Bündner Gerstensuppe

Bündner Gerstensuppe 2013 10 14_1871

Gerste gedeiht auch in Regionen mit rauhem Klima und kurzer Vegetationszeit. In höheren Lagen der Schweiz, in Graubünden, im Emmental und Jura wurde früher aus diesem Grund vorwiegend Gerste angepflanzt und gegessen. Heute wird das Eiweissreiche Getreide vorwiegend als Futtergetreide angebaut. Ernährungsapostel behaupten, dass Gerste allgemein kräftigend und wärmend wirke, aber auch eigensinniges Verhalten fördere. Der Volkscharakter der Bergler sei Beweis hiefür. Wenn das stimmt, kann ich nur laut ausrufen: Schweizer, esst mehr Gerste !

In der Stüvetta des Hotels InLain Cadonau in Brail assen wir vor dem Ausflug nach Guarda u.a. eine vorzügliche, veredelte Bündner Gerstensuppe. Leicht, rahmig, die Gerste nicht schleimig verkocht.

In ihren Ursprüngen ist die Schoppa da giuotta ein traditionelles Rezept, jede Bündner Hausfrau kocht aber ihr Süppchen nach eigenem Rezept, was bei einem Kanton mit 150 Tälern und beinahe ebenso vielen Dialekten auch nicht verwundert.

Ich wollte mich erst an den Altmeister der modernen Bündner Küche, an Roland Jöhri halten. In seinem 1989 erstmals erschienenen Buch: „Die Kochkunst Graubündens”, traditionelle Rezepte neu kreiert, AT-Verlag, beschreibt er ein Rezept, das ungefähr der InLain Suppe entsprechen könnte. Jedoch kam ich, was Zutaten, Menge und Zubereitung betrifft, ins improvisieren, da nicht alle Zutaten im Hause vorrätig waren. Aber es kam gut. Sehr gut sogar. Nun ist das eben mein Rezept. Aus dem Rheintal, einem der Täler Graubündens, wenn auch etwas weiter unten gekocht. Sehr weit unten.

Zutaten
4 Teller Suppe (Hauptmahlzeit für 2 Personen)

1 Elf. Butter
30 g Zwiebel, gehackt (Jöhri: 20 g)
40 g Lauch in kleinen Würfeln (Jöhri: 30 g)
50 g Karotten, klein gewürfelt (Jöhri: 30 g)
50 g Peterliwurzel, klein gewürfelt (fehlt bei Jöhri)
50 g Selleriestangen, klein gewürfelt (Jöhri: 10 g Knollensellerie)
1.5 Liter Rinderbrühe. Leider fand sich im TK nur noch ein Becher mit 5 dl Rinderbrühe. Kein Problem, nehmen wir halt noch 1 Liter Gemüsebrühe, ergänzt durch eine Scheibe (180 g) Kalbsfuss aus dem TK.
80 g Rollgerste (Perlgraupen)
20 g Landrauchschinken (Jöhri: 15 g Rohschinken)
30 g Rinder-Salsiz Augusto von Hatecke (Jöhri: 20 g Bündnerfleisch)
Petersilie (Jöhri: Schnittlauch)

Doppelrahm

Zubereitung
(1) In einem grossen Topf das Gemüse und die Hälfte der Fleischwürfel in der Butter andünsten, mit 1.5 L der beiden Brühen ablöschen.
(2) den in kochendem Wasser kurz blanchierten Kalbsfuss zugeben und etwa 1.5 Stunden leise köcheln lassen.
(3) nach etwa 45 Minuten Kochzeit die Rollgerste zugeben.
(4) Vor dem Servieren mit einer flachen Kelle das vom Kalbsfuss stammende Fett soweit möglich abschöpfen. Mit Salz, Pfeffer und Muskat würzen.
Die eine Hälfte habe ich nature serviert, die andere Hälfte der Suppe mit etwa 80 g Doppelrahm vermischt und nochmals aufgekocht. Die rahmige Variante gefiel mir besser.
Servieren mit Petersilie und dem Rest der Fleischwürfelchen.

