Warum ein notorischer Risotto-Esser wie Herr L. sich ausgerechnet eine Schachtel Bomba-Reis einkaufen muss, kann ich nicht mehr beantworten. War es der Artikel von Wolfgang Fassbender in der NZZ: „Der beste Reis der Erde?“ oder eher das schicke Design der Schachtel?
Wie immer auch, die edle Reis-Kartusche liegt seit Monaten ungekocht im Schrank, versperrt Platz und hat mittlerweile ihr „best before“-Datum erreicht. Eine richtige Paella Valenciana mit all dem Meeres-Gekröse isst mir Frau L. nicht. Also gibts eine vegane Paella Ottolenghiana. Das Originalrezept kann man im guardian bei Yotam nachlesen, bzw. viel bequemer auf Deutsch bei Micha Grain de Sel oder ebenso schön fotografiert bei Chilirosen. Ottos Aromen-Eintopf-Kuddelmuddel gefiel mir jedoch nicht ganz, deshalb kochte ich meine eigene Version mit separat gegartem und gewürztem Gemüse: aufwendiger und unter Einsatz aller verfügbaren Öfen, Töpfe und Pfannen. Die freuten sich auch wieder mal, benutzt zu werden.
Zutaten
1 grosse handvoll Datterini-tomaten
1 Elf. Orangenöl
1 Tlf. Thymianblättchen
3-4 Elf. Olivenöl
1 mittlere Schalotte, in feine Streifen geschnitten
2 Knoblauchzehen
2 Lorbeerblätter
2 Prisen Pimentón de La Vera
1/2 Tlf. Kurkuma
Prise Harissa
150 g Rundkornreis (L.: La Bomba, Tartana)
100 ml Sherry
1 Tlf. Safranfäden (L. der sparsame Hausvater nimmt ein paar Fäden und eine Msp. Pulver)
450 ml Gemüsebrühe (L: aus Bio-Paste)
Meersalz, weisser Pfeffer
1 rote Paprika
1/2 gelbe Paprika
1/2 kleine Fenchelknolle
1 Schuss Pernod
200 g dicke Bohnen, enthülst, blanchiert und Kerne aus der Haut gepellt
3 Blättchen Orangenminze
3 kleine Artischocken
1 Knoblauchzehe, zerdrückt
1 Schuss Weisswein
15 andalusische Oliven Cornicabra (Aceitunas Losada), ja, heute koche ich spanisch 😉
2 Elf. Petersilie, grob gehackt
4 Zitronenspalten (L.: weggelassen)
Die Zutatenliste ist etwas länger geworden, aber zu 90% noch original.
Zubereitung
(1) Die Tomätchen kreuzweise einschneiden, ca. 1 min in kochendes Wasser legen bis die Haut platzt, dann kalt abschrecken und schälen. Mit dem Orangenöl und den Thymianblättchen mischen und im Ofen ca. 90 Minuten bei 100°C Umluft confieren.
(2) Die Paprika den Einbuchtungen entlang aufschneiden und von Stielansatz, Samen und Scheidewänden befreien. Mit wenig Olivenöl besprenkeln und 20 Minuten unter den Grill (240°C) legen. Herausnehmen, nach dem abkühlen schälen und beiseite stellen. Oder gegrillte Paprika vom Vortag verwenden.
(3) Schalotte in Streifen, Knoblauchzehen in Scheiben schneiden. Die Artischocken rüsten, vierteln und in Zitronenwasser zwischenlagern. Fenchel in grobe Streifen schneiden.
(4) 2 Elf. Olivenöl in einer Pfanne erhitzen und die Schalotte darin 5 min sanft andünsten. Den Knoblauch zugeben und 1 min weiter dünsten.
(5) Die Lorbeerblätter, das Paprikapulver, Kurkuma und Harissa hinzugeben und gut unterrühren. Den Reis zufügen, 2 min weiterrühren, danach den Sherry sowie den Safran zugeben. 1 min aufkochen lassen, dann die Gemüsebrühe zugeben. Ggf. salzen. Auf möglichst niedrige Temperatur schalten und etwa 20 min sehr sanft garen, bis der Reis die Flüssigkeit fast vollständig aufgenommen hat. Wie Micha hab ich einen Deckel aufgelegt. Bei Halbzeit habe ich ein einziges Mal umgerührt.
(6) In der Zwischenzeit den Fenchel in einem Schuss Pernod weich dünsten, salzen, peffern.
