Immer öfter beschleicht mich der Eindruck, unser Leben finde nur noch auf der Überholspur statt. Eben war noch Advent, schon essen wir Fastenwähen und bald ist wieder Sankt Nikolaus. Beim Italiener am schiefen Eck fand ich um 10 Uhr morgens einen Catalogna cimata der Sorte „wenn du 5 Stück nimmst, machen ich dir Spezialpreis“. 30 Minuten später im Lieblingswarenhaus treffe ich auf Barba di Frate. Nanu. Ist schon Frühling ? Nehmen wir den halt auch noch mit. Wenn schon Salat, dann richtig. Dann hält er für eine Weile vor. Zumal mit der Sardellen-Vinaigrette von Claudio.
Insalata di Puntarelle e Barba di Frate
Zutaten
für 4 Salatesser
1 Catalogna cimata
1 Bund Barba di Frate (Mönchsbart)
für die Einheitsvinaigrette:
3 Elf. Olivenöl
3 Elf. Weinessig
3 Sardellen
1 Knoblauchzehe
Saft einer halben Zitrone
Salz, weisser Pfeffer
Zubereitung
(1) Mönchsbart putzen, harte Stengel abschneiden oder abzupfen. In kochendem Salzwasser max. 1 Minute blanchieren. Kalt abschrecken, gut abtropfen lassen.
(2) Die kleinen Knospen aus dem Boden des Catalogna herausbrechen und längs vierteln. Die kleinen, grünen, leicht bitteren Aussenblättchen mitverwenden. Aus den grossen Blättern kann man Spinat oder Mangoldstiele kochen. Den Salat waschen und gut abtropfen lassen.
(3) Knoblauch würfeln und mit den flüssigen Bestandteilen zu einer Emulsion mixen. Sardellen sehr fein hacken und untermischen.
(4) Beide Salate separat mit der Vinaigrette von Hand benetzen, dann den Mönchsbart zu einem weichen Nestchen formen und die Puntarelle in das Nestchen legen.
Nestchen ? auf welche Abwege bin ich jetzt wieder geraten ? Sardellen in einer Salatsauce muss man schon mögen. Ich schon gar nicht. Aber einmal im Jahr darf man der halophilen (salzliebenden) Gattin auch einmal eine Freude machen ;-).
GALA steht hier nicht als Vorspann für ein Prominenten-Dinner. Wer in der Schweiz lebt, dem ist klar, dass es sich bei GALA um ein Produkt handelt, das aus Doppelrahmfrischkäse, Milchpulver und Speisegelatine hergestellt wird. Ein Industrieprodukt, gewiss, doch eines, dessen man sich nicht zu schämen braucht. Das in der Schweiz seit 1936 sogar einen gewissen Kult-Status besitzt. Jedenfalls gehört die Halbmondpackung mit den in Alufolien eingewickelten, ach so frisch und köstlich schmeckenden Dreieckskäslein zum eisernen Notbestand unseres Kühlschrankes. Als wir noch jung waren, wurden damit Brote und Brötchen bestrichen, Datteln und Schinkenrollen gefüllt, Tomatensaucen angedickt, was man halt damals im jugendlichen Übermut so gekocht hat. Und übermütig sind wir heute noch.
Aus Anlass des 70-Jahr-Jubiläums gab der GALA-Hersteller der geschäftstüchtigen Annemarie Wildeisen ein Kochbüchlein in Auftrag, das ich jüngst in der Ramsch-ecke einer Buchandlung günstig erstehen konnte. Selber bezahlt ! Darin sind über 70 Rezepte mit GALA versammelt, die einen Hinweis auf die vielseitige Verwendung der Käslein geben. Frau Wildeisen macht Mehlgnocchi daraus, die sie mit Käse gratiniert. In bester Betty Bossy Tradition. Ich mache Bärlauch-Gnocchi, statt sie mit Käse zu gratinieren, verpasste ich ihnen eine Greyerzer-Fonduta und damit die Sache nicht zu schwer wird, lockerte ich das Gericht mit marinierten Puntarelle auf. Sehr gut gelungen und beinahe nach Rezept gekocht 😉 Deshalb mein Beitrag für den DKduW-event von foodfreak.
