Le jardin de Mme H. oder die Vorfreude auf Auberginen

Le jardin

Gross ist ihr/unser Garten tatsächlich. Nicht nur gross, sondern auch schön. Doch Schönheit hat ihren Preis. Und der heisst Pflege. Und Pflege bedeutet Arbeit. Schon nur der stete Kampf gegen die Verwilderung. Bändigung der Starken. Verschaffen von Wettbewerbsvorteilen für Schwache. Umgraben. Stopfen von Löchern. Aussäen. Umtopfen. Setzen. Versetzen. Trimmen. Wässern. Dezimieren der Nacktschnecken. Fördern von Nützlingen. Lüften und Beschatten des Gewächshauses. Und letztlich die Freude, wenn trotz alledem etwas wächst.

Hier ein paar Bildimpressionen aus den wenigen, sonnigen Tagen im Frühsommer. Im Gemüsegarten reifen die Cime di Rapa zur Gewinnung neuen Saatgutes.

Die Bach-Nelkenwurz, Geum rivale, die sich über das nasse Jahr freut.

An lauen Frühsommerabenden wirkt der Garten verwunschen und zauberhaft.

Die anspruchslose, frühblühende Prärielilie, Camassia cusickii, erfreut kälteklamme Bienen und Hummeln

Wochen später ist die Gartenbank von Blumen eingehüllt. Links der Bank Astrantia major (Sterndolde), oben blüht eine weisse Rosa multiflora. Blau-violett ein Prachts-Storchenschnabel, Geranium x magnificum.

Tomaten, Auberginen und Chili bleiben im südlichen Klima des Gewächshauses.

Und schon geht der Schlangenknoblauch (Rocambole) der Reife entgegen. Etwas milder als der normale Knoblauch

Nebenbei im Wald Sommersteinpilze suchen (Frau H. findet sie mit sicherem Blick, ich trage den Pilzkorb). Hier ein wunderschönes Exemplar.

Dieweil wuchert der Garten hinter dem Haus dem Himmel entgegen. Im Hintergrund der Walnussbaum, vorne die blassgelben, überhängenden Blütenstände des männlichen Wald-Geissbarts, Aruncus dioicus.

Der gute Hirte

Soviel Garten ist für mich Neuland. Im Moment beschränke ich mich aufs Grobe: Boden lockern. Gras mähen. Kompost ansetzen. Auberginen im Gewächshaus giessen sowie die Leih-Schafe hinter dem Haus bei Fress-Laune erhalten.

Die bemoosten Helden der Arbeit stehen derweil stumm im Garten herum und gucken der werktätigen Bevölkerung beim Arbeiten zu.

Und ab und an koche ich etwas einfaches, wie hier die klassischen, gefüllten Auberginen. Mit gekauften, die eigenen lassen noch auf sich warten.

Melanzane alla scarpunciello

Zutaten und Zubereitung

für 2 Personen
2 kleine Auberginen, je ca. 350 g
ca. 250 g gute Cherry Tomätchen, Haut geschält
4-6 Sardellenfilets (in Olivenöl), gehackt
2 Zehen Schlangenknoblauch, gehackt
2 EL Salzkapern, gut gewässert, zerdrückt
1 kleiner Bund Basilikum, die gezupften Blätter
2 TL Origano, getrocknet
20 schwarze (ungeschwärzte) Oliven (L.: grüne)
weisse Brotbrösel nach Bedarf (L.: Panko)
Olivenöl
Salz, nur falls nötig, die Kapern und Sardellen bringen genug mit
schwarzer Pfeffer

(1) Backofen auf 180°C UL vorheizen. Auberginen längs halbieren und mit Olivenöl einstreichen, das Innere kreuzweise einschneiden, würzen. (mit Salz vorgängig zu Entwässern ist bei den heutigen Züchtungen überflüssig)
(2) Auberginenhälften Hautseite nach unten ca. 20 Minuten backen.
(3) Tomaten in heissem Wasser brühen, schälen und halbieren, Salzkapern und Sardellen entsalzen, Oliven entkernen und hacken. Basilikum zupfen.
(4) Fruchtfleisch der gebackenen Aubereginen mit einem Löffel herauskratzen, ohne die Schalen zu beschädigen und würfeln.
(5) Auberginenfleisch mit den gehackten Sardellen und dem Knoblauch in wenig Olivenöl anbraten, 2/3 der Tomatenhälften, Origano, Oliven und Kapern zugeben, mischen und unter Rühren etwas einköcheln. Zuletzt die restlichen Tomatenhälften und den Basilikum untermischen.
(6) die Füllmischung in die Auberginenschiffchen füllen. Mit Brotbröseln bestreuen und mit Olivenöl beträufeln.
(7) Im Ofen bei 180°C ca. 15 Minuten backen.


