Sbrinz, der bessere Parmesan

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Grüner und weisser Spargel, gebraten, dazu Alp-Sbrinz

Ein kühne Behauptung, ich weiss. Dass noch heute ein grosser Teil der Sbrinz-Produktion nach Norditalien exportiert wird, muss doch seine Gründe haben. Mit dem reifen Extrahartkäse aus der Urschweiz wurde bereits im späten Mittelalter reger Handel betrieben. Auf der Via Sbrinz, einem Saumweg über den Brünig-, Grimsel- und Griespass, erreichte der Sbrinz in Domodossola die norditalienischen Märkte. Auch über den Gotthardpass wurden grosse Mengen Sbrinz exportiert und anschliessend in Magadino verkauft.  Die Verkehrswege  sind heute andere,  was nicht nach Italien geht, wird in der Schweiz verzehrt. In Deutschland ist er eher schwer zu finden.
Hergestellt wurde der Käse früher ausschliesslich auf Alpen. Als Mitte des 19. Jahrhunderts die Talkäsereien aufkamen, wanderte jedoch ein Teil der Produktion ins Flachland ab. Dadurch konnte billiger und das ganze Jahr über produziert werden. Wer sich für das AOC-Pflichtenheft interessiert, kann es hier nachlesen. Leider muss man auch in der Schweiz in Supermärkten nach ihm suchen. Hinten rechts, hinter grossen Mengen von Industrieparmesan. Migros wie COOP bieten abgepackten Sbrinz aus grossen Talkäsereien an, 18-24 Monate gelagert (wobei mir der von Migros besser schmeckt). Sbrinz hat als Folge der Parmesaninvasion an Bedeutung verloren. Zu Unrecht. Und daran fühle ich mich mitschuldig. Schreibe ich doch bei vielen Rezepten gedankenlos Parmesan hin, obwohl ich Sbrinz verwende. Das muss ändern. Sofort.

Slow Food Schweiz und COOP unterstützen seit einiger Zeit mit einem neuen Presidio kleine Käsereien auf sechs Alpen im Kanton Obwalden. Alp Sbrinz aus dem Presidio wird während den Sommermonaten aus frischer Rohmilch in Sömmerungsbetrieben hergestellt. Nach fünfzehn Tagen im Salzbad beginnt seine Reifezeit, die um die drei Jahre dauert. Nach einer Odyssee durch fünf grössere COOP-Läden habe ich ihn endlich gefunden, den Alpsbrinz. Ganz versteckt. Hinten rechts.
Ich habe den Alp-Sbrinz hier über Grün- und Weiss-Spargel geraspelt, den ich zuvor in Olivenöl angebraten hatte, etwas fleur de sel, etwas Pfeffer, ein paar Tropfen Zitronensaft. Mehr nicht ! Lieber einen erstklassigen Sbrinz, als einen der vielen zweit- und drittklassigen Parmesankäse aus Padanien, die den Markt überschwemmen. Umgekehrt gibt es einige wenige, herausragende Parmesankäse, mit denen auch der allerbeste Sbrinz nicht mithalten kann! Sodeli, damit habe ich meine Meinung zum Thema kundgetan.

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Schweizer Kuh, die Alpen betrachtend

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34 Kommentare zu „Sbrinz, der bessere Parmesan“

  1. Sbrinz ist mir zwar in dem einen oder anderen schweizerischen Kochbuch über den Weg gelaufen, aber noch nie in freier Wildbahn. Ich muss mal schauen, wenn ich am ersten Augustwochenende in Zürich bin, was ich da so finde. Austesten will ich ihn ja schon mal.

  2. Sbrinz ist ein Vollfettkäse. Er enthält 45 % Fett i.T.
    Parmesan ist ein Dreiviertelfettkäse. Er enthält 32 % Fett i.T.
    Sbrinz schmilzt deshalb tiefer als Parmesan. Schon mal einen fünfjährigen Sbrinz probiert ?

  3. „Sodeli“ 🙂 – und was macht Frau, wenn sie diesen, deinen Alp-Sbrinz nicht bekommt? ?
    Welches sind die herausragenden Parmesankäse?

  4. Sbrinz ist mir in persona bislang auch noch nicht wissentlich über den Weg gelaufen, der Lieblingskäseimporteur hat sich auf Frankreich spezialisiert und im Kauf*hof braucht man gar nicht anfangen. Die verkaufen einem den Morbier schon als den exotischsten aller Genüsse in einem Reifegrad, der eher für Käseanfänger geeignet ist und selbst französischen Supermarktkäseverkäufern die Trauertränen in die Augen treibt.
    Hier ist mau.

