Bollito misto leggero mit Bagnet verde, Apfelkren und kandiertem Merrettich

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Das war der nur der Nachschlag

Gran bollito misto alla piemontese nennt sich das bei Peppinella. Reicht locker für 8-10 Personen. Bei ihr mit Kalbszunge, Suppenhuhn, Cotecchinowurst, Nonna, Beinscheibe vom Rind, lärmenden Kindern etc.

Wer soll das in einem 2 Personenhaushalt, in welchem eine Person ohnehin meist nur das Gemüse rausfischt, essen ?

Ich habe mich trotzdem daran gewagt. Mit einer light-version. Weil Frau L. Tafelspitz wollte, und ich den Tafelspitz schon verbloggt hatte -so ist das halt bei uns ;-)- gabs diesmal irgendetwas zwischen Wiener Tafelspitz, einem Schweizer Pot-au-feu und einem piemontesischen Bollito. Ein bunter Mix zwischen drei Siedfleischkulturen. Mit Bagnet verde, Apfelkren und kandiertem Merrettich. Bouillongemüse und Schnittlauchkartoffeln: Molto lavoro=Gran lavoro=Gran Bollito ? Ich briet das Fleisch erst an und legte es dann ins heisse Wasser. Das gibt eine leichte Brühe, aber sehr saftiges, mürbes Fleisch. Hier hat auch Frau L. zugegriffen: „noch nie habe ich ein so gutes Bollito gegessen…“ Früher setzte ich das angebratene Fleisch in kaltem Wasser auf. Gibt gute Brühe, aber eher trockenes Fleisch. Das allerbeste an meinem Tafelspitz waren aber wieder einmal die Saucen und der kandierte Meerrettich. Ich verstehe überhaupt nicht, warum kandierter Kren in Wien nicht gesetzlich vorgeschriebene Pflichtbeilage zu Tafelspitz ist !

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Die Hälfte der Fleischplatte, mit Brühe beträufelt

Zutaten
Fleisch für 4-5 Personen
800 g Rindstafelspitz mit Fettdeckel
450 g Kalbsbrustspitz
300 g Pouletbrust Bio Freiland
1 Luganighe Siedwurst
2 Scheiben Kalbsfuss (ich hätte gern noch ein paar Kalbsknochen gehabt)
1-2 Elf. Olivenöl
2 kleine Schalotten, ungeschält halbiert
1/2 kleine Stange Lauch
2 Stangen Staudensellerie
1 Karotte
1 Lorbeerblatt
1/2 Knoblauchzehe
1 kleiner Zweig Thymian
4 zerdrückte Wacholderbeeren
6 zerdrückte Pfefferkörner
10 zerdrückte Senfkörner
1 Gewürznelke
6 zerdrückte Pimentkörner
2 Petersilienstiele
Muskatnuss
Pfeffer
Salz

für das Bouillongemüse:
10 g Butter
1 kleine Schalotte
1/2 Knoblauchzehe
1 Karotte
1 Petersilienwurzel
4 cm Lauch

Schnittlauch

für den Apfelkren nach Kerschdin:
100 ml Halbrahm, halbsteif geschlagen
2-3 EL frisch geriebener Meerrettich (scharrf bitte)
1/2 Apfel, ganz fein gerieben
1-2 TL Zitronensaft
Salz, Pfeffer

für den Estragonessig
:
1 dl Weissweinessig mit ein paar Blättchen getrocknetem oder frischem Estragon 1-2 Tage anstellen, dann absieben.

kandierter Meerrettich (siehe  Beitrag hier)

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für die Bagnet verde:
3 geschälte Knoblauchzehen
1 Handvoll glatte Petersilie
4 Sardellenfilets
1 Scheibe Weissbrot ohne Rinde
1/2 grüner Peperoncino
12 Salzkapern, gespült
1 hart gekochtes Eigelb
1/2 Bund Rucola oder 1 Handvoll Salatspinat
8 Blätter Minze
1 Bund Schnittlauch
ca. 80 ml Olivenöl extra

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Ist ohne jedes Abschöpfen ziemlich klar

Zubereitung
für das Fleisch:

