Die Autorin, Murielle Rousseau -in Paris aufgewachsen, heute in Freiburg im Breisgau lebend-, widmet das Buch „Meine schönsten vegetarischen Rezepte aus Frankreich“ ihrer Mutter Ilse, die ihr die Liebe zu allem Gemüse vermacht und ihr das kleine Glück näher gebracht habe, das man durch die Natur empfinden könne.
Die rund 100 Rezepte stammen mehrheitlich aus dem Familienschatz ihrer Eltern und Grosseltern, bewährte Rezepte „à la famille Rousseau“. Da erübrigt sich die Frage nach der regionalen Auswahl der Gerichte. Eingerahmt sind sie von kurzweiligen Causerien und Anekdoten über das Leben der Familie in Paris, auf dem alten Landsitz „Le Piquet“, einem einfachen Bauernhof im Herzen der Loire, Ferien an der bretonischen Küste und im Haus ihrer Urgosseltern in der Charente. Die Geschichten, ergänzt um viele eingestreute, alte Familienfotos, geben den atmosphärischen, familiären Hintergrund, der das Buch von einer reinen Rezeptsammlung abhebt.
Wo Rezepte um authentische, vegetarische Familienküche kreisen, hat die französische Haute cuisine gehobener Restaurants verständlicherweise keinen Platz. Haute cuisine ist etwas für Gott, wenn er in Frankreich isst. Die einfache Küche ist für uns Normalsterbliche. Darunter finden sich aber durchaus auch raffinierte Kreationen. Allen ist aber gemeinsam, dass sie leicht nachzukochen sind.
Die Rezepte im Buch sind gegliedert in die Kapitel:
zum Aperitiv
Suppen
Salate
Tartes&Quiches
Käse&Eier
Maronen&Kartoffeln
Eintöpfe
Gemüse
Darin finden sich viele gut bekannte, klassische Gerichte, die man so oder ähnlich schon gegessen oder selber gekocht hat, wie etwa Pariser Zwiebelsuppe, Provenzalische Pistousuppe, Elsässer Zwiebelkuchen, provenzalische Zwiebel-Olivenpizza, Oeufs en meurette, Pommes frites, Gratin dauphinois, Ratatouille, Artischocken bretonische Art, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Daneben ist auch dem traditionellen Bouquet garni oder den klassischen Saucen (Hollandaise, Béarnaise) und Vinaigrettes Platz gewährt.
Neben den bekannten Klassikern sind aber auch wenig bekannte oder eigenständige Gerichte, wie etwa ein Orangen-Quittenbrot, die Patranque, ein Käsegericht aus der Auvergne, der Rassacache du Ch’ti, die vegetarische Version des „Cassoulets des Nordens“ und Korsische Spinat-Brocciu-Klösse, die französische Version der italienischen Strozzapreti mit Schafskäse, enthalten.
Zu den nostalgischen Familienfotos der Familie Rousseau kommen die Food-Fotografien der Bloggerkollegin Ariane Bille. Meist Bilder der unverarbeiteten Lebensmittel. Tellerbilder gekochter Gerichte werden nur in wenigen Fällen gezeigt. Oft sind die Bilder mit graphischen Projektionen alter Postkarten, Briefmarken, Ornamenten, Billets oder Handschriften aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts überlagert und verziert. Das ist stimmig und passt gut zum Buch. Ebenso wie die entlang des Aussen- und Bundstegs angebrachten Ornamentstreifen. Ein Tellerbild eines unbekannten Gerichtes wäre aber in manchen Fällen halt doch hilfreicher als Worte oder Verzierungen..
Die Rahmengeschichten sind auf Papier mit künstlichen Stockfflecken gedruckt. Das soll wohl das Alter der Familienrezepte andeuten. Ein, zwei Lesebändchen hätte ich den künstlichen Flecken vorgezogen.
Im Schriftbild der Rezepte sind mehrere Schriftarten oder Auszeichnungen verwendet. Das wird durchgehend und konsequent gehandhabt, wirkt für mich aber optisch unruhig: Peanuts.
