Frondienst in unserer Biogemüse-Cooperative. Sauerkraut statt Zucchini. Der letzte Samstagmorgen im Oktober war kalt und verregnet. Die noch offenen Arbeitsstunden mussten abgeleistet werden. Als unqualifizierte Sauerkrautlaien wurden Frau H. und ich der Kohlkopf-vorbereitungstruppe zugeteilt: Mit klammen Fingern 3 Stunden grüne Blätter abschälen (da helle Blätter leichter fermentieren). Danach die Kohlstrünke mit einem Spezialmesser herausschneiden, bzw. herausdrehen.

Die vorbereiteten Kohlköpfe wurden von der höher qualifizierten Kohlkopf-Hobeltruppe anschliessend fein gehobelt.
Das Kraut anschliessend vom obersten Sauerkrautwägemeister gewogen, mit genau dosierten Mengen an Salz, Kümmel und Wacholder gewürzt und satt in Kunststoff-Bidons gestampft. Das macht das Kraut weich, gibt Saft und entfernt Luft aus der Masse. Zuletzt wurde mit runden Brettern abgedeckt und mit Steinen beschwert und 2-3 Wochen fermentiert.

Stundenlang grüne Blätter von den Kohlköpfen schneiden und danach die Storzen herausschneiden führt zu viel Abfall. Eigentlich zu schade für den Komposthaufen.

Wir füllten eine Einkaufstasche mit Abfall, darauf hoffend, das uns zuhause schon eine Verwertung einfallen werde. Wenn nicht, bliebe immer noch der heimische Komposthaufen. Frau H. dachte an einen Gratin, ich an eine Suppe. Während der Kochvorbereitungen einigten wir uns auf Kohl-Abfall-Lasagne. Mit meiner eigens dazu erfundenen, genialen, mehlfreien Kohlcrème als Béchamelsaucenersatz.
Kohl-Abfall-Lasagne

Zutaten und Zubereitung
Menge für 8 Portionen
1 kg Kohl-Strünke (von etwa 30 Kohlköpfen) für die Béchamel und einige grosse, grüne Kohlblätter als Lasagneblätter, alles vor der Kompostierung „gerettet“.
für die „Béchamel“:
Kohlstrünke
1 Zwiebel, gehackt
3 Knoblauchzehen, gehackt
Olivenöl
1 dl Sherry, trocken
1 gehäufterTL Fenchelsamen
1/2 TL Muskatnuss gerieben
weisser Pfeffer
2 Lorbeerblätter
Meersalz
40 g Parmesan, gerieben (L.: Puschlaver Bio „San Carlo“, 3 Jahre gelagert)
für die Soja-Bolo:
150 g Bio Soja-Schnetzel
1 TL Gemüsebrühe pulver oder 1/2 Würfel
3 EL Sojasauce
2 EL Olivenöl
1/2 Zwiebel, fein gehackt
2 Knoblauchzehen, fein gehackt
3 Peperoncino, fein gehackt
3 dl Tomatenpassata [korr. 04.12.21]
Meersalz
schwarzer Pfeffer
für den finish:
Kohlblätter
80 g Parmesan oder anderer Reibkäse
3 Stangen Staudensellerie, Fäden abgezogen

„Béchamel“:
(1) Kohl-strünke putzen, zähe, faserige Stellen entfernen. Storzen in Scheiben schneiden.
(2) Zwiebel und Knoblauch in Olivenöl glasig dünsten, die Kohlstorzen zugeben und mitdünsten. Ablöschen mit Sherry, Alkohol einkochen.
(3) 5 dl Wasser und die Gewürze zugeben und zugedeckt weichkochen.
(4) Im Standmixer zu einer feinen, weissen, dicken Crème mixen. Parmesan untermixen. Abschmecken.
Sojabolo:
(5) Gemüsebrühpulver und Sojasauce in 1.8 dl warmem Wasser anrühren und Sojaschnetzel darin während 5 Minuten quellen lassen.
(6) Olivenöl in einem Topf erwärmen. Zwiebel, Knoblauch und Peperoncino darin andünsten. Sojaschnetzel zugeben und 5 Min. weiterdünsten.
(7) Passata, Salz und Pfeffer zugeben und ca. 15 Min. auf kleinster Stufe offen einköcheln lassen.
finish:
(8) ca. 10 Kohlblätter 2 Minuten im Dampfgarer bei 100°C weich garen. Dicke Blattrippen wegschneiden.
(9) Staudensellerie fein würfeln, in wenig Olivenöl andünsten, salzen
(9) Eingebutterte Lasagneform mit Kohlblättern auslegen. Abwechselnd mit Schichten aus Kohlbéchamel und Sojabolo mit Parmesan ausstreichen. Schichten mit ausgelegten Kohlblättern trennen. Oberste Schicht: Kohlcrème mit Parmesan und Staudensellerie bestreut.
(10) 30 Minuten im vorgeheizten Backofen bei 200°C Umluft gratinieren.

