Kirschstängeli, Stengel und Stängel

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Links: Krattiger. Rechts: Schiesser

Es begab sich aber zu der Zeit, dass uns/mich eine unbändige Lust auf Kirschstengel ankam. Doch welche ? Ich erinnerte mich, vor Jahren von einem Kirschtängelitest gelesen zu haben. Internet seidank hier. Sieger waren damals mit sehr gut ex-aequo die Confiserien Krattiger in Liestal/Baselland und die Confiserie Schiesser in Basel. Sprüngli: gut. Die industriell hergestellten: befriedigend (Lindt) oder gar ungenügend (Suchard, Merkur/Läderach).
Nur das Beste ist uns gut genug. Kein Weg ist mir dafür zu weit, besonders wenn die Quellen so nahe liegen. Bei Schiesser und Krattiger kaufte ich mir je eine Kurpackung und unterzog sie einer Nachprüfung.

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Confiserie Krattiger, Liestal
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Confiserie Schiesser, Basel

Hier das Resultat:
Den Stengel vorne haben eindeutig jene von Krattiger (100g sFr. 9.-). Gute, dunkle Couverture, dünne Zuckerschicht, aromatischer Kirsch mit spürbarem Alkoholgehalt.

Die Couverture von Schiesser ist auch gut, hell, persönlich gefällt mir auch das Bestäuben mit Bitterkakao, leider ist der Inhalt, obwohl nicht schlecht, weniger gut als bei der Konkurrenz aus Liestal, schwacher Kirschgeschmack, dickere Zuckerhülle. Die Schiesser-Stängeli haben das Nachsehen. Dafür sind sie teurer (100 g sFr. 10.20).

Wie der Kirsch in die Schokolade kommt ?

Bei Betty Bossy fand ich ein informatives Video [klick], das die Herstellung in der Confiserie Krattiger schön zeigt.

Ein flacher Holzkasten wird mit feinstem Mais-Weizenpuder gefüllt und glattgestrichen. Dann werden mit einer Stempelform aus Gipsteilchen Vertiefungen in Form eines Stängelis eingepresst.
Anschliessend wird Zucker/Wasser auf rund 80 Grad Réaumur (100 Grad Celsius) aufgekocht, schliesslich der Kirsch zugefügt.

Die Vertiefungen werden mit einem Dosiertrichter mit der heissen Kirsch-Zuckerlösung aufgefüllt und anschliessend mit Stärke überpudert. Nun lässt man die Kästen 24 bis 48 Stunden in einem kühlen Raum ruhen. Dabei kristallisiert die mit Zucker übersättigte Kirschlösung an der Grenzfläche zum Puder aus und umhüllt die Flüssigkeit mit einer zarten und zerbrechlichen Zuckerkruste.

Danach wird ausgepudert, der Puder mit einem Pinsel entfernt und der Zuckerrohling mit Couvertüre überzogen und allenfalls in Kakaopulver gewälzt. Der Kirschgehalt nimmt bei dieser Prozedur ab, beträgt im Fertigprodukt noch 20% oder weniger.

30 Kommentare zu „Kirschstängeli, Stengel und Stängel“

  1. Mhhhhhhhhhhhhm, ich brauche auch so eine KURpackung! 🙂 aber eine Sondergröße, die größte, bitte – und von den besten 🙂

  2. I’ve always loved those, but never asked myself how they were made! Thanks for the interesting video.

    Grüsse,

    Rosa

  3. Das Selbermachen hab‘ ich mir auch schon überlegt, ist aber doch etwas aufwändig… Kirschstängeli mag ich auch – leider dann doch meist die industriell gefertigten, auch wenn die nicht so super sind. Ich muss doch mal wieder in die Schweize. 😉

    Sonst schließe ich mich Eva an, Du naschst also doch auch mal! 🙂

  4. Ich liebe sie! Meine Schwiegereltern holen sie jeweils beim Bruderer in Fahrwangen, und die sind auch herrlich! Toller Bericht.
    Grüssli
    Irene

  5. „Kein Weg ist mir dafür zu weit, besonders wenn die Quellen so nahe liegen.“

    Das, lieber Robert, ist für mich der Blog-Satz der Woche!
    You made my day!