(1) Tafelspitz, Kalbsschulterspitz und Knochen in wenig Olivenöl bei milder Hitze rundum anbraten bis sie etwas Farbe angenommen haben. Herausnehmen. Öl abtupfen. Poren werden dabei keine geschlossen. Anbraten gibt der Brühe Aroma und hilft mit, sie klar zu halten.
(2) 3 L Wasser zum Kochen bringen, Tafelspitz, Kalbsschulterspitz und Knochen dazugeben, schwach salzen, Temperatur drosseln, so dass die Brühe schwach simmert (90°C).
(3) die halbierte Schalotte und die Hälfte der grob gewürfelten Gemüse beifügen. Total 3 Stunden unbedeckt leise simmern. Nicht mit dem Kochlöffel in der Brühe rumrammeln, damit Trübungsverursachende Proteinpartikel aggregieren können. Erstmals habe ich nichts abgeschöpft, siehe bei Eline.
(4) Nach 2.5 Stunden Garzeit die restliche Hälfte der Gewürze und der Gemüse sowie die Pouletbrüstchen (nicht angebraten) hinzugeben.
(5) 5 Minuten vor Garzeitende die Petersilienstiele zugeben. Mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss nachwürzen.
(6) Kurz vor Garzeitende den kandierten Meerrettich bereitstellen: 1-2 Elf kandierte Meerrettichstreifen pro Person in einem Pfännchen mit etwas Estragonessig aufkochen.
(7) Das Luganighewürstchen in Wasser bei 80°C ca. 25 Minuten ziehen lassen. Aufgeschnittenes Fleisch nicht trocken stehen lassen. (Trick gesehen bei Turbohausfrau).

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natürlich musste Frau L. noch eine Tasse Bouillon vorab haben

für die Bagnet verde:
(8) Alle Zutaten hacken und mit Olivenöl im Cutter zu einer dicken, homogenen Sauce mixen.

für den Apfelkren:
(9) alles mischen, Rezept nach Kerschdin,  siehe Verboten gut !

für das Bouillongemüse:
(10) Schalotte in feine Streifen schneiden. Karotte und Peterliwurzel zu Julienne schneiden. Lauch separat zu feiner Julienne schneiden.
(11) Topf mit der Knoblauchzehe ausreiben. Die Butter schmelzen, Schalotte darin andünsten. Karotten – und Peterliwurzeljulienne zugeben, etwas von der Fleischbrühe angiessen und andünsten, kurz bevor das Gemüse gar ist, die Lauchjulienne zugeben und mit einem Schuss Estragonessig ablöschen.

für die Schnittlauchkartoffeln: ohne Rezept sonst nimmt das hier kein Ende

Übrig blieb Fleisch und Brühe. Die Brühe habe ich zu einer Consommée double geklärt und konzentriert. Einen Teil des Fleisches zu Sülzchen verarbeitet, den Rest des Fleisches in Brühe eingefroren.

41 Kommentare zu „Bollito misto leggero mit Bagnet verde, Apfelkren und kandiertem Merrettich“

  1. Tja, ich gehöre ja auch zu der Sorte, die eher das Gemüse rausfischt….und dieses fein geschnittene Gemüse lacht mich herrlich an! 🙂

  2. Da steh‘ ich vor genau dem gleichen Problem.
    Alternativ könnte ich natürlich ein paar Tage dran essen so gut wie das aussieht. 🙂

  3. Mir geht es wie Eva und Deiner Frau L: Ich würde auch eher das Gemüse rausfischen und mich über die Saucen und den Meerrettich her machen. Wobei Du das ziemlich geschickt angestellt hast und es den Gemüsefischern erschwert hast, bei diesen wunderschön geschnittenen Gemüsejuliennes. So ein Batzen Fleisch lässt sich bestimmt leichter fischen 😉

  4. Lavoro? Piaccere!
    Was gibt’s Schöneres als eine solche kulinarische Symphonie zu komponieren und aufzuführen?
    Grosser Applaus meinerseits!

  5. wahrscheinlich deshalb:

    „Das Kandieren nimmt dem Meerrettich alle Schärfe…“ (lamiacucina, august 2007)

    im ernst: ich kenne diese zubereitungsart nicht und will un-be-dingt die schärfe im apfelkren zum rindfleisch haben. süß ist die wiener küche sowieso genug. bis in den salat hinein.

  6. @Arthurs Tocher: gemäss „Der beredte Italiener, Taschenausgabe 1951“ jaaa 😉

    @Verboten gut: in einer Woche war alles gegessen.

    @Eva: auch Wenig- Fleischesser wollen satt werden.

    @Sybille: so haben wirs gemacht.

    @Rosa May: das sieht nicht nur so aus 😉

    @Ti saluto Ticino: der Gemüsefischer ist doch die schöne Oper von Bizet ?

    @Aschenbrödel: zumal ich mit einmal kochen 4 Beiträge rauskriege und somit getrost in die Ferien fahren darf !

    @gourmet-büdchen: ich kann hier nicht nur für Frauen kochen.

    @katha: deshalb gibts auf dem selben Teller gleich Beides ! Nicht mehr scharf heisst aber nicht aromatisch. Im Gegenteil.

