Coburger Schmätzle

Bouguereau: Der erste Kuss

Vor langer, langer Zeit hat mir eine Leserin das Rezept für ihre Coburger Schmätzchen (Küsschen) zukommen lassen. Als typisches Adventsgebäck will ich die schon seit Jahren backen. Mit erstaunlicher Regelmässigkeit stelle ich in jedem Frühjahr fest, dass Advent längst vorüber ist und ich die Schmätzchen (einmal mehr) vergessen habe.

Nun habe ich eben gelesen, dass die Coburger Gewerbler  Prinz William und Kate Middleton u.a. eine Dose Coburger Schmätzle zur Hochzeit schenkten. Am 29. April 2011. Die Verbandelung rührt daher, weil der 1819 auf Schloss Rosenau bei Coburg geborene Prinz Albert von Sachsen-Coburg und Gotha sich mit der englischen Königin Victoria verehelichte. Was die Coburger dürfen, darf ich auch: mitten im Frühling ein Weihnachtsgebäck backen !

Coburger Lebküchner haben sich schon Mitte des 17. Jhdt. zu einer eigenen Zunft zusammengeschlossen. Ende des 19. Jhdt. waren die Schmätzchen ein einfaches, braunes lebkuchenartiges Gebäck. Der Coburger Bäckermeister Wilhelm Feyler überarbeitete die Rezeptur und entwickelte seine im Jahre 1904 patentierte Spezialität „Feyler Coburger Schmätzchen“. Im Original werden sie mit einem Honigvorteig zubereitet, der einige Monate im Keller einen Reifeprozess durchmacht. Diese Zeit habe ich nicht.

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Stapelbares, abriebfestes Schüttgut

Lassen wir doch die Leserin ihr Rezept selbst erzählen:

So, also zum traditionellen Adventsgebäck (oha, leider etwas verspätet, aber Weihnachten ist immer so plötzlich…) Traditionell werden die Schmätzle bei uns an Buß-und Bettag gebacken, aber das ist ja jetzt kein Feiertag mehr.

Coburger Schmätzle, so wie ich sie liebe, sind kein so zarter Hauch wie die Vanillekipferl oder Orangenschnitten, Butterzeug oder 3-stöckige Spitzbuben mit Gesamthöhe 5mm maximal, nein, die sind robustes Gebäck, was man wie Schüttgut behandeln kann, mit zur Winterwanderung im Schnee oder zum Eisstockschießen mitnehmen kann, ohne dass es Schaden nimmt. Kinder ab ca. 8 Monaten werden mit “eingedütschten” (in Früchtetee oder so ähnlich aufgeweichten) Schmätzlen an den Geschmack gewöhnt und wollen nie mehr davon lassen. Ich weiß, wovon ich spreche…

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Zutaten
250 g Mehl
125 g Honig
125 g Zucker
1 Ei
ca. 1/2 Elf. Butter
100 g Zitronat, gehackt, ich habs heuer durch selbergemachtes Orangeat ersetzt, es gab keine Beklägnisse.
125 g Walnüsse grob gehackt, eher mehr als weniger. Ich mach das in einer großen Reibschale und hau einfach drauf. Mixer geht auch, wenn man aufpasst, dass es kein Mehl wird.
1 Elf. Coburger Schmätzchengewürz. Gibts in der Hofapotheke in Coburg in schönen altmodischen Pergamintütchen zusammengepackt, und nur da! ersatzweise könnte man es mit handelsüblichem Lebkuchengewürz versuchen.
(L.: meins war leider nur Lebkuchengewürz aus dem Consumverein, das schmeckt man)
1 Tlf. Hirschhornsalz

(L.: 1 Elf. Kirsch)

Zubereitung
(1) Honig schmelzen, alle andere Zutaten dazukneten (ab der dreifachen Menge des Rezepts, was ich früher oft gemacht habe empfiehlt es sich, den Knethaken der Küchenmaschine in die Bohrmaschine einzuspannen und so zu kneten!) und gut ruhen lassen über Nacht.

