Die Cazzuola ist ein typisches Bauerngericht aus der Lombardei und dem Tessin. Auch die beim Bau des Gotthardeisenbahntunnels (1872-1882) beschäftigten Arbeiter haben es in ihren armseligen Baracken gekocht. Je nach Talschaft findet man das Gericht auch unter den Dialekt-Namen Cassoeula, Cazzöla, Cazzoeula, Cazzola, Cassoeura, Casöra. In der Regel handelt es sich dabei um einen deftigen Eintopf mit Schweinefleisch, Schweinswurst, Wirz, Karotten und Kartoffeln. Meist finden dazu die mindern Teile Verwendung, die nach der Mazza, der Metzgete, Ende Januar übrigbleiben, also Rippchen, Füsschen, Schwarte, Wädli, Schnörrli und Bauch. Heute werden auch teurere Stücke, wie etwa die Schulter verwendet. Jedenfalls ist das Gericht aus den Baracken der Tunnelarbeiter in die Küchen der Urner Hausfrauen gelangt und hat im Kanton Uri Wurzeln geschlagen, leicht verändert, insofern gerne geräuchertes, gesalzenes Fleisch dazu verwendet wird.
Die Cazzuola wird auch hier in einer Cassolette (in lombardischem Dialekt: cassiroeula) serviert. Von dieser feuerfesten Form dürfte wohl auch der Name dieser Spezialität stammen, obwohl ich auch schon gelesen habe, dass der Name von cazzuola, der Maurerkelle stamme. Maurerkelle als Rührlöffel ? Pazzo !
Ich habe das Rezept von Marianne Kaltenbach aus der Ächti Schwizer Chuchi auf frühlingshaft light getrimmt. Wirz statt Kabis. Weisswein statt Rotwein, weniger Fleisch. Schliesslich regnet es draussen Frühling und uns fröstelt. (Donnerstag, 11. April)

Zutaten
Vollmahlzeit für 2 Personen
250 g geräuchte Schweinsrippli (Kasseler)
1 Elf. Olivenöl extra
1 Zwiebel, geschält und gehackt, 80 g
2 kleine Knoblauchzehen, geschält, angequetscht
1 kleiner Wirsing, 250 g
80 g Karotten, geschält und in Rädchen geschnitten
1 Stange Staudensellerie, in kleine Stücke geschnitten
1 Scheibe Sellerieknolle, geschält und in kleine Stücke geschnitten
10 cm Lauchstängel, in 2 cm dicke Scheiben geschnitten
1 dl Weisswein
2 dl Gemüsebrühe
4 Kartoffeln, 180 g, geschält, in Würfel geschnitten
Salz, Pfeffer aus der Mühle, Muskatnuss, frisch gerieben
Zubereitung
(1) Sehr salziges Fleisch bei Bedarf 2-3 Stunden in kaltem Wasser wässern, auf Küchenpapier trocknen. In Ragoutstücke schneiden.
(2) Wirz entblättern, in kochendem Salzwasser 2 Minuten blanchieren, kalt abschrecken, abtropfen in 2 cm Streifen schneiden.
(3) Die Fleischstücke in Olivenöl anbraten, Zwiebeln und Knoblauch zugeben, kurz andünsten. Karotten, Lauch und Sellerie zugeben, mitdünsten und mit dem Wein und der Brühe ablöschen. Gut würzen. Zugedeckt ca. 30 Minuten kochen. Kartoffeln zugeben und nochmals ca. 10 Minuten offen weiterkochen, bis die Kartoffeln beinahe gar sind. Zum Schluss den in Streifen geschnittenen Wirsing zugeben und weitere 3-4 Minuten kochen. Der Saft soll bis auf etwa 30 ml eingekocht sein.
Wer Lumbard (lombardischen Dialekt) spricht, kann hier das Originalrezept nachlesen:
1200 g de verz (che han toeu ona giazada);
400 g de costaioeur de porscell;
200 g de codegh de porscell;
1 pescin de porscell;
8 verzitt;
50 g de scigoll fettaa;
50 g de carotol a daditt;
50 g de zeller a daditt;
25 g de butter.
