
Gerste gedeiht auch in Regionen mit rauhem Klima und kurzer Vegetationszeit. In höheren Lagen der Schweiz, in Graubünden, im Emmental und Jura wurde früher aus diesem Grund vorwiegend Gerste angepflanzt und gegessen. Heute wird das Eiweissreiche Getreide vorwiegend als Futtergetreide angebaut. Ernährungsapostel behaupten, dass Gerste allgemein kräftigend und wärmend wirke, aber auch eigensinniges Verhalten fördere. Der Volkscharakter der Bergler sei Beweis hiefür. Wenn das stimmt, kann ich nur laut ausrufen: Schweizer, esst mehr Gerste !
In der Stüvetta des Hotels InLain Cadonau in Brail assen wir vor dem Ausflug nach Guarda u.a. eine vorzügliche, veredelte Bündner Gerstensuppe. Leicht, rahmig, die Gerste nicht schleimig verkocht.
In ihren Ursprüngen ist die Schoppa da giuotta ein traditionelles Rezept, jede Bündner Hausfrau kocht aber ihr Süppchen nach eigenem Rezept, was bei einem Kanton mit 150 Tälern und beinahe ebenso vielen Dialekten auch nicht verwundert.
Ich wollte mich erst an den Altmeister der modernen Bündner Küche, an Roland Jöhri halten. In seinem 1989 erstmals erschienenen Buch: „Die Kochkunst Graubündens”, traditionelle Rezepte neu kreiert, AT-Verlag, beschreibt er ein Rezept, das ungefähr der InLain Suppe entsprechen könnte. Jedoch kam ich, was Zutaten, Menge und Zubereitung betrifft, ins improvisieren, da nicht alle Zutaten im Hause vorrätig waren. Aber es kam gut. Sehr gut sogar. Nun ist das eben mein Rezept. Aus dem Rheintal, einem der Täler Graubündens, wenn auch etwas weiter unten gekocht. Sehr weit unten.
Zutaten
4 Teller Suppe (Hauptmahlzeit für 2 Personen)
1 Elf. Butter
30 g Zwiebel, gehackt (Jöhri: 20 g)
40 g Lauch in kleinen Würfeln (Jöhri: 30 g)
50 g Karotten, klein gewürfelt (Jöhri: 30 g)
50 g Peterliwurzel, klein gewürfelt (fehlt bei Jöhri)
50 g Selleriestangen, klein gewürfelt (Jöhri: 10 g Knollensellerie)
1.5 Liter Rinderbrühe. Leider fand sich im TK nur noch ein Becher mit 5 dl Rinderbrühe. Kein Problem, nehmen wir halt noch 1 Liter Gemüsebrühe, ergänzt durch eine Scheibe (180 g) Kalbsfuss aus dem TK.
80 g Rollgerste (Perlgraupen)
20 g Landrauchschinken (Jöhri: 15 g Rohschinken)
30 g Rinder-Salsiz Augusto von Hatecke (Jöhri: 20 g Bündnerfleisch)
Petersilie (Jöhri: Schnittlauch)
Doppelrahm
Zubereitung
(1) In einem grossen Topf das Gemüse und die Hälfte der Fleischwürfel in der Butter andünsten, mit 1.5 L der beiden Brühen ablöschen.
(2) den in kochendem Wasser kurz blanchierten Kalbsfuss zugeben und etwa 1.5 Stunden leise köcheln lassen.
(3) nach etwa 45 Minuten Kochzeit die Rollgerste zugeben.
(4) Vor dem Servieren mit einer flachen Kelle das vom Kalbsfuss stammende Fett soweit möglich abschöpfen. Mit Salz, Pfeffer und Muskat würzen.
Die eine Hälfte habe ich nature serviert, die andere Hälfte der Suppe mit etwa 80 g Doppelrahm vermischt und nochmals aufgekocht. Die rahmige Variante gefiel mir besser.
Servieren mit Petersilie und dem Rest der Fleischwürfelchen.

Andere kochen geräuchtes Schweinefleisch oder ein Stück Speck mit. Das schmeckt gewiss etwas näher am bäuerlichen Ursprung, „speckelt“ dann aber stark. So oder so, Bündner Gerstensuppe schmeckt so gut, dass man sie als Hauptspeise servieren sollte. Als Vorspeise serviert, stiehlt sie jedem folgenden Gericht den Auftritt.