Bündner Gerstensuppe 2013 10 14_1873

Andere kochen geräuchtes Schweinefleisch oder ein Stück Speck mit. Das schmeckt gewiss etwas näher am bäuerlichen Ursprung, „speckelt“ dann aber stark.  So oder so, Bündner Gerstensuppe schmeckt so gut, dass man sie als Hauptspeise servieren sollte. Als Vorspeise serviert, stiehlt sie jedem folgenden Gericht den Auftritt.

28 Kommentare zu „Bündner Gerstensuppe“

  1. Du erinnerst mich an was… ich hatte im Frühjahr der Tochter meiner Perle versprochen, dass ich sie diesen Herbst zu Gerstensuppe einlade. Das könnte ich diese Woche gleich machen.

  2. So ein Zufall, die Gerstentüte liegt bei mir bereits seit gestern auf der Küchentheke.
    So nehm ich dann halt Dein Rezept als Basis, ohne selbstgemachte Rinderbrühe, dafür mit Sud von Schweinsrippli und -knochen, wie meine Frau die Suppen macht, und Citerio, den mir jemand gebracht hat, aber Rohschinken habe ich wenigstens. Vielleicht kommen dann noch rote Bohnen rein, wie das meine Mama jeweils machte.

  3. Lautlach! Sehr weit unten im Rheintal 🙂 wohl wahr! Gerstensuppe gehört im Winter zu den Lieblingssuppen der besten Ehefrau von allen, aber bisher gabs die immer nur auswärts!
    Liebe Grüsse aus Zürich,
    Andy

  4. Fein sieht sie aus, Deine Suppe. Ich kannte davon bisher „nur“ eine sehr viel einfachere Varianten, die ich früher öfter gekocht habe. Allerdings nicht mit Rollgerste, sondern dem ganzen Getreidekorn….das dauert dann ein wenig.

  5. Da wir heuer nicht in die Schweiz kommen, kommt das Rezept wie gerufen. Fast schon eine Institution während der Feiertage.

  6. @bee: was Reis veredelt, kann auch für Gerste nicht schlecht sein.

    @Wilde Henne: Versprechen muss man einhalten.

    @Houdini: man muss sich nur zu helfen wissen. Isst das deine Frau ?

    @lieberlecker: Du kochst zu gut, da haben solch einfache Volkssuppen keinen Platz in der Küche 😉

    @Susanne: als Vollkorn hab ich Gerste noch nie probiert.

    @Eva: hiefür muss man die Suppe wohl täglich essen.

    @Alin: richtige Hüttenkost !

    @Rosa Mayland: your boyfriend from grisons would enjoy it.

    @christoph: die Küche der Alpen ähnelt sich eben stark.

  7. Schöne Suppe! Gerste wegen ihres Proteinreichtums zu essen scheint mir etwas an den Haaren – well: Grannen! – herbeigezogen, denn sie hat nicht mehr Protein als Weizen. Wenn schon, müsste man eher zum Dinkel resp. Grünkern greifen. Baslerisch statt Bündnerisch.

  8. Diese Suppe ist genau die richtige Idee für meinen wöchentlichen Suppentag. Wärmend und den eigensinnigen Geist fördernd – so ein Süppchen werde ich meinen aus der Kälte kommenden Schulkindern demnächst servieren…

  9. Da eine leckere Suppe genau das Richtige für die momentane Jahreszeit ist und wie diese auch lieben, werde ich das Rezept garantiert die nächsten Tage mal ausprobieren. Vielen Dank dafür.

  10. Überraschung! In der Traditionellen Chinesischen Medizin gilt die Gerste als kühlend, ausleitend und schleimlösend. Letztendlich ist es mir aber wurscht. Ich nehm‘ sie so oder so. Hast Du die rahmige Variante auch passiert oder schaut das am Foto nur so aus? Lieben Gruß aus Wien von Frau Ziii

  11. „Ernährungsapostel behaupten, dass Gerste […] auch eigensinniges Verhalten fördere.“

    In ebenfalls flüssiger Form – als Hopfengetränk – kann ich mir das durchaus vorstellen.

