Auch wenn sich in deutschsprachigen Ländern der Begriff Gers(t)otto für einen Risotto aus Gerste eingebürgert hat, klingt der Name in meinen Ohren wie etwa Gemüsebratling, Nussmus, Käsiges Gemüse oder Tofuwurst. Irgendwie nach Birkenstock. Ich benutze lieber den italienischen Namen: O-r-z-o-tt-o (orzo=Gerste). Das klingt genau nach jener Kraft, die in der Gerste steckt. Letzten Herbst kaufte ich mir in Filisur im Hofladen neben Bergkartoffeln noch zwei Leinensäcke mit Granalpin Gerste.
Gran Alpin nennt sich die Selbsthilfe-Genossenschaft von Bündner Bergbauern, die auf ihren biologisch bewirtschafteten Betrieben Getreide anbauen. Wirtschaftlich sind das marginale Mengen, wenige hundert Tonnen Weizen, Roggen, Speisegerste, Braugerste, UrDinkel, Nackthafer und Buchweizen.

Wegen der härteren, klimatischen Bedingungen reifen Pflanzen im Berggebiet in kürzerer Zeit zu einem späteren Zeitpunkt heran. Der höhere Sonnenstand und die höhere Intensität der Sonneneinstrahlung im Berggebiet ist für das beschleunigte Wachstum (durch Photosynthese) verantwortlich. Im alpinen Getreide steckt somit die „volle Kraft und Energie der Bergsonne“, wie die Bergler sagen. Natürlich nur, wenns nicht zuviel nebelt und regnet.
Weils bei uns die letzten Tage recht viel Nebel hatte, tue ich uns etwas Gutes und koche einen Orzotto mit Bier, inspiriert durch ein Rezept auf der Granalpin-Seite. Der Gerstensaft (flüssiges Brot, wie man das früher nannte) verstärkt und unterstreicht Kraft und Geschmack der Gerste durch seine herbe, leicht bittere Note und passt gut zu den eher süsslich schmeckenden Wurzelgemüsen.
Orzotto

Zutaten
Vollmahlzeit für 2 Personen
180 g Gerste (L.: Granalpin)
20 g Butter
1 Schalotte oder kleine Zwiebel
1 mittlere Karotte
1 mittlere Peterliwurzel
1 Stange Staudensellerie
10 cm Lauchstange (ich setzte wieder mal den Kühlschrank um)
2 dl Amber Bier (L.: Ittinger)
5 dl heisse Gemüsebrühe
nochmals einen Stich Butter und 20 g Sbrinz oder Parmesan, gerieben
Salz, schwarzer Pfeffer
200 g Kerbelwurzeln (Kerbelrüben, Erdkastanien)
Butter
2 Elf. glatte Petersilie, gehackt
Salz, schwarzer Pfeffer

