Wo kriegt man in Basel Pariser Karotten, wenn nicht aus der Konservendose ? Vor Pfingsten reiste ich eigens nach Paris Luzern, kaufte querbeet zwei Einkaufstaschen voll herrlicher Junggemüse, um mich damit am Pfingstsonntag zu beschäftigen.

Am Stand von Holzen gesellte sich noch ein nettes Päggli mit Wollschweinbäggli dazu. Sonntag gerettet. Mein Plan: verschiedene Gemüslein mit einem Sous-vide Schweinsbäggli (keine Backen, entspricht dem deutschen Schinkenstück resp. dem österreichischen Kaiserstück !). Das ist, weils der Kaiser mager mag, nun wirklich kein Bratenstück, aber wenn mir etwas im Kopf dreht, dann lasse ich mich auch vom Kaiser nicht aufhalten. Schliesslich wollte ich meinen Occasions-Einhängethermostaten mit dem zerkratzten Display ausprobieren.
Zutaten
für das Fleisch:
ein grosser Topf, eine Bratpfanne, ein kleiner Topf
ca. 600 g Schweinsbäggli (keine Schweinewangen)
15 Wacholderbeeren
1 Elf. Rosmarin frisch, gehackt
1 Elf. Thymian, frisch, gehackt
1 Tlf. schwarzer Pfeffer
1 Tlf. roter Pfeffer
2 Knoblauchzehen, angedrückt
1 Tlf. Dijonsenf
Olivenöl
50 ml Kalbsfond, tiefgefrorener Würfel
30 g Butter, tiefgefroren
150 ml Kalbsfond, Restmenge

(1) Wacholder, Knoblauch und Pfeffer mörsern, mit dem Olivenöl, dem Senf und den Kräutern zu einer Paste verrühren; damit das Schwein einreiben. In einen Vakuumbeutel geben, den gefrorenen Kalbsfond und die gefrorene Butter zugeben und sofort vakuumieren. Über Nacht im Kühlschrank marinieren. 3 h vor Gebrauch auf RT bringen.
(2) 1 Stunde bei 62°C sous-vide garen. Herausnehmen, den Jus zum restlichen Kalbsfond giessen. Das Fleisch in Olivenöl allseitig scharf anbraten, dann auf einer vorgewärmten Keramikplatte im Ofen bei 75°C ca. 10 Minuten warm stellen.
(3) Den Kalbsfond mit dem Garjus stark einkochen und mit Salz und Pfeffer abschmecken.

für das Gemüse:
1 grosser Topf, 3 kleine Töpfe, eine Bratpfanne
rote Randen:
2 kleine Randen
1 Elf. Orangenöl, schwarzer Pfeffer, Salz
50 ml Randensaft Biotta
(4) Topf von 5 Liter Inhalt mit Wasser auf 85°C aufheizen und auf dem Herd möglichst konstant auf dieser Temperatur halten.
(5) Orangenöl in Vakuumbeutel geben, kurz in den Tiefkühler stellen bis das Öl gefroren ist. Indessen Randen putzen, vierteln, salzen und pfeffern. Randen in den Beutel geben und sofort vakuumieren.
(6) 1 Stunde bei 85°C sous-vide im Wasserbad garen. Herausnehmen. Randensaft mit Garjus zu Sirup einkochen und darin die Randenviertel glasieren.

Rüebli, gelbe Randen, Navets:
12 Pariserkarotten
2 kleine, gelbe Randen
1 dl Orangensaft
1 Tlf. Honig
2 kleine Navets
Noilly-Prat
Zitronenöl
Salz, weisser Pfeffer
(7) Karotten, gelbe Randen und Navets nacheinander 3 Min. in kochendem Salzwasser blanchieren, Kalt abschrecken, die Haut mit einem Messer abziehen.
(8) Orangensaft/Honig aufkochen. Leicht salzen und pfeffern. Erst die halbierten, gelben Randen, dann die ganzen Karotten zugeben und zugedeckt garen, gegen Ende den Jus offen sirupartig einkochen. Würzen.
(9) Die Navets halbieren, in wenig Zitronenöl andünsten, mit Noilly-Prat ablöschen und zugedeckt garen, bis sie weich sind.
Artischocken:
(10) Am Vortag hatte ich Artischocken in Öl zubereitet. Davon waren noch ein paar Achtel übrig, die ich einvakuumiert hatte, damit sie nicht anlaufen. Herausnehmen und in Olivenöl scharf anbraten. Mit einem Schuss Weisswein ablöschen, Salzen, Pfeffern und fertig garen.
Erst die Gemüse auf vorgewärmten Tellern anrichten. Jedes Gemüse mit seinem Jus beträufeln. Zuletzt das Fleisch aufschneiden und mit der Sauce übergiessen.