„a scarpone“ oder neapolitanisch „alla scarpunciello“ bezieht sich übrigens auf den Hausschuh einer Madonna des Mittelalters. Gemäss einer Legende verlor die Madonnenstatue ihren Schuh bei einem Spaziergang am Strand, weswegen ihr eine Kirche gestiftet wurde, die heutige „Maria di Piedigrotta“. Die Legende diente im 17./18. Jahrhundert als Vorlage für das Märchen „Cendrillon“ (Aschenbrödel) von Charles Perrault. Und immer wenn ich bei Aschenbrödel bin, komme ich auch zu La Cenerentola: man höre und sehe sich doch gleich die hinreissende Cecilia Bartoli mit ihrer virtuosen Arie „Non più mesta“ an: Das hat zwar mit dem Garten der Frau H. nichts mehr zu tun, ich bin einfach wieder einmal vom Hundersten ins Tausendste geraten. Vom Garten zu den Auberginen, von diesen über den verlorenen Schuh einer Madonna zu Aschenbrödel und letzlich zu einer Primadonna.

Quellen:
Napoli.Time.it

31 Kommentare zu „Le jardin de Mme H. oder die Vorfreude auf Auberginen“

  1. Was für ein Traum von einem Garten und du als Schäfer mittendrin – ein ganz anderes, neues Leben für dich. Schön!
    Aus jedem Wort, aus jedem Bild erkennt man deine neu gewonnene Lebensfreude – ich kann gar nicht in Worte fassen wie sehr mich das für dich freut.
    Liebe Grüße an euch zwei
    Eva

    1. Danke, liebe Eva, derzeit trieft der Garten zwar von Nässe und in Basel drückt der Rhein wieder einmal in das Kellergeschoss. Aber sowas bringt mich nicht mehr aus der Ruhe. Die Sonne wird sich wieder durchsetzen und uns und den Garten wärmen. Herzlich, Robert

  2. Besonders beachten: Rezept am Ende mail Mellanzane

    Von meinem iPhone gesendet

    >

  3. leben in seiner schönsten form und du mittendrin-das freut mich☺️.
    das pilze 🍄 finden, ist für mich immer ein unglaubliches glückserlebnis. bis jetzt gab es davon einige😃.
    👋🏼❤️🐝👑🐶

    1. Bislang kannte ich nur kleine Gärten. Da sitzt man auch mittendrin nahe am Rande. Hier ist rundum Grün und doch nicht einsam. Mit wenigen Schritten ist man in einem der Wälder -ohne Auto-. LG

  4. Verwunschen ist der perfekte Ausdruck für diesen Garten.
    Zu meinem Elternhaus gehörte auch ein grosser Garten. Die Hälfte war Nutzfläche (mit viel Arbeit), die andere Hälfte unser Spielbereich. Da gab es auch total zugewachsene Stellen, aber ich kannte mich aus. Im Frühjahr ein kleiner Hügel voller Schneeglöckchen, später im Jahr fielen viele Birnen vom riesigen Birnbaum, zur Freude der Wespen und anderem Getier, wir Kinder lernten, vorsichtig zu sein. Den Geruch dieses Gartenteils kann ich heute noch abrufen: grün, grün, grün.

    ich freue mich sehr für Sie, Frau H. und Ihre wiedererwachte Lebensfreude, hoffe auch, dass die Vierbeiner nicht zu sehr von den Zecken gefunden werden.
    Gruss vom Oberrhein von Irmgard

    1. Für mich ist es die erste Erfahrung mit einem grossen Garten, ein kleiner Nutzgarten aber vielen seltenen einheimischen Zierpflanzen. Kein Spaziergang im Wald ohne Zecken. Beide Hunde sind zwar im Moment zeckenfrei gemacht wegen unserer Ferien im Vercors. Aber die Wirkung dauert nur noch ca. 6 Wochen.

    1. Arbeit wird nur dann beschwerlich, wenn man keine Freude daran hat. Nichtstun & Geniessen ist momentan ein wenig verschoben auf trockenere Zeiten. LG, Robert

  5. Lieber Robert, Dein Rezept kam heute zur rechten Zeit, da ich alle Zutaten dafür zu Hause hatte – und eben habe ich die geliebte Aubergine mit Genuss verspeist.
    Ansonsten wünsche ich Dir, dass nach der Plackerei die Freude über all diese schönen Gewächse überwiegt.
    Liebe Grüße
    Renate – alias Zizibe

    1. Der Garten ist ja sozusagen schon fertig geformt und ich sitze ins gemachte Nest. Plackerei ist es deshalb nicht, wenngleich sich an manchen Ecken Änderungen und Vereinfachungen aufdrängen.