Zubereitung
wie ein Risotto.
(1) Zwiebel in Butter anschwitzen, Gerste zugeben und kurz glasig dünsten, danach das fein gewürfelte Gemüse zugeben und nochmals 3 min. dünsten.
(2) Mit Bier ablöschen und unter gelegentlichem Rühren einkochen. (L.: Cooking Chef). Anschliessend portionsweise mit Gemüsebrühe unter Rühren in Intervallen garen. Das Orzotto sollte nicht allzu heftig gerührt werden, sonst wird es schleimig. Nach ca. 20 Minuten die restliche Butter und den Käse unterrühren.
(3) Die gewaschenen Kerbelrüben mit einem feinen Tomatenschäler schälen, jeweils in 6 Spalten schneiden und in wenig heisser Butter leicht anbräunen (nicht länger als ca. 2-3 Minuten) und die Petersilie untermischen.
Ein Kraftspender für alte, stressgeplagte Männer, junge Bodybuilder und werdende Mütter. Wem der Orzotto zu kräftig schmeckt, darf anstelle des Biers auch mit 50 ml Weisswein ablöschen. Mit Bier schmeckts aber besser. Kerbelwurzeln kann man durch Karotten oder Petersilienwurzeln ersetzen. Sie haben derzeit noch Saison, sind aber nur schwierig zu finden und teuer. In Zürich doppelt so teuer wie in Basel. Ein teures Pflaster, dieses Zürich.
Wieder mal ein informativer Beitrag, der die Woche beginnen läßt. Das gefällt mir.
die Woche würde bestimmt auch ohne mich beginnen 😉
Das sieht richtig gut und appetitanregend aus. Und Kraftspender kann ich im Moment gut gebrauchen 😉
eine Bündner Gerstensuppe wird Dir bestimmt rasch auf die Beine helfen.
Dangge fir dä interessanti Post ! In Ziiri wärde si die Knolle bald emol mit em Trüffelhobel serviere … 😉
Das ist nicht einmal so abwegig, man kann sie roh essen.
… da mache ich mich schon bald einmal auf die Suche nach dieser Knolle, der Trüffelhobel ist bereit 😉
Liebe Grüsse aus Zürich,
Andy
Das sieht sehr fein aus.
Und weil das Hirn ja mitisst, sieht es zum Teil auch deswegen so fein aus, weil es Orzotto heißt und nicht Gersotto 🙂
Das Gehör isst mit 😉
A fabulous combination and flavorful dish! Fantastisch, wie immer.
Grüsse,
Rosa
fabulous, tja einfach so zusammen gemischelt.
Heute wird Vieles als „sotto“ gekocht. Gerste habe noch nie in meiner Küche gesehen, ich sollte zuerst in einen Bioladen gehen. Das Ablöschen mit Bier würde ich gerne probieren.
wobei die Gerste noch am ehesten mit Reis verglichen werden kann.
Super! Ittinger Klosterbräu, Gerste und Peterliwurzel… mmmmh! Kerbelwurzel hab ich noch nicht gekannt. Wie schmecken die? Ich muss mich gleich am Samstag auf die Suche danach machen!
Merci fürs Rezept.
ein wenig an Marroni erinnernd, süsser als Peterliwurzeln.
klingt spannend! Hoffentlich finde ich die. Merci, merci 🙂
Gersten-Risotto gehört bei uns in verschiedenen Varianten zum Speiseplan. Jetzt weiss ich endlich den richtigen Namen: Orzotto
Danke.
Gersten-Risotto ist durchaus korrekt 😉
„den Kühlschrank umsetzen“ – das gefällt mir und der korrekte Name auch. 🙂
kann halt nichts fortwerfen.
Klingt ja recht fein – mal sehe, ob ich ähnliches zuhause erfolgreich beantragen kann… 😉
als Gegengeschäft für die spendierten Skiferien, warum nicht ?
Kann die Granalpin-Produkte ebenfalls mit bestem Gewissen weiterempfehlen. Lasse mir ab und zu von meiner in Chur arbeitenden Nichte ein paar Päckchen Körner und/oder Mehl mitbringen. Besonders toll finde ich den freundlichen Service. Wenn ein Produkt nicht in ihren Verkaufsstellen vorrätig/erhältlich ist, kann man sich telefonisch oder per Mail bei der Geschäftsstelle melden und innerhalb kürzester Zeit ist es vor Ort verfügbar. So kann meine Nichte im Bioladen immer eine fixfertig gepackte Papiertasche mit allen gewünschten Produkten entgegennehmen.
P.S. Die versenden natürlich auch per Post.
Selbsthilfeorganisationen gegenüber bin ich auch positiv aufgeschlossen. Vorerst reichen meine Gerstenvorräte aber ein Weilchen.
Dein schönes Rezept passt mir wunderbar! Gestern hatte ich eine solche Lust auf eine gute Gerstensuppe wie auf der Berghütte nach einem sehr langen Schneespaziergang bekommen!
Risottocremig mit Bier klingt sehr verlockend und „Orzotto“ klingt wie ein neuer Trend frei von Birkenstockmuff 😉
Liebe Grüße
Cheriechen
also hier schneits. Heut hab ich erstmals Buchweizen-„Risotto“ gemacht, der ist aber körniger. Ist ja auch keine Getreide.
Tolle Idee! Ich bin ja immer auf der Suche nach Ideen, wie man dem allzu oft sehr süßlichen Wintergemüse seine herzhaften Seiten abgewinnt. Zweierlei Gerste klingt großartig.
Gerade im Winter bietet sich dafür auch das ganze Bitterzeugs an, das jetzt Saison hat.
Bei Bratlingen möchte ich auch immer grad heulen. Und sie nicht essen.
Allein das Umbenennen wirkt in diesen Fällen Wunder.
So ein Hofladen mit Kartoffelschätzen und bergsonnengereifter Gerste ist doch wohl sehr inspirierend! Hätte ich nur auch so einen ums Eck! Ich selber würde es vorziehen, mit Weißwein abzulöschen, aber für den Ritter käme das Bier gerade recht… 😀
Kartoffeln sind leider alle verkocht. Nun bleibt nur noch die Gerste.
Ich wollte einen kurzen Dank für die schöne Inspiration da lassen 🙂
Dein Beitrag hat mich dazu bewogen endlich mal meine „Gerste wie Reis“ hervorzukramen und ein Orzotto zu kochen. Und das erste Mal Petersilienwurzel habe ich dabei auch gleich noch verwendet. Ich hab dich mal verlinkt: http://www.herbs-and-chocolate.de/2015/02/orzotto-mit-petersilienwurzeln-und-lauch.html
Vielen Dank und liebe Grüße,
Carla
Schön gelungen !