Fazit: eigentlich wären noch herrliche Knackerbsen da gewesen, aber alle Pfannen und Pfännchen waren belegt. Und Platz im Teller hatte es eh keinen mehr. Die Gemüse sind mir sehr gut geraten. Hingegen misslang die Domestizierung des wacholdrig-wilden Wollschweins: ein eher zähes Stück Fleisch im zarten Gemüsebeet. Was lief falsch ? Da ich im Internet keine Vorlagen für dieses Fleischstück fand, benutzte ich die Standard-Temperatur/Zeitangaben von Schweinefilet. Das war wohl daneben gegriffen. Vermutlich müsste man das Doppelte oder Dreifache an sous-vide Zeit einrechnen. Besser machte sich der leicht gekühlte 2003-er Pinot noir. Sowohl zur Hitze des Pfingstsonntags wie zum Gericht.
Den Rest des Fleisches schnitt ich am Montag mit der Maschine dünn auf und servierte ihn als maiale tonnato. Nun im Mittelpunkt stehend, kam das Schwein aus der Schmollecke hervor und präsentierte sich tadellos. Der Kaiser kann mich mal.
Wieder ein Beitrag auf höchstem Niveau, wie er diesem Blog mehr als gerecht wird, Kochen wird hier zelebriert, und als Leser bin ich mitten drin. Herrlich auch die Bilder von Wurzelgemüse, Bäggli, Pfannen auf dem Herd. Ja, und der Pinot passt, dass er immer noch gut war spricht von seiner Qualität.
bitte nicht übertreiben. Mein Blog ist mein Tagebuch. Mehr nicht.
Was kann ich, habe keinen Thermostat für meine Begeisterung.
Also rein optisch: in kaiserlicher Pracht. Da ich bestimmt zum Thema Fleisch einen der ganz hinteren Expertenplätze besetze (bestenfalls), erwarte ich gespannt, was größere Profis dazu meinen. Auf jeden Fall zeige ich mich bereits jetzt beeindruckt, wie du deiner Küche Dampf machen kannst!
dass ich ob all der Töpfe und Pfannen nicht in ein Chaos abgerutscht bin, wie sonst so oft, freute mich diesmal.
Schönes Gemüse, tolles Fleisch. Da das Wollschwein aus dem Luzernischen kommt, fühle ich mich schwer verpflichtet meinen Senf (würde sicher auch passen) dazu zu geben. Sobald mehr Bindegewebe im Fleisch ist, wird es Zeit zum Langzeitgaren. Mehr Zeit. 24h. Maiale tonnato war bestimmt eine stilvolle Rettung!
Danke für den Rat des sous-vide Spezialisten. Das bestärkt mich in der Absicht, beim nächsten Besuch in Luzern nochmals Wollschwein zu kaufen.
Do chan‘ i nit mithalte. So vyyli Spiilsache sind näbscht em grosse Härd gar nit vorhande. Do sitz‘ i in dr Gniggstaarloosche im grosse Kino !
Passend zem Wätter het’s bi mir eifach dreierlei Salat und Friggadelle gä. Au nit schlächt.
Am selben Pfingstsonntag hätte ich auch lieber kalten Wurstsalat zu einem Bier gehabt. Aber am Samstagmorgen wars halt noch nicht so heiss, ich in Luzern und dann musste ich halt durchs Programm ;-).
Mr reede scho vom gliiche Sunntig. Wurschtsalat (mit Chääs) het’s erscht grad gä … 🙂
Der Pinot mit der blauen Etikette hat bestimmt getröstet 😉 , aber ja, Jonas hat vermutlich Recht und so lecker das im Restaurant schmeckt, ich scheue mich vor dem Energieverschleiss in der Privatküche, etwas 24 oder gar 36 h auf dem Herd schmurgeln zu lassen. Meine Ausnahme: Michas Ofenapfelmus (6 h im Ofen) – aber das machen wir dann erst wieder wenn’s khler wird.
Liebe Grüsse aus Zürich,
Andy
Lieber Andy, für das Trinkgeld im Restaurant gebe ich mehr aus, als für die Stromkosten des Tauchsieders, auch wenn er während 24 h ab und zu einschaltet. Aber das am heissen Pfingstsonntag machen zu wollen, war Unsinn 🙂
Da brodelts in der Alchimistenküche! Eigentlich könntest du noch einen zweiten Herd brauchen. Tolle Bilder.
Das hat nichts mit Alchimistenküche zu tun. Ein elektronisch geregelter Tauchsieder und ein Umwälzpümpchen und fertig ist das Spielzeug.
Wow. Staunend mit offenem Mund betrachte ich das Wunderwerk. 🙂
Deine Torten sind anspruchsvoller in der Zubereitung.
Occasions-Einhängethermostaten mit dem zerkratzten Display – schon allein für dieses Wortmonster braucht man grosse Töpfe…. Das Resultat ist aber eine Augenweide.
Der kalte Hörnlisalat von heute braucht wenigstens keine grossen Töpfe.
Gut, dass ich mit meinen ersten Sous-vide-Versuchen beim Fleisch nicht alleine bin. Die Schwierigkeit hatte ich auch, nur sah es nicht halb so saftig wie das Wollschwein aus 😉
Der Metzger kennt jedes Schwein bei seinem Namen. Drum blieb es saftig.
Wie du da dem Kaiser die Stirn bietest – wie da das wurzelige Gemüse ineinander schlängelt, wie es da dampft und silbrig in deiner Küche schimmert und simmert… Gefällt mir!
nur nicht in die Schubladen gucken 😉
…und dann der Pinot aus dem Jahrhundertsommer, ein Gantenbein, ich werde blass vor Neid…
uns macht er eher rote als blasse Bäckchen 😉
Für so eine geniale Überschrift kann man schon mal ein mäßig gelungenes Kaiserstück in Kauf nehmen. Besonders als Demokrat 😉