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(2) Am nächsten Tag kleine ca. kirschgroße Kugeln mit nassen Fingern rollen ( es pappt sonst grausam!) und im gut vorgeheizten Ofen bei Plätzchenhitze, 180° backen, bis die Schmätzle schön aufgegangen sind. Das dauert ca. 10 min wenn der Ofen richtig auf Temperatur ist.
(3) Abkühlen lassen, direkt in die Dose verfrachten, oder Goldschmätzle machen: dazu die Plätzchen mit bitterer Kuvertüre glasieren und einen winzigen Punkt Blattgold in die Mitte tupfen (brauchts nicht wirklich, sieht aber schön aus). Apfelschnitz nicht vergessen, damit sie etwas weich werden. Die Schmätzle sind zuerst hart und müssen einige Zeit in einer Blechdose gelagert werden.

Danke, elettra ! Küsschen ! Meine waren übrigens nicht hart, Guetzli backe ich nie zutode.

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Geschenk. Von mir hübschestens verpackt.

Wenn ihre Hoheiten Prinz William und Kate von was-weiss-ich-woher geruhen wollten, auch von mir ein Geschenk anzunehmen ? Bitte, gerne. Aber selber abholen müssten sie es schon. Von mir verpackt, auf Wunsch von Klärchen Kompott vom  Gourmet-Büdchen sogar mit einem schönen Band garniert. Extra für den Kochtopf-Event Geschenke aus der Küche.

Blog-Event LXVIII - Geschenke aus der Küche

27 Kommentare zu „Coburger Schmätzle“

  1. Interessant und sicher nit schlächt. Aber gege dini Basler Läggerli hän die Schmütz nüt z‘ bschtelle ! I red do us Erfahrig 😉

  2. „…empfiehlt es sich, den Knethaken der Küchenmaschine in die Bohrmaschine einzuspannen…“, darüber musste ich gerade SO lachen, aber tatsächlich ist dieser Tipp grandios! Das ist schön erzählt, von beiden.

  3. @Mestolo: danke für die schönen Wünsche !

    @Basler Dybli: die Coburgerli sind typisch deutsche Lebkuchen. Unsere Basler Leckerli schmecken natürlich viiiel besser 🙂

    @Christina: elettra wäre eine talentierte Bloggerin, wenn sie nur wollte.

    nun muss ich zum Zahnarzt. Nicht der Lebkuchen wegen.

  4. das hat mir heute besonders gefallen! aber bei den temperaturen backe ich sicher keine kekse. muss auf die merkliste.

  5. Respekt! da traust Du Dich ja an „herzögliches“ Gebäck. Als Kinder bekamen wir sie am Schuljahresende zum Gregoriusfest zusammen mit einer Mark geschenkt. Die Mark war mir damals wichtiger! 😉 Das waren Zeiten!

  6. Ja, das waren noch die „guten alten“ Zeiten, als wir Schmätzle, eine Coburger Bratwurst und eine Mark bekommen haben! 🙂
    Nette Geschichte, hübsche Fotos, aber die Schmätzle, die ich in Erinnerung habe, sehen etwas anders aus, dunkler. Na ja, es soll wahrscheinlich nicht die Absicht sein, das Original zu erreichen, denn auch mit dem Schmätzchen-Spezialgewürz ist das nicht leicht. Ich kaufe mir einfach welche, direkt beim Feyler, wenn ich nach einigen Jahren in Kürze meine Heimatstadt mit meinen Enkeltöchtern besuche. 😉

  7. Argh… Ich gelobe, bei meinem nächsten Stadtgang Muster zur Aussendung in die Schweiz zu erwerben!

    Peter, bei uns gab es Schmätzchen, ZWEI Mark und dafür keine Bratwurst mehr.