Genug gelobt. Genug gemeckert. Jetzt wird gekocht. Ich habe mir die Kartoffelpastete aus dem Limousin dafür ausgesucht. Kartoffeln, Zwiebeln und Knoblauch mit Crème fraiche in einem Mürbeteig gebacken. Ein Kartoffelgratin im Teig. Ob das wohl schmecken wird ? Die Pastete ist im Buch abgebildet, versteckt sich aber grossenteils hinter einem Briefcouvert an einen Monsieur Dassault, Offizier im 152e Régiment d’infanterie de ligne in Gérardmer (Vogesen). Das waren doch die roten Teufel, les diables rouges, le premier des régiments de France ! Das Bild hat mich einen halben Tag historischer Recherchen über die blutige Schlacht am Hartmannsweilerkopf 1915 gekostet. Immer diese Verlockungen auf Neben- und Irrwege. Einer der Gründe, warum ich im Leben nicht voran komme.
Kartoffelpastete aus dem Limousin
Zutaten
halbierte Mengen
für den Mürbteig: (etwas bröckeliger als meiner, aber sehr mürbe)
250 g Weissmehl
1 Elf. Sonnenblumenöl
Salz
125 g weiche Butter
1 Eigelb
2 Elf. Wasser
für den Belag:
500 g festkochende Kartoffeln geschält und in 2 mm dünne Scheiben gehobelt. (L.: Bergkartoffeln, Baselbieter Müsli und Blauschalige Bristner, gebürstet, ungeschält)
1 kleine Zwiebel, fein gehackt
1 Schalotte, fein gehackt
2 Knoblauchzehen, fein gehackt
etwas getrockneter, zerrebelter Majoran, von mir gespendet (steht nicht im Buch)
100 g Crème fraîche
Salz, schwarzer Pfeffer
Butter für die Springform
Zubereitung
(1) in einer Schüssel Mehl, Salz, Butter und Eigelb zusammenfügen, mit dem Wasser befeuchten und kurz zu einem Mürbeteig kneten. Zu einer Kugel formen und in Frischhaltefolie eingewickelt mind. 2 Stunden ruhen lassen.
(2) Backofen auf 220°C vorheizen.
(3) 2/3 der Teigmenge dünn ausrollen und die gebutterte Springform (18cm) damit auslegen. Der Teig soll wenig über den Rand hinausragen.
(4) Mit den Kartoffelscheiben schichtweise befüllen. Jede Schicht mit Salz und Pfeffer (und wenig Majoran) würzen und mit Zwiebel und Knoblauch bestreuen. Entgegen derAnleitung im Buch habe ich jede Kartoffelschicht mit etwas Crème fraîche bepinselt.

(5) Den Teigrand über die Kartoffelmasse klappen, den restlichen Teig dünn ausrollen und als Deckel über die Kartoffeln legen. Mit Eigelb verkleben und gut andrücken. Oberfläche mit Eigelb bepinseln, und ein Muster einritzen.
(6) In der Mitte ein (L.: 3) ca. 2 cm grosses Loch schneiden und ein kleines Dampfabzugsrohr aus Backpapier hineinstecken. 30 Minuten in den Kühlschrank stellen.
(7) Kartoffelpastete im Ofen ca. 50-60 Minuten backen. 10 Minuten vor Ende den Springrand entfernen, damit die Seiten auch Farbe annehmen.
(8) In einem Topf die restliche Crème fraîche langsam erhitzen, mit Salz und Pfeffer abschmecken. 5 Minuten vor Ende das Garzeit die Crème in das Loch giessen und warm servieren. Bei meiner satt gefüllten Pastete gestaltete sich das Einfüllen der Crème als schwierig. Ich schnitt kurzerhand den Pastetendeckel weg und füllte die Crème ein. Deckte die Pastete wieder zu und gab sie nochmals 5 Minuten in den Ofen.
Meine anfängliche Skepsis war unbegründet, die Pastete schmeckte gut, einfach, aber gut. Gott ist selber schuld, wenn er in Frankreich lieber in gehobenen Restaurants isst.