  12. @evazins: ich auch, nur habe ich Speck nie vorrätig

    @Bea Wyler: 9.6 % Protein in Graupen sind nicht viel, dafür wächst die Gerste den Bündnern vor der Haustüre (wenn sie sie denn heute noch anpflanzen würden)

    @Sugarprincess: falls die lieben Kleinen danach aufmüpfig werden, bin ich dann aber nicht haftbar 😉

    @Natalie S.: frei probieren, da kann nichts schief gehen.

    @Frau Ziii: kühlend ? mich hat sie eher erwärmt 🙂 passiert habe ich nichts, die Graupen sollen ja körnig erhalten bleiben, der Rahm nimmt nur den Durchblick.

    @Lux: Lux et veritas.

    @Rufus: welche Verzollungsposition war das schon wieder ?

  13. Ich bin schon lange um das Paket feiner Gerstengraupen in meinem Schrank rumgeschlichen und mir fiel nichts anderes ein als… Graupensuppe. Igittigitt… Dein Rezept hat mich gestern gerettet: ich hatte eine Idee fürs Abendessen und der Inhalt der Tüte konnte verringert werden. Herausgekommen ist die leckerste Graupensuppe ever! Nach einem intensiven Vergleich hat allerdings die Version ohne Rahm mit 2 : 1 gewonnen. Die Aufnahme ins ständige Repertoire wurde dagegen einstimmig beschlossen. Glücklicherweise habe ich eine große Portion gekocht, sodaß wir die Suppe heute noch mal genießen können! Genau das Richtige für diese arg kühlen Abende!

  14. Hmm, Graupen! Die liebe ich; meine Graupeneintöpfe fallen allerdings meist noch deutlich rustikaler aus. Daher gefällt mir besonders die sahnige Variante – zumal farblich! Das gibt’s bestimmt bald mal.

  15. Fein 🙂 sowas Ähnliches steht bei mir auch auf dem Plan, bei uns heißt das aber wie erwähnt Graupen und wird mit Suppenfleisch gemacht.
    Ich habe die schon als Kind geliebt und auch heute noch heiß und innig…

  16. @moni-ffm: Graupen erleiden in meinem Küchenschrank meist dasselbe Schicksal. Wenn ich welche sehe, müssen sie unbedingt gekauft werden, als unverzichtbares Standbein der Küche. Und da stehen sie dann.

    @Sabine: egal wie, Du bist ja auf Seelenfutter spezialisiert !

    @Britta: in jeder Gegend scheint es sowas zu geben, mit den Zutaten der Region. Das finde ich gut.

  17. So. Helmut hat sich bisher beharrlich geweigert, Graupen in jeder Form zu sich zu nehmen, ein echtes Kindheitstraume („Kälberzähne“). So oft wollte ich ihn schon bekehren, es ist mir aber nicht gelungen. Jetzt habe ich ihm deinen Eintrag gezeigt und ganz zögerlich meinte es; wenn Robert das sagt, dann kanst du’s ja mal probieren… Da siehst du mal, welchen Stellenwert du hier hast! Liebe Grüße 🙂

    1. vielleicht ist er nachher wieder der alten Meinung. Meist wird von Graupensuppe gesagt, dass sie am nächsten Tag noch besser sei. Ich finde sie besser frisch und die Gerstenkörner noch spürbar..

  18. Ja die meisten kennes es als Getreidenahrungsmittel, bei uns ist Österreich heißen sie Rollgerste. Meine Mutter kocht es meist zur geselchten Suppe. Aber eine Graupe könnte auch ein Teil eines Daches sein. Ich kenne es nur dort diesen Ausdruck.

  19. Oh, Robert, Gesternsuppe und Portweinfeigen! Ich war viel zu lange nicht mehr hier. Umso schöner zu lesen, dass du und deine Teller gut gedeihen! Hab’s fein!

    1. wer so beschäftigt ist, wie Du, kann nicht überall sein. Ich hab soeben besonders krümelige Maiskekse gebacken. Die müssen doch krümeln, oder nicht 😉

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.