  5. Ich hatte nach einem Hinweis von dir schonmal diverse Käsespezis in der Umgebung danach abgeklopft, die alle davon wussten, aber doch nichts im Angebot hatten. Fündig geworden bin ich dann wirklich erst bei „unserem“ Schweizweit, einem kleinen Restaurant mit eingegliedertem Verkaufsraum für Schweizer Spezialitäten.

  6. Nun hast du mich aber endgültig neugierig gemacht! Sbrinz war mir bei einigen deinen Rezepten schon aufgefallen und ich habe das Glück, dass es ihn bei uns im Bioladen zu kaufen gibt. Dann werde ich ihn demnächst mal testen. Danke für den ausführlichen Bericht. Liebe Grüsse und schönes WE aus Luxemburg

  7. sag mal Robert, jetzt muss ich echt mal nachfragen, Fleisch aus der Supermarkt, und jetzt auch der Käse! Gibt’s denn in Basel keinen Käseladen oder Metzgereien?

  8. @kochschlampe: am Münsterhof bei Chäs-Vreneli wirst Du schon welchen finden.

    @Hunk: Sbrinz ist fetter, das stimmt. Für die meisten Zwecke ist er trotzdem ebensogut wie Parmesan geeignet. 5-jährigen habe ich auch schon probiert, persönlich ziehe ich jüngere vor.

    @Eva: die herausragenden findest Du nicht wie ein Markenprodukt, die muss man im Laden probieren und weiss es sofort. Frau L. nimmt immer den aus der Migros.

    @Evi: der Wohnsitz in der Schweiz ist schon ein Vorteil, da kommt man leichter an ausländische Spezialitäten.

    @SchnickSchnackSchnuck: bei den vielen Käsesorten, die weltweit produziert werden, ist das auch verständlich, dass sich kleinere Geschäfte auf die lokal produzierten beschränken.

    @Hunk: schön geordnet, sogar nach Alpkäsereien. Danke.

    @Suse: wenn ich Kühe auf einer Alpweide fressen sehe und vergleiche mit Kühen, die an der Autobahn Mailand-Bologna grasen, muss schon ein Unterschied vorhanden sein 🙂

    @Paule: hoffentlich ist es ein guter.

    @BollisKitchen: wir leben hier nicht in Paris und ich habe „meinen“ Metzger und „meinen“ Käsehändler in Basel noch nicht gefunden, bzw. sie sind weit weg. Ich probiers immer wieder mal an einem Ort, bis ich enttäuscht werde.

    @Toni: mach ich freiwillig ohne Bezahlung.

    @Rosa: so ist es.

  9. Ein schönes Plädoyer für Käsevielfalt, bin begeistert, Robert!
    Ich finde es auch schade, wenn über alles Einheitsparmesan gerieben wird, auch wenn ich guten Parmesan sehr schätze.
    Ich bekomme Sbrinz leider nur relativ jung. Alternativ zu Parmesan verwende ich aber auch gerne eine andere Schweizer Köstlichkeit: mittelalten, höhlengereiften Gruyere.
    Oder einen reifen Bra oder Montasio aus Norditalien. Oder einen schönen Pecorino. Oder einen reifen österreichischen Bergkäse. Oder geräucherten Schotten oder Ricotta.

  10. Sbrinz hab ich schon mal bei uns in der Metro gesehen, aber liegen lassen. Wenn Du ihn so anpreist, probier ihn vielleicht doch mal. Schönes Wochenende!

  11. Der Sbrinz ist mir tatsächlich mal in Deutschland über den Weg gelaufen und ich muss bis heute darüber schmunzeln.

    Ich lebte vor einigen Jahren im Schwarzwald zusammen mit meinem damaligen (Schwarzwälder) Freund. Wir trafen uns in einer Mittagspause und ließen uns im Edeka Brötchen machen. Das war recht praktisch – Brötchen gekauft, ab zur Käse- oder Wursttheke. Mein Freund entdeckte den Sbrinz und sagte, den hätte er gerne auf sein Brötchen. Der Käseverkäufer sagte ihm aber, der wäre ziemlich hart. Mein Freund wiederum war ausgesprochen stur. Sturer als ich, was etwas heißen mag. 😉 Er verlangte also weiterhin den Sbrinz (vielleicht nahm er auch den Käseverkäufer nicht ernst, was auch nicht verwunderlich war – das war auch so ein Unikum). Der Verkäufer tat, wie „befohlen“ und packte ihm dicke Stücke Sbrinz auf das Brötchen. *g*
    Draußen angelangt biss mein Freund ins Brötchen… und bereut deutlich seine Entscheidung. 😀 Da er Hunger hatte, kaute er aber dennoch weiter darauf herum (stur wie er war…).