  7. Kandierter Kren! Ihr Schweizer kennt Sachen. Muss ich direkt buddeln gehen, ob noch Kren da ist und ob der genießbar ist. Milden Kren kann ich mir genau so wenig vorstellen wie Katha.

  8. Das mit Abstand Leckerste was man mit Bollito-Reste machen kann ist…Fleischsalat.
    Fleischreste kleinschneiden. Aus Mayo und übrig gebliebene Salsa Verde (falls keine mehr vorhanden z.B. mit Senf ersetzen, oder doch noch ein bisschen Petersilie klein hacken) die Soße herstellen, mit dem Fleisch und eine handvoll Kapern und/oder Frühlingszwiebelringe vermengen, fertig!
    Darauf freue ich mich fast genauso wie auf dem Bollito selbst 😉

  9. Ich vergaß: die kräftige Rinderbrühe ist perfekt für ein Mailänder Risotto. Oder, falls man genug hat, natürlich auch als Suppe. Als Einlage letztes Mal: Steinpilz-Ricotta-Klößchen und geröstete Zwiebeln.
    Das liebe ich so am Bollito: man hat den wahrscheinlich leckersten Fleischgericht der Welt auf dem Tisch, kann aber mit den Resten noch 2-3 weitere Gerichte kochen. Was will man mehr!

  10. Dein Siedfleisch sieht ja wirklich prächtig aus. Dafür würde ich jedes Gemüse stehen lassen.

    Als ich zuerst „kandierter Kren“ gelesen habe, dachte ich, du willst uns veräppeln. Aber je länger ich darüber nachdenke, desto besser gefällt mir die Idee. So eine Art Mostarda di Frutta in umgekehrt. Meinst du, man könnte die Wurzel vielleicht auch raffeln? Julienne und ich mögen einander nicht besonders.

  11. Ein schönert Teller. Ich würde dann das Gemüse und ein bisschen Fleisch essen;) Noch nie was von kandiertem Meerrettich gehört. Das hat mich grade angesprungen. Möchte ich unbedingt ausprobieren, weil ich es mir so gar nicht vorstellen kann.

  12. Kandiert? Hab ich noch nie gehört – interessiert mich aber. Allerdings, so richtig vorstellen kann ich´s mir nicht. Kren muss doch so scharf sein, dass man glaubt, man hebt ab 😉 Da hilft nur ausprobieren, glaube ich! Beim nächsten gekochten Rindfleisch mach ich das.

  13. @Magdi: wirklich schade. Der nächste Bollito ist hier schon geplant.

    @Turbohausfrau: kandierter Kren kriegt ein ganz anderes Aroma.

    @eorlderjunge: den Fleischsalat hab ich schon in der Kiste. nur nicht mit Mayo 😉 und auch der Suppe hab ich schon gedacht.

    @Radieschenwelt: soso, Du isst für zwei. Mit mir wären es dann drei. Fehlen immer noch sieben.

    @Cooketteria: genau, geht Richtung Mostarda di Frutta. Raffeln, davon würd ich abraten. Das gibt Brei. Die Wurzeln sind zwar hart, aber wenn Du eine dicke Wurzel bekommst, ist sie rasch geschält und in Scheiben und Julienne geschnitten. Mit einem guten Messer kein Problem.

    @Birgit: das lohnt sich wirklich !

    @Die Küchenschabe: Beim Erhitzen nimmt die scharfe Wirkung rasch ab. Senföle und Senfölglykoside sind sehr reaktiv. Was bleibt, ist das freigelegte Aroma des Meerrettich.

  14. Bi so viel Läserinne wo speziell hinterem Gmiess här sin, zell‘ i mi gärn zu dr Minderhait vo de Karnivore. Somit bliibe wenigschtens virtuell kaini Räschte vor. 🙂
    E Täller mit Bouillon zem Starte muess si. Do han‘ is wie d‘ Frau L. !

  15. 😀 Ich weiss, Mayo klingt so nach diesen furchtbaren „Standard-Fleischsalat“ wo ein bisschen Fleischwurst und Gurke in Salatcreme schwimmen…aber die Kombination aus WENIG Mayo (ich „strecke“ sie meistens mit noch ein bisschen Öl) und Salsa Verde ist einfach unwiderstehlich!
    Und auch ein Foodie muss mal schmutzig können 😀

    (wie machst du ihn an?)

  16. Die österreichischen Bloggerinnen scheinen sich ja sehr einig zu sein. Ich bin auch der gleichen Meinung: Kren ohne Schärfe ist irgendwie kastriert, wie Wein ohne Alkohol. Kren muss schon ein bisschen in der Nase beissen und zu Tränen rühren.