  6. Lecker!
    Ich habe einen Hang zu alkoholhaltigen Süßigkeiten.
    Weinbrandbohnen sind auch ganz großartig!

  7. Das kurärztliche Gremium verschreibt ein Stängeli pro Tag, damit die Pâtissiers bei der Stange bleiben, aber nicht vom Stängel fallen 😉

  8. Sind 80° Réaumur nicht genau 100° Celsius? Die Einteilung in 80 Schritte vom Schmelzpunkt bis zum Siedepunkt kommt wahrscheinlich von der Liebe der Franzosen zu quatre-vingt. Neben den Pâtissier brauchten auch die Emmental- Käser Réaumur.

  9. schließe mich arthurstocher an: der satz made my day 🙂

    und was es nicht alles gibt in der schweiz… wieder etwas außer ricolazuckerl in der großen vorratsdose (gibts aber inzwischen auch bei uns beim müller) und der kyta salbe was ich mir demnächst exlusiv aus der schweiz importieren lassen muss. vorhern och nie gehört davon und jetzt hab ich unglaublich guster drauf… gemein ist sowas 😉

  10. Zorra hat recht! Die knuspern nämlich nicht, nur kirsch und feinste couverture! Würde zu gern wissen, wie man die selber macht! Hat jemand eine idee?

    1. Ich war einmal in den USA, hatte leichtes Fieber und die Körpertemperatur betrug 100° F.

  11. @uwe@highfoodality: Confiserie, nicht patisserie.

    @Eva: wenn der Salzhaushalt überschiesst, müssen die Zuckertöpfe herhalten.

    @Nathalie: 🙂 🙂 🙂

    @Elisabeth: so eine Kur im Frühjahr nennt man Frühjahrskur.

    @the rufus: ich wollte die Produkte erst als Artillerie gegeneinander aufstellen. Aber die Munition war dann doch zu wenig geeignet.

    @zorra: ist da die Kirsch/Zuckerlösung flüssig ? Beim nächsten Besuch in Züri will ich sie probieren. Das klassische Krachen der (dünnen) Zuckerkruste wird mir aber bestimmt fehlen. Das gehört dazu.

    @der Muger: ist das nicht immer so ?

    @Rosa: selbermachen überlasse ich den Spezialisten.

    @nata: Kirsch – Kirschtängeli. Käse – Käsefondue. Ganz einfach zu merken 😉

    @Barbara: schlimmer noch, Frau L. nascht noch mehr davon als ich.

    @Petra: Seit vor Weihnachten fahre ich jede Woche einmal nach Liestal.

    @Irene: Du meinst die aus der Confiseriewarenfabrik Bruderer in Fahrwangen. Mit dem Farbrikladen.

    @arthurs Tochter: in seltenen Fällen gelingt mir Aphoristisches.

    @nina: gleichzeig wird damit dem Ernährungsgrundsatz, mindestens eine Frucht pro Tag zu essen, gehuldigt.

    @bee: ein Stengel für den Doktor, einer für mich, einen für den Confiseur. Gibt drei. Doch, das kommt meinem Tagesverbrauch ziemlich nahe.

    @Hunk: Nach drei Kirschstängeli gibt bei mir die Berechnung C = Ré/0.8 ganz andere Zahlen als von Dir erwartet.

    @Marmota: Kytta salbe wird von der deutschen Merck vertrieben. Murmeltierfett ist hingegen eine schweizerische Spezialität.

    @gourmeur: auf der hp der Confiserie Mohler Unterseen werden zuckerfreie Stängeli angepriesen. Der Kirsch sei aber nicht flüssig. Hmmmh.

    @martin: martin hat recht !

    @Toni: verrückt, gell.

  12. @ robert, ja dann ist es wieder einfach zu machen, aber flüssiger kirsch ohne zuckerkruste, nur mit schokolade drumherum? Man nehme einen hohlkörper fülle ihn mit kirsch und verschliesse ihn mit einem tropfen schokolade? Vielleicht …

  13. Ich mochte die von Lindt schon ganz gern, die ich im Werksverkauf erstanden habe – wenn Du die als mäßig einordnest (woran ich nicht zweifle) MUSS ich doch dringend mal in der Schweiz Stengeli shoppen gehen! 🙂

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