  6. Erneut danke für den Beitrag!

    Sieht entspannend, idyllisch, beruhigend und romantisch mit Platz für Insekten und Vögelnester aus! Viel weiteres Glück – und weiter so!

    1. Das ist das Ziel dieses Gartens: Die Ökologie im Kleinen wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Im Moment haben zwar die Schnecken die Oberhand gewonnen, mal sehen, wer mehr Geduld hat 😉

  7. Ach ja, einen zu großen Garten haben wir auch. Inzwischen kann icb mit Verwilderung ganz gut leben. Ab und zu kommt ein starker Mann mit Motorsense, dann sieht es wieder ganz manierlich aus. Und das Wilde ist ja auch toll, wenn man sieht, wie viele Insekten sich daran erfreuen. Themawechsel: die Auberginen müssen dringend nachgebastelt werden.
    Herzlichen Grüße

    1. es ist richtig interessant zuzusehen, wie sich die Natur im Gleichgewicht durchsetzt. Erst saugen sich die Blattläuse an den Pflanzen voll, dann werden sie von den Marienkäfern gegessen und verschwinden wieder.

  8. Wunderschön, ach, lieber Robert, ich freue mich so sehr für Dich, für Euch! Ich sehe Dich gut aufgehoben! ❤

  9. So schöne Fotos, der Steinpilz, Erinnerungen an Cecilia Bartoli im Kloster Eberbach. Gestern das erstemal Kapern in Salz gekauft. Das Rezept wird nachgekocht
    Das Wasser hat hier, garnicht weit von uns viel Unheil gebracht. Unvorstellbar! Ihnen alles Gute und viele Grüsse aus dem Taunus. Rosemarie

    1. Bis vor Kurzem meinten wir, alles unter Kontrolle zu haben. Wie wenig wir kontrollieren können.Als Rheinanwohner hatten wir diesmal Glück. Ausser Grundwasser im Keller keine weiteren Schäden. DIESMAL.

  10. Ach, wie schön: das Geum, die Garten- und Weideeindrücke, das Rezept, das mich erinnert, wenn ein kühlerer Tag kommt, Imam bayildi zu kochen, ähnlich, aber rein pflanzlich. Und dann noch Cecilia Bartoli, Ohrenschmaus und Augenweide zugleich. Danke für all diese Freuden, die du so freigebig teilst. Und habt einen guten Sommer, p.

    1. Der Sommer soll uns ja noch bevorstehen. Wir wären alle froh um etwas mehr Wärme. Doch wollen wir zufrieden sein. Jeder Tag bringt wieder neue Freuden, welche die kleinen Widrigkeiten überstrahlen. Liebe Grüsse!

  11. So kommt man zu einer tragenden Rolle, aber was tut man nicht alles, damit man zur Bartoli kommt…

    1. auf tragende Rollen dürfen wir in unserm Alter nicht mehr hoffen. Wenigstens hat Rossini unsereinem den einen oder andern komischen Alten auf den Leib geschrieben. Die Bartoli sorgt für Begeisterung, wir hingegen sind Ziel für Spott und Schadenfreude 🙂

  12. Da passt einfach alles: Der Zaubergarten samt gutem Hirten, Hauptgewinn und Rezept. Alles wirklich zum Freuen. Wie schön ist das auch für die Lesenden! Möge es lange, lange so bleiben. Herzlich, Sunni

  13. „Das Leben beginnt mit dem Tag, an dem man einen Garten anlegt.“ – passt dieses -ich meine chinesische – Sprichwort nicht auch zu dir / euch? Es gibt ja eine ganze Reihe Sprichwörter, die letztlich alle einen ähnlichen Sinn haben, nämlich dass im Garten und Gärtnern wohltuende und heilende Kräfte und Prozesse liegen…. und auch viel Arbeit und Schweiß… Euer Auberginen Rezept hat uns vorzüglich geschmeckt. Viele Grüße von Hannah

    1. Bis bei uns die Tomaten reif sind, werden sie einem zu Tiefstpreisen nachgeworfen. Es muss also ein anderer Grund sein, der den Menschen dazu treibt, einen Gemüsegarten anzulegen. Liebe Grüsse

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