Gesundheitlich immer noch leicht angeschlagen, kommen wir derzeit nicht zum Ausreisen. Bei der Durchsicht alter Aufnahmen aus dem Jahre 2012 bin ich auf eine Serie nicht ganz geglückter Bilder gestossen, die ich damals auf die Wartebank geschoben hatte. Irgendwann wollte ich die Objekte nochmals neu aufnehmen. Dazu ist es nie gekommen, wie bei Allem, das man auf die Wartebank schiebt. Nun denn, ewig will ich die treuen Leser meiner Sonntagsrubrik nicht warten lassen. Raus damit.
Die Mühle Ramiswil liegt direkt an der Passwangstrasse hinter Mümliswil. Sie wurde im Jahr 1596 von Hans Gasser erbaut und von seinen Nachfolgern bis gegen Ende des letzten Jahrhunderts betrieben. Der letzte Müller verkaufte 1990 das historisch wertvolle und unter Schutz stehende Gebäude der Einwohnergemeinde des Dorfes. 1917 wurde die Mühleeinrichtung modernisiert und anstelle des Wasserrades eine Turbine eingebaut. Seit der Stillegung der Mühle wird die Turbine als Kleinkraftwerk weiterbetrieben und erzeugt jährlich ca. 30’000 kW Strom, der ins Netz der lokalen Elektrizitätsversorgung eingespiesen wird.
Das Turbinenrad der längst verschwundenen Firma O. Meyer, Solothurn, dreht immer noch
1953 stiess man bei Reparaturarbeiten an der Nordfassade unter dem Verputz auf Farbreste des ursprünglichen Renaissance-Fassadenschmuckes aus dem Erbauungsjahr der Mühle (1596), eine Malerei mit Caput mortuum, einem alten Pigment der Alchimisten des 15. Jahrhunderts. Die Renovationsarbeiten legten zudem ein perfekt gegliedertes Fenstersystem in gotischer Staffelung und mit Fenstersäulen, sowie das ursprüngliche Balkenwerk auf der Giebelseite frei.
Um in den Dachstuhl zu gelangen, müssen Besucher über mehrere alte Treppen hochsteigen.
Der Dachstock aus dem Jahre 1778Für uns eine Treppe, für den Holzwurm Nahrung
Dabei wäre eine Fahrt mit dem genialen Mühlenbremsfahrstuhl viel bequemer gewesen.
Selbst das Mahlgut darf Lift fahren. Hier mit dem Gurtbecherwerk (Elevator): Metallbechern, die an vertikal laufenden Ledergurten befestigt sind, und das Transportgut in die Höhe bringen.
Elevator, auf der Rückfahrtsseite
Reiz einer vergangenen Technik
Räder, Riemen und TransmissionenDer Rollgang dient zum Schälen von GetreideDas Herz jeder Mühle, der Mahlstein
Ein Plansichter dient in der Mühle zur Trennung der Kornbestandteile, die nach der Mahlung anfallen.
Detail eines Plansichters. Die Schläuche fehlen an den Stutzen.
Bei der Herstellung von hellen Mehlen ist es das Ziel des Müllers, möglichst viele Schalenteilchen (Kleie) vom Mehlkörper aus dem Inneren des Korns abzutrennen.
Auch wenn es sich heute ausgemahlen hat in der Mühle: Ausmahleten meint eines der Endprodukte
Ausreise zum Buechibärg hinter Solothurn. Eines dieser hügeligen Täler abseits der Heeresstrassen, in denen die Zeit stehen geblieben zu sein scheint. Am Dorfeingang von Mühledorf steht eine alte Ölmühle. Ölmühlen zum Pressen der einheimischen, ölhaltigen Saaten und Kerne waren früher in ländlichen Gegenden verbreitet anzutreffen. Während der Kriegsjahre waren manche davon noch in Betrieb. Heute ist es in den Ölmühlen ruhig geworden. Die meisten wurden still gelegt. Die mediterrane Küche hat die Mühlräder zum Schweigen gebracht. Wo zehn Olivenöle unterschiedlicher Provenienz als Statussymbol herumstehen, fehlt der Bedarf für ein einheimisches Öl, das rasch verbraucht werden will. Samstag, 19. Mai 2012 war schweizerischer Mühlentag. Der Tag, an dem Müller Lätt seine alte Öli in Mühledorf wieder einmal in Betrieb nimmt.
Für die Gewinnung von Baumnussöl gibt es verschiedene Verfahren: Einerseits die hydraulische Kaltpressung, die die wertvollen Inhaltsstoffe weitgehend bewahrt. Dann das bäuerlich traditionelle Verfahren der Warmpressung: hier werden die fein zerstossenen Kerne vor dem Pressen leicht angeröstet. Baumnüsse, die ein paar Monate gelagert wurden, sind ergiebiger als direkt nach der Ernte. Ein, zwei Stunden vor Arbeitsbeginn wird der Ofen mit der Röstpfanne befeuert.
es ist angeheizt
Die geschälten Kerne werden zuerst auf einem Kollergang, einer Steinmühle mit einem ausgedienten Getreide-Mühlstein als Reibstein, gemahlen. Während der Stein seine Runden dreht, schiebt der Ölmüller das seitlich herausgeschobene Material mit einem Brettchen laufend wieder unter den Stein, solange, bis das Pulver die gewünschte Feinheit aufweist.