Panzersperren: was die Toblerone für Schokolade, ist GALA für Frischkäse
Zutaten
für 2 Personen
6 GALA Käsli nature
2 kleine Eier oder 1 Ei + 1 Eigelb
50 g frisch geriebener Sbrinz
50 g Weissmehl
50 g Hartweizengriess (Pastamehl)
Salz
Muskatnuss, Pfeffer
10 g frischer, junger Bärlauch, selbstgesammelt, 5 cm lang ! und etwas für die Garnitur
für die Fonduta:
80 g Gruyèrekäse
80 ml Halbrahm/Milch (1:1)
Salz, Pfeffer, Muskatnuss
für die Puntarelle:
1 Kopf Catalogna cimata, das Herz
1 Elf. Olivenöl
1 Elf. weisser Balsamessig, Gölles
Salz, Pfeffer
Catalogna cimata, das nussige Herz
Zubereitung
(1) Die Eier mit den GALA-Käsli mit dem Handmixer homogen vermixen. Den Sbrinz beifügen. Das Mehl und den Griess dazugeben, alles gut mischen und die Masse würzen. Den fein gehackten Bärlauch unterziehen und den Teig etwa 1 Stunde kühl stellen, bis die Gnocchimasse fester geworden ist.
für die Fonduta:
(2) Den geraffelten Gruyère mit der Rahm-Milch vermischen und zwei Stunden quellen lassen. In einem Wasserbad von 90°C aufschwingen bis eine homogene Käseschmelze entstanden ist.
für die Puntarelle:
(3) Die Blätter des Catalogna abreissen und für Salat verwenden. Die Puntarellespitzen aus dem Kopf herausbrechen, waschen und in grosszügige Streifen schneiden (meine waren klein, ich hab sie ganz belassen). Die Puntarelle in siedendem Salzwasser zwei Minute blanchieren, in kaltem Wasser abschrecken und gut abtropfen lassen. 10 Minuten Marinieren in einer Mischung aus 1 Elf. Olivenöl, 1 Elf. Weissweinessig und einer Prise Salz/Pfeffer.
(4) Reichlich Wasser aufkochen, leicht salzen. Mit Hilfe von zwei Teelöffeln aus der Gnocchimasse kleine Klösschen formen, auf Pastamehl zwischenlagern, dann alle in das leicht siedende Salzwasser gleiten lassen. Nach etwa 5 Minuten, wenn sie oben schwimmen, mit einer Siebkelle herausheben und auf einen vorgewärmten Teller mit einem Schöpfer Fonduta und den Puntarelle mischen. Fein geschnittener Bärlauch hinzu und sofort servieren.
Die Gnocchi sind problemlos herzustellen, eher fester als fluffig. Die Fonduta habe ich bewusst nicht mit Stärke oder Eigelb gebunden, um sie etwas flüssiger zu halten. Das wars für dieses Jahr mit Bärlauch. Junger Knoblauch wartet schon. Weitere Rezepte unter Bärlauch.
Mehr Catalogna geht nicht auf einen Teller. Kaum hat sich der Barba di Frate auf den Tellern gezeigt, drängt sich die grüne Konkurrenz in die Auslage meines Italieners am Claraplatz, Cima di Rapa und, heuer besonders schön und regelmässig erhältlich: Catalogna cimata, das Zichoriengewächs mit den neckischen Puntarellespitzen mittendrin. Diesen gibts nur im Frühjahr, später wird nur der normale Catalogna als „Riesenlöwenzahn“ angeboten. Gross ist nicht immer besser.
Zutaten
Vegetarische Hauptspeise für 2 Personen
Ein mittlerer Kopf Catalogna cimata
Catalogna cimata, teilweise entblättert
für die Catalogna Fritelle:
Die gehackten, feinen Blatt-teile des Catalogna cimata
2 geschälte, festkochende Kartoffeln (ca. 150g)
60 g Weissmehl
1/2 Tlf. Kräutersalz
Pfeffer aus der Mühle
1 Tlf. zerdrückte Kreuzkümmelsamen
1 Ei
50 ml Rahm
1/4 Würfel Frischhefe
30 g flüssige Butter
Olivenöl/Butter zum ausbacken
für das Puntarelle Gemüse:
Die Spitzen und gröberen Blatt-teile des Catalogna cimata
1 geschälte, gehackte rote Zwiebel
3 geschälte, gehackte Knoblauchzehen
4 sardische Tomaten
Saft von einer Orange
Abrieb einer halben Bioorange
1 rote, entkernte Chilischote
4 Elf. Olivenöl
2 Elf. weisser Balsamessig (Gölles)
50 g fein gehobelter Parmesan
Kräutersalz und schwarzer Pfeffer aus der Mühle
Puntarelle: Die herausgebrochenen Spitzen
Vorbereitung des Catalognakopfes
(1) Catalogna auseinanderpflücken, die Catalognaspitzen (Puntarelle) herausbrechen. Blattstiele in gröbere und feinere trennen. Zerpflücken. Alles gut waschen und getrennt in einem grossen Sieb abtropfen lassen. Die grösseren Spitzen halbieren oder dritteln, die kleinen Spitzen ganz belassen. Die groben Blattstiele in 2 cm Stücke schneiden. Beides zum späteren Blanchieren für das Gemüse beiseitestellen.