Murielle Rousseau
La cuisine verte
2014 Verlagshaus Jacob<&Stuart
ISBN 978-3-942787-33-8
vom Verlag zur Verfügung gestellt
Wenn du ein Kochbuch rezensierst, habe ich es schon fast nach dem Lesen des ersten Abschnitts gekauft
Das solltest Du nie tun, immer erst alles lesen, liebe Sabine !
das mache ich auch nuuur bei dir, lieber Robert 😉
und dann in der Buchhandlung das Buch durchblättern. Dann entscheiden.
Nun ja, Murielle Rousseau springt – wie so viele andere – auch hier auf den vegetarischen Zug auf. Ein kurzer Blick zu Amazon zeigt eine leider sehr kurze Halbwertszeit ihrer Buchwerte. Das vor knapp 2 Monaten erschienene neue Werk ist mittlerweile für 75% des Originalpreises zu haben. Schade, aber ein deutliches Votum.
Die GottInFrankreich-Vintage-Romantik-Masche ist halt recht überstrapaziert worden und das danken die Leser mit frühzeitigem Überdruß.
Amazon-Halbwertszeiten ? was es nicht alles gibt, um Bücher zu bewerten. Damit wäre heute selbst Goethe aus dem Rennen.
Ganz einfach: wenn ein gerade erst erschienener Titel auf den Gebrauchtbuchmarkt für 75% des Einstandspreises verscherbelt wird, dann haben die Käufer schnell geschaut, das Ding wieder loszuwerden, anstatt es für künftige Küchenfreuden im eigenen Bücherschrank zu behalten 🙂
ach so ist das. Kannte ich nicht. Ich verscherbele keine Bücher, werfe sie allenfalls fort.
Wobei Gott beim Auswärtsessen auch kein Vegetarier sein darf – denn da liegt nämlich Fleisch auf dem Teller. Umso spannender (da nicht so häufig) finde ich Gemüserezepte aus F!
Ach, und an deiner Zielstrebigkeit zweifle ich aber nicht. So klar wie du bist – schon im Schriftbild 😉
kann ich mir vorstellen, wir waren heute im Welschland. Wild, Wild, Wild, Fisch, Fisch, Fisch. Keine Gemüse. Nichts vegetarisches. Frau L. gefällts besser bei mir.
>Haute cuisine ist etwas für Gott, wenn er in Frankreich isst.
You put a smile on my face – Danke den Tag so zu beginnen
Wir waren (siehe Kommentar zuvor) heute bei einem 18 Punkte Koch. Sind eben nach Hause gekommen und ich habe Spaghetti mit Pesto gekocht.
Wieder mal toll geschichtet und gezeigt, dass du dir zu helfen weißt:“ Ich schnitt kurzerhand den Pastetendeckel weg und füllte die Crème ein. Deckte die Pastete wieder zu…“ 🙂
Ansonsten geht es mir wie Sabine – ‚wenn du ein Kochbuch rezensierst….‘
Die Hälfte der creme hatte ich schon zwischen die Kartoffeln gepinselt. Der Rest musste auch noch weg.
Zweimal schön, gekocht und geschrieben! Und auf das Dampfabzugsrohr werde ich mal noch zurückkommen 🙂
Liebe Grüsse aus Zürich,
Andy
aus Alufolie gedreht und mit Eigelb verklebt.
Du machst Lust auf Lust auf Lesen und Essen. Zwei essentielle Bestandteile meines Daseins. Danke.
Sehr lecker and so schön!
Grüsse,
Rosa
schon wieder unterwegs ?
Ich glaube ich weiß wem ich dieses Buch schenken werde…
koch ihm/ihr lieber was.
das eine schließt das Andere keineswegs aus
Die Neben- und Irrwege führen ja immer mitten hinein in… die Aventiure, und wenn man da wieder rausschaut, kommt eine so substantielle Pastete grad recht…
mit so einer Pastete landet man tatsächlich immer wieder auf dem Boden und findet sich wieder zurecht.
Dass Du nicht voran kommst, kann ich mir nicht vorstellen 🙂 Wenn man hier mitliest, hat man eher den Eindruck von Zielstrebigkeit und Gewissenhaftigheit. Wobei zuviel Gewissenhaftigkeit dann zum Verheddern führt, aber damit meine ich nicht dich.