(7) Die dicken Bohnen in wenig Zitronenöl und ein paar gehackten Blättchen Orangenminze aufwärmen. Salzen.
(8) Die gegarten Peperoni in Streifen schneiden.
(9) Die Artischockenviertel in etwas Olivenöl mit einer zerdrückten Knoblauchzehe und Thymian anbraten. Salzen und pfeffern. Einen Schuss Weisswein anschütten, Deckel auflegen und bissfest garen.
(10) Am Ende der Garzeit den Fenchel, die Artischocken, die Peperoni und die dicken Bohnen vorsichtig unterrühren. 2 min weiter auf kleinem Feuer belassen, dann den Herd abstellen, Deckel auflegen und 5 Minuten ruhen lassen. Vor dem Servieren die Petersilie und die Oliven darüber streuen.
Herrlich, wie man die Komponenten alle individuell herausschmeckt: den Fenchel, die Peperoni, die Oliven, die Artischocken, die Fave, die ???Tomätchen??? Wo sind die Tomätchen??? Vergessen, die stecken noch im Ofen. Nochmals ein letztes Foto vom bereits angegessenen Teller, damit alles seine Richtigkeit hat.
Herrlich, wie du aus jedem Rezept die Geschmacksknoten bis zum Anschlag kitzelst!
Bei der Überschrift dachte ich noch, das Rezept kennst du doch. Beim Anblick deines Tellers wurde schnell klar: Rober kochst seine eigene Suppe 🙂
Fragen bleiben: nachkochen? Und braucht der Garten vielleicht eine Orangenminze?
Die eigene Suppe schmeckt immer am besten 😉
Nachkochen? wir Kochblogger kommen ja kaum dazu, etwas zweimal zu kochen.
Orangenminze: muss nicht sein, der Minzgeschmack ist nicht so stark ausgeprägt, dafür leichte Orangennoten. Steht jetzt halt als Alleinminze auf dem Fensterbrett. Im Winter wird sie ins Juragärtchen zu den andern Minzen verbannt.
Du meine Güte, ich hätte noch etwas wacher werden sollen: ich bitte um Entschuldigung ob der Verstümmelung deines Namens. Ich kaufe daher ein *t* für deinen vollen Namen *Robert* dazu, und verbessere *Geschmacksknoten* zu *Geschmacksknospen* – der ursprünglich gemeinten Bedeutung… Schlimm.
rober klingt doch schon beinahe französisch 😉
Ein ganz leicht orientalischer Ratatouille-Paella-Crossover. Der kommt auch ohne Krabbe und Krebs aus
man kocht halt, was gegessen wird 😉
Jetzt mal im ernst: Du schreibst von einer Prise Harissa. Harrissa kenne ich nur als Paste – oder gibts das auch pulverförmig?
liebe Grüsse vom Muger
als Maghreb-Kenner bist Du mit der Paste schon richtig, die enthält noch Olivenöl und Knobli. Für die Touristen mischen die Gewürzhändler auch Pulver. Da ich das Zeug nur einmal im Jahr brauche, hält es sich besser.
Die Orangenminze hätte ich da und das Gericht wurde auch hier schon einmal gekocht, war allerdings so unfotogen, dass ich es auf die Halde gelegt habe. Dein Teller schaut hingegen sehr verführerisch aus!
Ottolenghi-Gerichte sind meist nicht sehr fotogen.
Alle Pfannen und Töpfe gleichzeitig gebraucht? Dir scheint es wieder gut zu gehen 😉
Ein leckeres Rezept, auch schon vor dem Frühstück!
Liebe Grüsse aus Zürich,
Andy
Wenn ich an die angebrauchten Pfannen im Schüttstein denke (wieso Stein, der ist doch auch Chromstahl?) , waren es tatsächlich alle.
Lovely flavours. This paella is very original and surely extremely scrumptious.
Grüsse,
Rosa
so originally, as a recipe can be, after all the interventions by Mr. Ottolenghi and myself 🙂
Das Kaufen nach Design ist mir seeehr vertraut! Und es locken immer wieder so schöne Tee-Salz-Gewürz-und-was-weiß-ich für Packungen, daß ich regelmäßig darauf reinfalle…..
Aber Du hast ja das beste daraus gezaubert. Du könntest mir mal einen Teller rüberlangen – aber bitte mit Tomätchen 😉
bin ja froh, dass ich nicht der einzige bin, der für schönes Design tiefer in die Taschen greift.