    Ich werde mich hier, in Bremen, mal umsehen. Vielleicht finde ich den Käse ja in einem Fachgeschäft oder Gourmetladen.

  12. Robert, selbst in Köln gibt’s Käseläden und so eine Provinzstadt ist Basel ja nun auch nicht! Und Metzgereien, die gibt’s doch sicher auch in Basel, das nehme ich Dir nicht ab!

  13. Hurra! Ein Produkt, das ich kenne! In besser sortierte Märkte in Berlin hat er es jedenfalls geschafft und von da auch auf unseren Tisch. Banausen, die wir sind, haben wir ihn wegen seines schönen Namens gekauft und ungewaschen ungekrumpen zum Wein gegessen. Und das war prima.

  14. Sbrinz – ich schwelge in der Erinerung an die (wenigen) Stücke, die ich hier in D zu kaufen bekam! Leider gibt’s ihn nur selten, aber es ist wirklich ein besonders feiner Käse.

    Liefert die Rotgescheckte die Milch?

  15. Sbrinz habe ich mir immer aus der Schweiz mitgebracht. Er hat aber meist die Bahnfahrt nicht überlebt…

  16. Sbrinz werde ich sehr bald suchen, denn ich fahre demnaechst in die Schweiz! Und…ich bin ein Jahr wunderbar in England mit italienischer Kueche aber nur Cheddar (sehr, sehr reifen) ueber die Runden gekommen…und einen Gouda (auch sehr reifen) habe ich vor Monaten in Rotterdam gegessen und der hat genauso gut geschmeckt wie frischer Parmesan.

  17. Ich BIN gerade in der Schweiz, vielleicht sollt ich auch wieder einen Sbrinz posten und ihn nach Italien exportieren…Toll eure Käsediskussion! Hab vor kurzem das wunderschöne Buch „Schweizer Käse“ von Dominik Flammer und Fabian Scheffold erstanden. Seither hab ich eine lange Liste Schweizer Käsesorten, die ich absolut probieren will.. ..Zuletzt entdeckte ich den waadtländischen l’Etivaz für mich.

  18. @Eline: Gruyère mag ich auch sehr, wiewohl die Qualität des Greyerzer nicht unbedingt von der Reifung in einer Höhle abhängt. Das schöne an einer Käseauswahl ist das …oder…. oder…..oder 🙂

    @Mestolo: ich wünsche Dir auch einen behaglichen Rückzug in eure Wochendidylle.

    @Hilke: schön, dass Du heute darüber lachen kannst. Je älter, desto härter, dafür gibts Hobel, mit dem man ihn fein aufscheidet und in (dicken) Lagen zwischen das Brot klemmt.

    @Jutta: Doch, Du bist die Erste, die das hier klar festgestellt hat. Lila Kühe ginbt es nur im Allgäu (D).

    @Bollliskitchen: natürlich gibts hier gute Metzgereien, eine Handvoll. Was hier in der Stadt mangelt, sind Metzgereien, in denen der Besitzer oder ein interessierter Angestellter an der Bank steht. Jemand, zu dem ich als Kunde mit der Zeit ein Vertrauensverhältnis aufbauen kann, der nicht einfach das verkaufen will, was er gerade vor sich liegen hat. Und das ist mir hier immer wieder passiert. Deshalb fahre ich, wie heute, lieber 100 km weit in eine Landmetzgerei, wo ich das noch finde, aber das kann ich nicht jeden Tag machen.

    @Claus: Danke für das Vertrauen.

    @Poliander: ich esse ihn fast täglich mit dem Sparschäler zum Abendbrot 🙂

    @twocents: die Rotgescheckte steht auf der Gotthardsüdseite, das ist auch Alpkäsegebiet, aber der Sbrinz kommt nicht von daher.