Mahlen der Nusskerne im Kollergang
Danach wird das Nusspulver sauber zusammengekratzt und in die beheizte Röstpfanne geschüttet.
Jeder Krümel ist kostbar
In der Röstpfanne dreht ein über Zahnräder angetriebener, vertikaler Stab einen Rührarm, der das Anbrennen des Nussbreies verhindert:
In diesem archaisch anmutenden Röstkessel dreht die Nussmasse etwa 10-15 Minuten und wird dabei auf etwa 80°C erhitzt. Der Zeitpunkt, an welchem die Masse „ling“ ist, muss mit Auge, Nase und Erfahrung erkannt werden.
der Röstprozess unter geschlossenem Holzdeckel
Ist die Masse geröstet, wird der heisse Nussbrei im Öltuch zu einem Paket verpackt, die Ecken säuberlich übers Kreuz eingeschlagen.
Gerösteter Nussbrei im Öltuch
Danach das Paket in die uralte Keilpresse gelegt. Ein kleiner, mit Lochblech ausgeschlagener Hohlraum in einem dicken Holzbalken, nimmt das Pressgut auf.
Die noch leere Pressgutwanne in der Keilpresse
Der Pressgutpacken wird aufrecht in die Presskammer gestellt, seitlich mit Ausgleichskeilen ergänzt und der schwere Holzkeil eingelegt.
Achtung heiss !
Der Pressdruck erfolgt von der Seite. Nach oben wird das Paket mit einem schweren Holzbalken verschlossen.
Der Verschluss
Und nun gehts los: das alte Getriebe der Stampfe mit den hölzernen Zahnrädern wird eingekuppelt. Die Wasserkraft dreht eine hölzerne Daumenwelle. Der Daumen ist eine Art auskragender Nocken, der auf der Welle sitzt. Der Nocken hebt bei jeder Umdrehung einen zentnerschweren Press-Stempel, einen dicken, langen Balken, um etwa einen halben Meter nach oben. Auf dem höchsten Punkt der Drehung lässt der hölzerne Daumen den Balken los, dieser fällt und schlägt mit voller Wucht geführt auf den Keil, der durch den seitlichen Druck das Pressgut zusammendrückt und das Öl aus dem Paket laufen lässt. Dieser Stampfvorgang wiederholt sich etwa alle 5 Sekunden, mit jedem Schlag wird der Druck auf das Ölpaket erhöht.
Der Pressbalken fällt auf den Keil
Das kostbare Öl fliesst aus der Presse.
Baumnussöl, frisch ab Presse
Das Öl muss nach der Pressung vor dem Abfüllen in Flaschen etwa 2 Wochen gelagert werden, damit sich Schwebestoffe setzen können. Kühl, dunkel und trocken aufbewahrt, ist es ein Jahr haltbar. Angebrochene Flaschen werde leicht ranzig, also nur kleine Flaschen lagern. Baumnussöl ist sehr aromatisch, beinahe ein Gewürz, wem es zu dominant schmeckt, kann es mit neutralen Ölen oder Olivenöl verdünnen.
Die beiden Wasserräder der Mühle wurden 1918 durch eine „moderne“ Peltonturbine ersetzt, auf die das Wasser im selben Kanal unterirdisch zugeführt wird. Alle Zahnräder, Achsen und Kupplungsvorrichtungen sind älter und aus Holz.
Antrieb über eine moderne Peltonturbinehölzerne Zahnräder
Müli Max Lätt
CH-4583 Mühledorf
Besichtigung nur nach Vereinbarung: 032 661 10 74
wer eigene Nüsse zu Öl verarbeiten lassen will, dem sei die noch ältere Grabenöli in Lütersdorf empfohlen: Grabenöli Lütersdorf
Heute, 28. Mai 2012, ist übrigens in Deutschland ebenfalls Mühlentag, der Tag an welchem viele historische Mühlen besichtigt werden können. Mehr dazu hier.
Auf der Suche nach Weichweizen-dunst für meinen Pizzateig bin ich endlich in einer kleinen Mühle im Emmental fündig geworden. Was uns die Grossverteiler an Vielfalt der Mehlqualitäten anzubieten haben, wird ja immer dürftiger. Dabei fiel mir eine Anzeige auf, die eine Erwähnung wert ist. Schweizer Mühlentag 2007. Mit dem alljährlich jeweils am Samstag nach Auffahrt stattfindenden Mühlentag, werden über hundert Mühlen als vorindustrielle Zeugen einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Informationen und die Liste der teilnehmenden Mühlen unter: Vereinigung Schweizer Mühlenfreunde.