wohnung rum. Keine Reiselust !
Wir räumen gerade auf und um – draußen schneit es… Auch keine Reiselust.
Schöne Osterfeiertage! 🙂
Das Brot sieht doch recht professionell und gelungen aus – wenn ich da an meine Anfänge denke ..;-)
Uns hat die Reiselust nach Andalusien verschlagen. Hier bricht der Frühling aus. Die Orangenbäume blühen, die Sonne steht schön günstig und ein lauer Wind tut sein übriges.
Aber eigentlich wollt ich sagen, wie toll das Brot aussieht. Sobald wir daheim sind, werden wir uns mal daran versuchen.
Schöne Ostern!
Die Porung sieht super aus! Aber: Alles was mit Weizenmehl gebacken wird (außer große Brote) verlieren nach 4 Stunden schon „die Hälfte“ ihres Geschmacks. Besser ist es die 3/4 Backzeit zu nehmen, dann das kalte Brot in Folie und in den Kühlschrank bis max. 2 tage, sonst einfrieren. Dann vor dem Verzehr die fehlende Backzeit noch mal doppelt backen.
@theinversecook: Die Lösung liegt in der Verwendung eines Vorteiges. Ich werde in den nächsten Tagen mal was auf meinem Blog darüber schreiben.
Bei reinem Weissbrot ist es ganz normal, daß es sich nicht lange frisch hält, nicht entmutigen lassen.
Seit das 5 Minuten-Brot in aller Munde war, dachte ich , was damit geht muß auch mir meinem ganz normalen Brotteig gehen.
Nunhabe ich immer einen meiner ganz ’normalen‘ Weissbrotteige im Kühlschrank.
Ideal wenn man mal schnell Lust auf ein Baguette oder eine Pizza hat, der darf bei kalter Witterung sogar im Kofferraum mit zu Freunden.
Ich nehme die benötigte Menge ab, forme gleich, das geht im kalten Zustand sehr gut und lasse dann erst ca. 1 Stunde aufgehen – schönes Fast-Food 🙂
Frohe Ostern!
Ich schließe mich an – ein toller, erster Versuch! Ilkas Idee hatte ich auch im Kopf, als ich über das Lagern las – schließlich geht das bei Herzberg ja auch.
Ein tolles Osterfest Dir und der ehrlichen Frau L. (wann hatte sie das letzte Mal Brot von der Tankstelle?)
@Barbara: bei müsste auch aufgeräumt werden.
@lavaterra: genau da stecke ich 🙂
@José: dann nimn aber lieber das Originalrezept 🙂 Schöne Ferien !
@baeckersuepke: Danke für die Tipps, ich werde gerne mal reinschauen.
@Ilka: Danke, auch Dir schöne Ostern. So schnell bin ich nicht entmutigt 🙂
@Jutta: Die Vorbackbrote von der Tankstelle sind z.T. gar nicht so schlecht. Wir kaufen hin und wieder eins. Vielleicht hatte Frau L. ein Lob aussprechen wollen und ich habe das missverstanden 🙂
Hallo,
das Brot sieht meiner Meinung nach fantastisch aus, schön luftig! Gibt es irgend einen aktuelleren Link zu „ye olde bread blogge“, der obige funktioniert nämlich bei mir nicht!
Gruß Daniel
@Daniel: link repariert, Danke