  8. Schöne Schmunzelgeschichte von Euch! Liest sich auch sehr lecker, außer Zitronat brrrr. Das geht gar nicht! Aber ansonsten habe ich nichts gegen Plätzchenbacken im Sommer. Kekse schmecken doch immer, oder!? 🙂

  9. Lieber Robert,
    ganz herzlichen Dank und ein Küsschen symbolisch für Dich zurück.
    Du wirst es nicht glauben, aber im Hochsommer bekomme ich häufig Appetit auf Schokoweihnachtsmänner und Deine Schmätzle würden ausgezeichnet passen, außerdem in dem schönen Tütchen verpackt sieht es ja keiner, wenn man sie jetzt isst, wobei sie sich nicht verstecken müssen, schon gar nicht mit so einer hübschen Schleife.
    Super lieben Dank fürs Mitmachen 🙂
    Schöne Grüße aussem Büdchen
    Klärchen

  10. Das passt doch so gar nicht zur Jahreszeit – Christstollen bietet der Einzelhandel ja schließlich auch erst im August an 😉

  11. Es soll ja grade wieder kühl werden, da passen auch Adventsplätzchen. „Schmätzchengewürz“ ist mein Wort der Woche.

  12. Ein entzückender Engelkuss, da hastDu dir Mühe gegeben mit der Suche nach dem passenden Bild (aber das ist ja immer so bei dir). Wenn die Schmätzle dann auch so gut schmecken wie sie aussehen!

  13. Küssen ist zu jeder Zeit erlaubt! 🙂 Und gut so: Wir haben noch ein bisserl Zeit zum Üben für den Tag des Kusses am 6. Juli… 🙂

  14. Ach wäre ich doch eine Prinzessin, dann könnte ich mir bei dir auch so ein schönes Geschenk abholen!
    Danke für die schöne Geschichte! Gruß aus dem verregneten Norden Petra

  15. So eine interessante Geschichte! Das Internet macht eben doch schlau! Bei uns sind Schmätzchen das, was bei euch Meringue sind. Diese Sorte hier muss ich unbedingt probieren. Danke fürs Rezept.

  16. @zorra: bei Frau L. geklaut. Sie bügelt die gebrauchten Bändchen.

    @entegut: wir leiden unter unserm Ziegeldach wie einst die Gefangenen im Dogenpalast in Venedig in den Bleikammern. Dennoch wird hier eisern heiss weiter gekocht.

    @Peter: wenn ich das vorher gewusst hätte. Eine Mark haben wir bestimmt noch irgendwo herumliegen.

    @Marlyn: dunkler ? ich hab sie noch nie im Original gesehen. Wohl deshalb waren sie bei mir nicht so hart.

    @DerSilberneLöffel: nur weiter so, vielleicht bietet noch jemand 3 Mark 😉

    @Rosa: wir mampfen noch daran.

    @Hanne: mit Plätzchen eilts mir im Sommer gar nicht.

    @gourmet-büdchen: wollte beim event erst pausieren, bis ich gesehen habe, dass Du ihn durchführst.

    @bee: ich kann doch den Prinzen nicht verhungern lassen. Von dessen Apanage kann ja keiner leben.

    @Luxurious: er hat wieder nicht gebohrt und hätte schon deshalb eines verdient.

    @nesrin: liebe Grüsse zurück !

    @Petra Foede: Küsschen können ganz würzig schmecken, oder etwa nicht ?

    @Buchfink: Ich weiss es nicht, Du wohnst näher bei Coburg als ich 🙂

    @Elisabth: wiewowas ? Ertüchtigungsübungen sind meine Sache nicht. Bin unsportlich !

    @Petra aus dem Hinterhof: bitte bitte, nur ein klein wenig Regen für uns. Hier ist schon seit Januar Sommer.

