Bei Brot bin ich anspruchsvoll. Nur das Beste schmeckt mir. Schlimmer noch. Ich bin ein Brot-Chauvinist. Chauvinisten sind unangenehme Zeitgenossen. Brot-Chauvinisten glauben an die Superiorität ihres Brotes und ziehen es andern Broten vor. Wenn ich gutes Basler Brot habe, brauche ich kein anderes Brot mehr, will keine Abwechslung im Brotkorb, kann mich jahraus, jahrein von Basler Brot ernähren. Verständnislos gucke ich mir die von anderen Bloggern gebackene Vielfalt in Brotevents an: Ewig Suchende, wonach sucht ihr denn, es gibt doch Basler Brot ? Wenn es doch nur so wäre; leider gibt es in Basel nicht allzuviele gute Basler Brote, das beste kommt aus Bern und selbst dieses war das letzte Mal nicht über alle Zweifel erhaben.
Zorra, die Luzernerin, hat sich meiner Not erbarmt und für mich ein Basler Brot entwickelt und gebacken. Dazu machte ich meinen ersten Sauerteigstarter (auch dieser nach zorra) und nach 8 Tagen Kinderstube: Füttern, Nachtruhe, Blubbern, Windeln wechseln, gings los. Resultat: mein bisher bestes (allerdings auch erstes) Sauerteigbrot. Die Krume geschmackvoll, weich, sauerteigbetont, wie ich es mag, etwas mehr als typischerweise bei Basler Brot üblich, die Porung etwas zu gleichförmig geraten. Die Kruste knusprig, geht eher Richtung Luzerner Weggen, ich hätte besser bemehlen sollen, die Craquelierung fehlte bei mir. Peanuts: ich bin begeistert. Hat sich auf Anhieb einen Rang im obern Drittel der Basler Brote aus Basel erobert. Danke zorra. Und mein neuer Mitbewohner, der Dinkel-Weizen-Kalt-Warm-Sauer, der übrigens Dinky heisst, hätte Lust, einen Luzerner Weggen oder ein St. Galler Bürli zu backen.
Zutaten
für den Dinkel-Weizen-Kalt-Warm-Sauer:
Dinkelvollkornmehl Typ 1700 Bio (zwecks Mehlaufbrauch)
Halbweiss-Weizenmehl Typ 700 Bio von COOP
1 Elf. Biorosinen
Mineralwasser Evian nature
für ein Baslerbrot, genauer, zwei Basler Laibli zu ca. 300 g
Vorteig
80 g Weizenmehl Type 1100 (L: 70 g)
80 g Mineralwasser Evian (L: 70 g)
10 g fester Sauerteig (L: 30 g von meinem flüssigen Dinky)
ganz wenig Frischhefe (ca. 2 g)
Hauptteig
330 g Weizenruchmehl Typ 1100 Migros IP
5 g Gluten (optional, weggelassen, hatte ich nicht)
170 g Vorteig (siehe oben)
13 g Hefe
11 g Salz
180-200 g Mineralwasser (L: 190 g)
Zubereitung
für den Dinkel-Weizen-Kalt-Warm-Sauer:
(Tag 1) Rosinen in 0,5 dl heissem Mineralwasser einweichen, nach ca. 1 Stunde die Rosinen entfernen. Dann in ein Halbliter-Konfiglas 50 g Dinkelmehl geben, mit dem Rosinenwasser mischen. Das Glas mit Folie abdecken, nicht luftdicht! 24 Stunden an einem nicht zu warmen (18-21 Grad!!!) Ort stehen lassen.
(Tag 2) Hälfte des Teiges wegschmeissen dann mit 50 g Dinkelmehl und 0,5 dl Mineralwasser mischen. Mit Folie zudecken und wieder 24 Stunden stehen lassen.
(Tag 3) wie Tag 2: weil er bereits brav blubbert und ihm im kühlen Keller so langweilig ward, darf er tagsüber für 6 Stunden zu mir aufs warme Fensterbrett: 25°C. Irgendwo habe ich gelesen, dass die Bäcker die Sauerteigführung zur Begünstigung thermophiler Bakterien bei höheren Temperaturen vornehmen…
(Tag 4) wie Tag 3: ab heute kriegte er Weizenmehl Typ 700 zu füttern, irgendwo habe ich gelesen, dass Dinkel sauer mache…
(Tag 5-8) wie Tag 4: trotz allem hin und her scheint der Sauerteig ein Gleichgewicht erreicht zu haben. Ein paar Stunden nach Fütterung verdoppelt er sich (bei 19°C), fällt dann zusammen, lebt in den warmen Zimmerstündchen nochmals leicht auf. Tag für Tag dasselbe.
Immer guter Getreidegeruch, keine Fremdgerüche wie Essigsäure oder Aceton, nach 4 Tagen kräftig milchsaurer Geschmack.
für das Basler Brot:
Vorteig: Alle Zutaten gut mischen und 15-20 Stunden bei Raumtemperatur stehen lassen. Man kann den Vorteig auch in den Kühlschrank geben und so einige Tage aufbewahren. Vor dem Gebrauch Zimmertemperatur annehmen lassen.
Hauptteig: Hefe in 0,5 dl Wasser auflösen. Vorteig ebenfalls mit etwas Wasser verdünnen. Alle Zutaten zu einem weichen, noch leicht klebrigen Teig kneten. In der Kenwood 10 Minuten kneten, anfangs langsam, dann schneller. Damit der Teigklumpen nicht nur, wie bei Kenwood üblich, rundherum Karussel fährt, hebe ich den Klapparm ganz leicht an. Teigtemperatur am Ende: 28°C. Der Teig muss sich von der Teigschüssel lösen, klebt aber beim Rausnehmen noch leicht an den Fingern.
Den Teig 60-90 Minuten (bei mir 90 Min. bei 25°C ) zugedeckt ruhen lassen, jeweils nach 30 Minuten ein stretch&fold machen.
Teig halbieren und vorsichtig zu länglichen Ovalen formen, gut bemehlen und auf einem Backpapier so zusammenlegen, dass sie an einem Ende zusammenstossen. Zugedeckt sehr gut gären lassen (ca. 60-75 Minuten bei 27°C). Die Laibe zeigen ganz leichte Abflachungstendenz: deshalb ein einmaliges push-up. Uff, diese englischen Brotbackfachbegriffe. Ofen mit kleinem Gussgefäss auf 240°C vorheizen. Vor dem Einschiessen des Brotes das Gussgefäss mit 100 ml heissem Wasser befüllen. Teiglinge mit Papier aufs Blech gleiten lassen, 20 Minuten backen, Temperatur auf 200°C reduzieren weitere 10 Minuten backen. Brot aus dem Ofen nehmen. Ofentemperatur auf 230 °C erhöhen. Nach ca. 5 Minuten, wenn der Ofen 230°C erreicht hat, das Brot nochmals ca. 10 Minuten backen, bzw. auf Sicht backen.