  17. @eline:für scharf gibts ja noch den Apfelkren. Den kastrierten…ähh, kandierten Meerrettich habe ich mal nachgekocht, eine Viecherei mit den holzigen Wurzeln, die man hier bekommt, aber hat schon was. Ich bin halt meinen guten fränkischen aus Baiersdorf gewohnt. Krieg ich hier aber ned, außer im Glas.

  18. so was mag ich ganz besonders!

    vorallem, mit selten-schönen-tieren wie milchlamm, gitzi, kitz,

    apfelcren, mag ich auch sehr

    danke für’s zeigen

  19. @Basler Dybli: man darf nicht alle Leserinnen in den gleichen Gemüsetopf werfen.

    @eorlderjunge: mit Kürbiskernöl und Essig.

    @Kalinka: les légumes frais seront bientôt de retour.

    @Eline: frisch geriebener Kren darf/muss scharf sein, gewiss. Kandierter Kren ist hingegen etwas ganz anderes. Ich will die beiden Formen nicht gegeneinander auspielen. Beide gehören bei mir auf den Teller.

    @Elisabeth: Ohje, hoffentlich nur eine Erkältung, obwohl auch die unangenehm sein kann. Gute Besserung !

    @elettra: mit verholzten Wurzeln wrd das Schneiden schwierig. Ich nehm gerne das Mittelstück.

    @Albino: dafür geh ich im April in den Gitzikochkurs 🙂

  20. Absoluter Wahnsinn, die Bilder, da will Mann gleich reinbeissen aber das iPad schmeckt einfach nicht. Da würde ich mich gerne einladen. Gruß Thomas

  21. Möchte mich dem Wunsch von RADIESCHENWELT anschließen und Dir das sowieso ans Herz legen….Einfach vorher Bescheid geben! Ich würde auch den Rest eintuppern und mit nach Hause nehmen 😉 Sieht verdammt lecker aus!

  22. Rate mal, was hier eben im Topf vor sich hin blubbert … 😀
    Besten Dank für die Inspiration!

    Fleischsalat gab’s früher, als ich noch klein war und nicht selber kochen durfte 😉 auch hin und wieder, hab ich sehr gemocht. Mit Gewürzgurkenwürfeln, etwas Zwiebel(?), Senf und Salz/Pfeffer/Essig/Öl. Jedenfalls ohne Mayo.

  23. Lecker dieses gekochte Gemischte. Das Rezept werde ich probieren. Der Kren kann doch ruhig richtig scharf sein….

  24. Eine wahre Pracht!
    Auf die Idee, Tafelspitz vor dem Sieden anzubraten, wäre ich nie gekommen. Wird gemacht.
    Was ich allerdings vermisse, sind die Nonna und die Kinder.

  25. @Thomas Sixt: vielleicht liegts an der Antenne, die im Rahmen steckt 😉

    @Hanne: zu spät, schon alles weg. Ich brauche den Platz in den Dosen laufend für Neues.

    @limette: soll ich raten ? Jaja, Gewürzgurken müssen auch noch rein. Nächste Woche !

    @kormoranflug: sowas wirds bald wieder geben.

    @Afra Evenaar: bei uns ist es es ohne Nonna und Kinder sehr ruhig, dafür blogge ich mehr als Peppinella, die leider kaum mehr dazu kommt.

  26. Hab zwar erst etwas gestaunt, als ich die Nonna unter den Zutaten fand… doch im muss sagen, das sieht sehr gut aus! Auch Deine Bagnet verde gefällt mir. Für ein nächstes Mal könnt ich Dir allenfalls gerne mit einer Nonna und ein paar lärmenden Kindern aushelfen… musst nur anrufen!

  27. Möchte noch kurz vermelden: nicht nur, aber ganz besonders das Sößchen (ich habe die Bouillon ein wenig weiter reduziert) schmeckt grandios! Ich habe ja kurz gezögert bei der Kombi von Wacholder, Thymian und Senf, aber das alles zusammen ergibt ein unvergleichliches Aroma. Danke!! 😀

  28. dass wir österreicherinnen uns am schweizer reich gedeckten tisch so einig sind, darf als seltenheit in die bloggeschichtsbücher geschrieben werden. ich kenne das aroma von kren ohne schärfe, es spricht mich nicht gerade an, aber vielleicht macht das kandieren und die süße noch mal was anderes, neues draus. bloß muss ich dran denken, es auszuprobieren, weil’s mir vom gefühl so ganz fern ist. wenn ich das wirklich mit meinem selbst angesetzten estragonessig mache, habe ich kandierte estragonjulienne, weil der estragon so intensiv (gut!) schmeckt (rezept siehe so schmecken wildpflanzen…). danke, eline, für den kastrierten kren, so merken ihn sich jetzt alle 😉

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