    @Sylvia: bei uns heissen die kleinen Meringues auch baisers, Küsschen. Welcher Zufall 😉

  17. Ja so eine Überraschung! Herr L. bäckt Ende Mai Coburger Schmätzle nach unserem Hausrezept! In memoriam Victoria und Albert, wie lustig. Dass die „ehemalige Hofbäckerei“ ein Deputat Schmätzle an Willi und Kate geschickt hat überrascht mich nicht. Die haben auf den Seychellen sicher wunderbar gemundet 😉

    Danke für die Ehre, ich weiß natürlich auch, dass Basler Leckerli viel besser schmecken. 😉
    Wenn Du mir mal Deine Postanschrift mailst, kann ich Dir ein Packerl Schmätzlesgewürz zukommen lassen. Sie sollten übrigens wirklich etwas dunkler sein, vielleicht ist aber im Original Schmätzlesgewürz noch bissi Kakao, ich habs noch nicht analysiert.

    Schmätzle

    elettra

    PS: vielleicht blogge ich mal, wenn ich im Ruhestand bin, noch verlangt ein Basler Großkonzern meine Arbeitskraft, aber danke für das Lob aus berufenem Munde.

  18. PPS: so richtig gut sind sie tatsächlich im Sommer, wenn man im Keller noch Reste in einer vergessenen Dose findet! Da sind sie dann genau richtig. Die vom Hofbäcker Feyler enthalten viel zu wenige Nüsse und zu viel Mehl, gehen aber schon für den Export, ich hab sie auch schon erfolgreich nach Brasilien, Südfrankreich, Hamburg, Köln und Konstanz geschickt.

    Mich irritiert der Honigvorteig, der Monate im Keller lagert, woher hast Du diese Info?

    Und Deine Mengenangaben stimmen nicht ganz beim Schmätzlesgewürz. Die Packung für mein Rezept enthält ca. 3EL Gewürz (17g mit Tüte, eben nachgewogen) und 10g Hirschhornsalz (sieht aus wie etwa 3 TL) Hab ich da damals was falsches angegeben?

  19. Lieber Robert,

    wie soll ich das denn jetzt nachbacken? Weihnachtsplätzchen im Sommer, da würde mir Frau S. aber mein Sommerfell über die Ohren ziehen. Jetzt bin ich neugierig geworden und bis zum Winter habe ich es wahrscheinlich wieder vergessen. Ohje ohje.

    Es grüßt der verzweifelte

    Martin

  20. @elettra: 🙂 Mit dem Nuss-Mehl-verhältnis ist es bei den Basler Leckerli dasselbe. Die gekauften enthalten zuviel Mehl. In den Tiefen des Internets hatte ich etwas über diesen sagenumrankten Vorteig gelesen, weiss aber nicht mehr wo und ob das stimmt. Ich meine, ich hätte seinerzeit nur copy&paste gemacht, aber da ist man bei mir nie sicher. 3 Elf. Lebkuchengewürz wären mir zuviel gewesen. Wie das mit Schmätzchengewürz geschmeckt hätte, weiss ich nicht. Danke für das Angebot, es mir zu besorgen, die Hofapotheke hat Internetauftritt, ich hoffe, ich kann mir das bestellen.

    @Martin: In Nürnberg gibts die Lebkuchen auch im Sommer. Erdbeeren gibts auch zu Weihnachten, die Menschen können heute nicht mehr warten bis Saison ist, wollen alles jederzeit. Liebe Grüsse.

  21. Ok, das mit dem Vorteig habe ich jetzt auch gefunden, definitiv ominös bis nebulös. Was passiert, wenn man Mehl und Honig monatelang im Keller stehen lässt? Fermentationsprozesse undefinierbarer Genese, würde ich mich nie trauen. Und ich bin nicht pingelig bei so Dingen. Die Honigforschung überlasse ich derzeit meiner ältesten Tochter, allerdings auf anderem Gebiet.

    Ich bin mir dennoch ziemlich sicher, dass das Schmätzlesgewürz gut zur Hälfte aus Kakao besteht.

  22. Reblogged this on N'achACHTcafé und kommentierte:
    Wunderschöne Geschichte – dafür gibts auch von mir ein Schmätzle !!!
    Schönen 2. Advent
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