Abfall? Auch daraus lässt sich etwas (sehr!) Gutes kochen. Die scharfe Soja-Bolo passt gut zur milden Kohl-„Béchamel“. Kaum Kohlgeruch in der Küche. Gerne wieder.
Danke für den Samstag-Morgen mit Humor und das spannende Rezept für den Samstag-Abend. An der Bezeichnung sollte evt. noch etwas gefeilt werden 😉
Den Titel hab ich schon dreimal geändert. Aber ich höre auf meine Leser und ändere ihn zum vierten Mal. 🙂
Bravo
Nächstes Jahr werden wir wieder teilnehmen und den Komposthaufen leerräumen 🙂
Hahaha.. das erste Rezept, dass garantiert so schnell keiner nachkocht (nachkochen kann). Ich hätte aber sehr gerne davon probiert!
Alle Jahre ist Sauerkrautzeit. Wer Sauerkraut einlegt, ist gewiss im Vorteil. Doch geht es weniger ums Nachkochen als um Verwertungsmöglichkeiten für Nahrungsmittel, die sonst im Abfall landen.
großartig!
Danke. Wir denken schon daran, die Kohlblätter durch Wirsing, die Kohlstrünke durch Schwarzwurzeln zu ersetzen.
Spannend …. und wie verdaut sich das?? 😖 Hab vor Jahren auch schon mal an einem Sauerkraut Event mitgemacht. Einfach toll. D
wir sind Allesesser und Allesverdauer. Und darüber glücklich.
Das war genau auch meine Frage und war bass erstaunt, dass gar nichts geschah. Vermutlich haben die Fenchelsamen bei der Verdauung geholfen.
H.
Herrlich!! Wen mehr über die Verwertung von „Abfall“ dächten, gäbe es weniger Abfall 🙂
Mein Umweltbewusstsein zeigt (beeinflusst durch Frau H.) steigende Tendenz.
lächelnd gelesen. Sehr schön, danke.
Hab auch nicht erwartet, dass jemand hingeht und sich 30 Kohlköpfe kauft 🙂
Wie schön, dass es so etwas noch gibt!
Genauso kenne ich es.
Mit dem kleinen Unterschied, dass man den Kohl in große Tontöpfe (ca 100 cm hoch ) eingesalzen hat.
Deine Resteverwertung ist so wunderbar.
Danke! Einen geruhsamen, gesunden Advent
Lg Meggie
Danke. Die Fermentation erfreut sich im Moment zunehmender Beliebtheit. Bin gespannt, was sich daraus noch ergibt.
Lass es mich wissen
Lg
amüsant zu lesen. euer gericht aus dem kompost sieht auch gut aus, aber ich bin froh, kann man gerüche noch nicht „mailen“.
einen wohligen 2. Advent 👋🏼❤️🐝👑🐶
Alles vegetarisch liebe Sabina. Und wir mögen Kohl. Gestern lag bei uns der erste Schnee. LG
„from nose to tail“ uf vegetarisch/vegan. Und no derzue unterhaltend beschriibe und sogar mit eme Filmli (und Helge) dokumentiert. Daaas gfallt mr! 😀
I wynsch dir/Eych e gmietligs Wuchenänd. Bliibed gsund!
from leave to root. Xundheit: Dangge Wir sind hier wenig gefährdet.
Das ist ein großartiges Experiment. Ich werde davon etwas übernehmen. So eine Bechamel aus Kohl lässt sich auch auf Brokkolistrunk-Basis für Grünzeug- Aufläufe machen. Und es ist Gluten-frei für unsere Bauchwehfraktion. Danke für die Anregung. BtW: die süffisante Beschreibung der Sauerkrauthierarchie hat mir sehr gut gefallen.
LG
Ei gewiss, wenn du über genügend Brokkolistrünke verfügst. Vielleicht muss man diese noch schälen?
Die Hierarchie gilt nicht nur für das Sauerkraut. Auch die im Anschluss gereichte Kürbissuppe wurde von höher qualifizierten gekocht 🙂
sehr kreativ! Aber der Normalsterbliche wird nicht a n so viele Strünke kommen. Nimmt man dann einfach normales Sauerkraut?
Sind die Hände schon wieder warm geworden?
Schönes Wochenende wünscht B.
In diesem Rezept wird kein Sauerkraut verwendet. Nur die entsorgten Kohlstrünke. Aber es gibt ja vielerlei Kohl.
Essen gerade unser letztes Sauerkraut vom Selbstgemachten diesen Jahres, schmeckt sehr lecker. Die Lasagne ist bestimmt auch gut.
schon das letzte Sauerkraut?, der Winter hält noch lange an 😉
ganz großartig, danke für das feine Rezept!! Es schmeckt tatsächlich fein und ohne zuviel Krautgeruch bzw. Kohl, wie ihr sagt. Ich habe die Lasagne heute Daumen mal pi nachgebaut und bin total begeistert von der Bechamelersatz-Sauce. Ich glaube, ich werde kein „normales“ Bechamel für Lasagne mehr kochen…
lg aus Wien
Das freut mich, wenn ich damit jemandem erfreuen durfte. Im Sommer darfs dann schon wieder eine normale Béchamel sein, man hat ja nicht so schnell so virle Kohlstrünke beisammen.