    @Elisabeth: Hunk war schneller 🙂

    @nina: hab ich Sbrinz im Anbruch, ist das der beste Käse für mich, hab ich einen Emmentaler, ist es dieser, nicht zu reden vom Gruyère und anderen 🙂

    @Jutta Lorbeerkrone: wo immer man sich umsieht gibt es gute, einheimische Käse. Wir waren mal in einem sehr guten, italienischen Restaurant in Holland, eine einheimische Dame bestellte eine Platte hollandsche kaas, erhielt ihn, wir machten grosse Augen, was da aufgetischt wurde. Weit weg von dem was man hier unter holländischem Käse versteht.

    @ULIMENGO: das Buch über die Schweizer Käse habe ich schon in der Buchhandlung bewundert. Toll. Der Étivaz ist ein toller Käse, der mit den besten Greyerzern konkurrieren kann, sie teilweise noch übertrifft. Iich wollte schon lange mal über die Käserei in l‘ Étivaz berichten, leider hat die immer zwischen 12-14 h geschlossen.

  19. Schoen, dass die Tradition der kleinen Alpkaesereien wieder aufgenommen wurde. Sbrinz kenne ich nicht und das obwohl ich oefter in St. Gallen war.

  20. Hmmm – gleich 2 Irrtümer 😯 :
    Ich dachte immer das heisst „Prinz“ – nun ist es aber der „Sbrinz“ (irgendwie auch ein Prinz, wenn ich Dich so lese) … der sich meines Wissens noch nicht bis an die Mecklenburger Käse-Theken verirrt hat… 😉
    Da werde ich mich wohl an den Ratschlag, den Du Eva gegeben hast, halten müssen – naja – und so eine Probier-Tour ist ja auch nicht zu verachten. 😀
    Der andere Irrtum:
    Ich dachte, die Schweiz wäre volle echter Muh-Tiere – da hat doch wieder Jemand das lila Papier drum herum abgewickelt und heraus kam so eine Plastik-Skulptur…
    (Du hast irgendwo so schöne Bilder von geschmückten Tieren – ich weiß grad nicht wo…)
    Ich wünsche Dir und Frau L. ein schönes WoE
    Heidi

  21. Das habe ich gerade gelesen:

    Um die Mitte des 16. Jahrhunderts schrieb der kräuterkunde Lonicerus nieder, was er vom Käse hielt: „Ein guter Käss aber soll bei sechserley Gestalt erkannt werden. Nehmlich, daß er nicht viel Augen (= Löcher) habe, nicht sey zu hart gesaltzen, nicht haaricht, nicht zu alt, nicht zu hart am Schnitt, nicht stinckend. Arbeits-Leuten, und sonderlich die da jung seyn, schadet er am wenigsten, ist solchen gut für den Hunger. Daher sagt man: Caseus et panis, sunt medicina sanis (Käse und Brot sind gesund). Es schadet aber der Käss denen am wenigsten, welche sich von Jugend auf daran gewöhnet haben, und den ohne das gern essen.“

    Also lasst uns Käse essen 😉

  22. @kitchenroach: St. Gallen ist Emmentaler und Tilsiterland.

    @Cascabel: in welchem Land kaufst Du denn Allgäuer Almkäse ?

    @Heidi, die II.: Prinz hört sich auch ähnlich an, abgesehen vom fehlenden, betonten -e- in der Mitte.
    Die Probiertour gibts es natürlich nur in Italien.
    Die Kühe sind noch nicht ganz oben auf den Alpen, da liegt noch Schnee. Die geschmückten Kühe waren hier:
    https://lamiacucina.wordpress.com/2009/10/10/ch-8750-glarus-hutchenparade-und-klausenfahrt/. Hab einen schönen Sonntag !

    @Linda: noch im 18. und 19. Jhdt, war das Käsen eine Zauberei. Das Lab wurde auf abenteuerliche Weise gewonnen. Nachzulesen bei Gotthelf „Käserei in der Vehfreude“.

    1. Oh ja – genau diese Bilder meine ich.
      Als Flachländerin habe ich natürlich absolut keine Vorstellung von Zeiten des Alm Auf- oder Abtriebes. Das Wetter dürfte in diesem Jahr auch dafür von Nachteil sein.
      Robert – wird denn der Alm-Auftrieb ebenso zelebriert???
      Hach ja – es sind wirklich schöne Bilder. Dankeschön für das Heraussuchen.

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