Die Rezension habe ich gespannt gelesen, denn das Buch liegt hier auch 🙂
Liebe Susanne, wenn ich deine Rezensionen lese und wie Du jedesmal 3-4 Gerichte nachkochst, beschleicht mich schon ein Gefühl des verhedderns.
Und wenn ich Deine lese, habe ich das Gefühl, dass ich schludrig bin…..
wenn als folge der rezession eines vegetarischen kochbuches man geistig zum wahnsinn des grand guerre vorstößt um dann die sinnfrage zu stellen – wie kann dies als um- oder irrweg betrachtet werden? wäre froh wenn meine neugierde noch solche umwege sich leisten würde. danke für die besprechung. was man so in einem blogkommentareckchen alles lernt überrascht doch immer wieder: „Amazonhalbwertzeit“.
welch ein misanthropischer ansatz
die diables rouges wären mir nicht aufgefallen, wenn ich zuhause nicht eine Ehrennadel (pin) des Regiments, vom Schwiegervater geerbt, besitzen würde.
Lesebändchen hinzufügen ist gar nicht so schwer, mache ich inzwischen öfter. Dafür den oberen Fusselrand am Buchrücken mit einem Zahnstocher in der Mitte etwas anheben, dort ein genügend langes Stück Lesebändchen (aus einem Schreibwarenladen oder Künstlerbedarf z.B.) drunterfriemeln, dessen Ende man ca. 2 cm lang mit Holzleim bestrichen hat (die 2 cm verschwinden dann), z.B. mit einem Messerrücken alles gut wieder andrücken und noch ein Weilchen offen liegenlassen zum Trocknen – fertig 🙂
So, nun werde ich mal ans Nachkochen gehen, das klingt sehr verlockend 🙂 Vielen Dank & herzliche Grüße, limette
Basteln ? Kleben ? Nein. Kann ich nicht. Ein leeres Kuvert des Steueramts tuts auch. Trotzdem, Danke für die Anleitung, vielleicht äneder ich meine Meinung noch 😉
Ich glaube ich hätte die Creme-fraiche lieber lagenweise verteilt gesehen, statt hinterher durch den Kamin geschossen. Aber dann wäre es ja auch eine Kartoffelpastete aus dem Büdchen gewesen und nicht aus dem Limousin 😉
Danke für das Rezept und die Besprechung 🙂
wie im Rezept beschrieben, habe ich jede Schicht mit der creme bepinselt, war immer noch etwas übrig. Das merke sogar ich, dass in diesem Rezept noch Verbesserungspotential besteht. 🙂
Das klingt nach einem Buch für mich als frankophile, gemüseliebende, das Landleben herbeisehnende Vegetarierin. Das mit dem Landleben wird sich hoffentlich bald – wenn auch auf Irrwegen – realisieren. C’est la vie.
das Verlangen nach Landleben hatten wir auch schon mal, und sind wieder in die Stadt gezogen. Das kann, je nach Lebensabschnitt, durchaus mal wechseln. Überlegs Dir gut ! unser Selawie schaut derweil fröhlich in die Runde.
Da sag‘ nochmal, du könnest keine Torten. 😉
Und Irrwege gibt es doch eigentlich gar nicht, das ist reine Definitionssache.
Ich habe die Torte nachgebacken. Man ist nie und nimmer im Stande die Crème fraîche in das Loch zu füllen, da die Kartoffeln praktisch schon gekocht sind und zusammenkleben. Ich habe beschlossen die Kartoffelscheiben bis zur vorletzten Schicht einzulegen, dann die erwärmte Crème fraîche darüber zu gießen, letzte Schicht Kartoffeln darauf zu legen, dann mit dem gekühlten Mürbteigdeckel ab zu schließen. Ich glaube so könnte das klappen.
ich habe mit der Creme jede Kartoffelschicht eingestrichen, am Ende war dann aber immer noch etwas Creme übrig. Geübten KöchInnen fallen solche Rezeptemängel auf.