Die zarten Blattstiele fein hacken und für die Fritelle beiseitestellen.
Zubereitung für die Catalogna Fritelle:
(2) Die Kartoffeln fein reiben (feinste Microplane) und in einem Tuch ausdrücken. Den Saft abstehen lassen und die abgesetzte Kartoffelstärke für den Frittatenteig verwenden. Ausgedückte Kartoffelmasse beiseitestellen.
(3) Mehl, Kräutersalz, Pfeffer und Gewürze vermischen. Die Hefe zerbröckeln, zusammen mit dem Ei, der Kartoffelstärke und dem Rahm aufschlagen. Dann das Mehlgemisch unterrühren und zu einem Teig schlagen. Die ausgedrückte Kartoffelmasse darunter rühren und zugedeckt 30 Minuten gehen lassen.
(4) die feingehackten zarten Catalognabätter und die Butter unter die Masse rühren. Die Masse mit Hilfe eines Metallringes in eine beschichtete Pfanne in wenig heissem Olivenöl/Butter setzen und kleine Pfannküchlein backen.
Die Catalogna-Fritelle am Backen
für das Puntarelle Gemüse:
(5) Die Tomaten vierteln, entkernen und in Streifen schneiden. Tomatenkerne mit dem Orangensaft kurz aufkochen, absieben und auf 2 Esslöffel einkochen. Daran kann sich der Wegwerfkoch Jamie Oliver ein Beispiel nehmen.
(6) Orangenabrieb, Zwiebeln, Knoblauch und Chili zum eingekochten Orangensaft geben und mit Olivenöl und hellem Balsamico aufrühren. Das Dressing mit Kräutersalz und Pfeffer würzen.
(7) Die Catalognaspitzen und -blätter 1 Minute in kochendem Salzwasser blanchieren, abschrecken, abtropfen und kurz vor dem Servieren mit den Tomatenstreifen, der Orangenvinaigrette und und dem Parmesan mischen.
Je eine Frittata auf die Teller verteilen, das Catalogna-Gemüse darauf anrichten und mit dem zweiten Pfannkuchen decken. Das Rezept habe ich frei abgewandelt nach dem März-Monatsrezept von Lucas Rosenblatt.
Die Catalogna (auch Blattzichorie, Cicoria asparago, genannt) ist wie Chicoree, Cicorino und Endivie eine Zichorie. Ihre dunkelgrünen, gezackten Blätter werden im Sommer bis zu 60 cm lang und hier gerne als Riesen-Löwenzahn bezeichnet. Im Winter gibt es noch eine andere Varietät, die Catalogna spigata, im Latium unter dem Namen Puntarelle bekannt. Ob es sich bei dem gekauften Kopf wirklich um einen solchen handelt, weiss ich nicht mit letzter Bestimmtheit, der italienische Händler sagt ja, aber das sagen italienische Händler immer. Bildvergleiche im Internet sprechen jedoch dafür. Ein eigenartiger Gemüsekopf. Wenn man die äussern Blätter entfernt, kommt im Innern ein Kopf aus vielen daumendicken, verwachsenen Hohlkörpern zum Vorschein. Wie all die italienischen Bittergemüse passen sie gut zu pasta, Olivenöl und Parmesan.
Zutaten
1 Kopf Puntarelle ca. 350 g
150 g Aelplermakronen
2 Knoblauchzehen, in feine Scheiben geschnitten
2 Stengel Stangensellerie in 1 cm Scheiben geschnitten
1 Peperoncino (hatte ich nicht, stattdessen 1/2 roter Peperoni in Würfeln)
5 Elf. Olivenöl extra
Salz, schwarzer Pfeffer
Parmesan, frisch gerieben
Hohlkörper der PuntarelleSellerie, Peperoni, Knoblauch
Zubereitung (1) die äussersten Blätter entfernen, was gut ist in Stücke schneiden, die Puntarelle (Spitzen) herausbrechen, entzweischneiden, waschen.
(2) Pastawasser aufsetzen, salzen und Gemüse direkt mit der Pasta kochen.
(3) Inzwischen Knoblauch, Sellerie und Peperoncino/Peperoni im (neu aus Rabattpunkten erstandenen) Wok sanft im Olivenöl erhitzen.
(4) Pasta und Puntarelle nicht abseihen, sondern mit dem Schaumlöffel in den Wok schöpfen und gut durchmischen.
(5) Im Teller mit Parmesan- oder Pecorino, schwarzem Peffer und einem zusätzlichen Spritzer Olivenöl anrichten.
Ein schnelles Pastagericht, für Liebhaber des leicht bitteren Gemüses. Anstelle von Puntarelle kann man auch Brokkoli verwenden. Dann riecht es in der Küche jedoch nach Kohl. Lieber verbittert statt verkohlt 🙂
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