Saa.
Und ich dachte schon, Du postest heute nicht! Aber da! Sechs Uhr… Ein Uri-ges Gericht. Und Marianne Kaltenbach ist erwähnt. Die auch ein vegetarisches Kochbuch geschrieben hat. Weit vor Ottolenghi. Von dem ich jetzt gar nicht anfangen wollte, aber es ist passiert: Ich hab mir den Ottolenghi kaufen müssen! Und ich bin restlos begeistert!!! Aber das nur nebenbei. 😉 Herzliche Grüße!
Eintöpfe mag ich sehr gerne!
Und wenn uns auch nun groß der Frühling angekündigt wurde, bleibt bei uns weiterhin gut Kohl auf dem Tisch. Es dauert immer noch, bis Bohnen, Erbsen – ja selbst der Spargel überzeugt mich bisher nicht… – soweit sind.
Bei einem derart hohen Anteil an Flüssigsonne braucht es einfach einen deftigen Ausgleich. Sonst fallen wir bis zum Leipziger Allerlei vom Fleisch 😉
Eigentlich habe ich ja inzwischen die Nase voll vom Kohlgemüse. Aber, wenn es so frühlingshaft daherkommt, könnte ich glatt nochmal schwach werden….
That looks good. A great dish. Perfect when it’s raining outside and the weather is sad….
Grüsse,
Rosa
Ein wunderbares Gericht! Wirz ist immer gut und auch gerade in den Arbeiterküchen, die in sich verwandt sind, immer wieder dabei.
Toettchen
Im Tessin begegnet einem die Cazzöla, wie sie hier genannt wird, in den traditionellen Restaurants noch sehr häufig. Deine frühlingshaft-leichte Variante gefällt mir wesentlich besser als die doch sehr deftigen Original-Versionen.
„es regnet Frühling“ … das hast Du schön gesagt und den Eintopf wunderbar auf „light“ (Licht?) getrimmt 😉
Liebe Grüsse aus Zürich,
Andy
Sieht richtig gluschtig aus… wäre nett wenn es heute Mittag fix-fertig auf dem Tisch dampfen würde!
Liebe Grüsse
Brigitte
@Sugarprincess: ich habe bloss dieSommerzeit im PC nicht umgestellt. Es gibt noch eine Rezeptseite im Internet von Ottolenghi. Dort hats ach ein paar brauchbare Rezepte darin.
@Micha: Ein eigenartiger Hype, der von den Gemüsehändlern kräftig geschürt wird. Wir können auch warten, bis die Ware freiland auf den Tisch kommt.
@bee: in einer 1 Liter Flasche Barbera steckt einiges an Sonne. Das ist der einzige, zum Gericht passende Wein. Damit lassen sich sogar die Krebse im Leipziger Allerlei runterspülen.
@magentratzerl: daswar mein erster Kohl diesen Winter, ich hinke allem hinterher.
@Rosa Mayland: on sunday spring will begin.
@Toettchen: aus einfachen Zutaten etwas Gutes zu kochen, ist ebenso anspruchsvoll, wie wenn man nur mit teuren Zutaten kocht.
@Ti saluto Ticino: hab ich noch nie auf einer Speisekarte gesehen, aber wir essen ja auch weniger im Tessin, als ihr 😉
@lieberlecker: einfach etwas überbelichten, dann wird es licht. Aber heute Morgen scheint wieder die Sonne über Basel.
@Brigitte: vielleicht hats ja in der Kühle noch ein Rippli 😉
Liegt das an der Sonne … oder an Ereignissen von gestern Nacht 😉
Andy (derGCFandersichauchgefreuthat)
Ach Robert, bei Dir kann man einfach immer was lernen…! Trotzdem ist das Eintopf-Wetter jetzt hoffentlich vorbei und es regnet mal ein paar Sonnenstrahlen herab.
Ein schönes Wochenende!
Em
Sowas haben wir auch. Ich überlege noch…