Ein Rezept, dass zu Herzen geht. Enorm viele Feinheiten die es verlockend machen. Und mich juckt es schon länger in den Fingern den „La Bomba“ zu kaufen. Ich glaube, dass ich demnächst zu Schwarzenbach muss.
Deswegen würde ich nicht extra nach Züri fahren.
heute auch auf eine schicke verpackung (carnaroli-reis in seidenmattes schwarz gehüllt) hereingefallen
aber zurück zur paella: schaut so schön aus + ich mag die kombi aus so vielen verschiedenen aromen
vielleicht sollte ich auch einmal von nigel slater zu yotam schauen?
viele grüsse aus dem sommer den wir einfach nur geniessen
Carnaroli wird auch gerne als Luxusobjekt vermarktet. Mal sehen, ob der Sommer bei uns noch zu geniessen ist, bei den angesagten hohen Temperaturen. Auf eurer Höhe ist er naürlich viel angenehmer ausuhalten, als in der Stadt
Lieber Robert, eine richtige, echte Paella Valenciana enthält NIEMALS Meeres-Gekröse, sondern nur grüne Bohnen, weisse, flache Bohnenkerne, evtl. rote Paprikaschote und je nach Saison auch Artischocken sowie Huhn und Kaninchen….Deine „Paella“ würde man in Spanien arroz con cosas (Reis mit Sachen) nennen…..sie ist ein typisch englisches Produkt. Arroz bomba ist zwar ein Paellareis, er wächst bei Valencia, aber keineswegs der beste (Paella)Reis der Welt. Da gibt es weitaus bessere Sorten. Ich würde das ein Reisgericht à la Ottolenghi nennen, aber nicht Paella. Dass es geschmeckt hat, kann ich mir nur halbwegs vorstellen, denn die Mischung von Pimentón de la Vera, Curcuma, Harissa und Safran eine wahre Gewürzkakophonie zu sein scheint…und dann noch Pernod UND Sherry????
Das kannst Du in Spanien bestimmt besser beurteilen als ich hier, der noch nie im Leben eine Paella (egal ob richtig oder falsch) gegessen hat, noch je Spanien besucht hat. Paella Ottolenghiana klingt in meinen Ohren jedenfalls viel besser als arroz con cosas después Ottolenghi.
Damit es immerhin halbwegs schmeckt, muss man die Zutaten eben getrennt kochen und erst am Schluss locker vermischen. Ich werde das wieder mal kochen. Die andere Hälfte interessiert mich auch noch.
Einen ganzen Esslöffel Orangenöl? Das ist dann Olivenöl mit Orangenaroma, oder?
Die Gewürzkombination ist einmal quer durch, das klingt so wagemutig, dass es nach Nachmachen schreit!
Olivenöl mit Orangen zusammen gepresst. Nicht das Orangenöl, das in der Parfumerie verwendet wird.
Ottolenghi in Ehren, aber ich habe das Rezept schon ein paar Mal im Buch beäugt und jo… ich mag Paella eben gerade wegen dem leichten Fischgeschmack und am besten noch mit Kaninchen- oder Pouletschenkeli mit knuspriger Haut.
Beim Hiltl gibts, wenn ich mich nicht täusche ja auch eine Vegi-Paella… Ach… isch okay, aber besser mit 😉
Meeresgekröse, Kaninchen, Huhn: alles tabu in der Heimküche.
wunderbar…Otto toppen, ich bin bin beeindruckt. Gekröse ist auch nicht so mein Fall, und Paella eigentlich auch nicht. Aber als Non-paella und stattdessen Kompenenten-Satzbaukasten, sollte ich es vielleicht doch einmal probieren?
Hallo,
ich habe mich an das Gewürzdonnerwetter herangetraut und gestern gekocht. Ja, viele Töpfe werden gebraucht und die Anzahl der Gewürze ist schon beeindruckend. Es ist ein nettes Gericht, mehr aber auch nicht. Erstaunlicherweise löschen die Oliven etwas den Ansturm auf die Geschmacksknospen – die sollten also auf keinen Fall fehlen.
In Anlehnung an bekannte Paella mit Meerestierchen, die ich allerdings nicht sonderlich gerne mag, gab es dazu eine knusprig gebratene Dorade. Alles wurde mit einem kühlen Rosé runtergespült. Gericht und Wein sorgten für einen gelungenen Abend!