
Schon Bioweine haben es in der Schweiz nicht einfach. Auf nur etwa zwei Prozent der Schweizer Rebfläche werden Trauben unter kontrolliert biologischen Bedingungen angebaut. Der Absatz stagniert. Für Weingeniesser steht angeblich der Genuss im Vordergrund, Bio ist Nebensache. Die grossen Anbieter von Bioweinen (COOP, Delinat, Weinhandlung am Küferweg) haben dennoch Mühe, von den zumeist kleinen Produzenten überhaupt genug Ware für die Vermarktung geliefert zu bekommen. Die kleinen Produzenten verkaufen ihre Weine meist im Direktverkauf.

Für die Weinrallye habe ich einen Wein eines mir bis anhin unbekannten, kleinen, jungen Schweizer Produzenten ausgesucht: Peter Stucki. Er gehört zu den wenigen Deutschschweizer Winzern, die ihre Rebberge nach biodynamischen Prinzipien (Demeter) bewirtschaften.
Demeter ? Die Dame kennen wir doch. Dornach, das Zentrum eines weltweit tätigen Netzwerks spirituell engagierter Menschen, liegt unweit von Basel. Dort wird der Anthroposophie gehuldigt, eine esoterische Weltanschauung, deren Quellen wohl nur „geistig Eingeweihten“ erschliessbar sind. Als rational denkender Mensch habe ich mit dieser Heilslehre meine liebe Mühe. Längst hat sich der Tempel der Anthroposophie zu einem geschäftstüchtigen Imperium gewandelt. Der Name Rudolf Steiner öffnet Raum für immer neue Geschäftsfelder, in denen jeder sein Auskommen finden kann, der seine Ideen und Waren der Menschheit als transzendental-ganzheitliches Mysterium verkaufen kann. Dazu gehört letztlich auch die Biologisch-dynamische Landwirtschaft. Ich muss zugeben, dass ich dem esoterischen Brimborium wenig abgewinnen kann. Aber wenn man sich transzendentale Übertreibungen wie: „Sensibilisierung kosmischer Lebenskräfte“, „Speicherung kosmischer Kräfte in mit Kuhdung gefüllten, in Erde vergrabenen Kuhhörnern“ und die „Dynamisierung mit Wasser homöopathisch verdünnter, mit einem Reisigbesen während einer Stunde gerührter Lösungen“ mal einfach wegdenkt, bleiben durchaus vernünftige Anbauideen übrig. Die in der Summe betrachtet, sich auf das Leben der Pflanze und ihre Qualität positiv auswirken. Vieles ist in der Biodynamie letztlich Glaubenssache, die wissenschaftlich kaum bewiesen werden kann.
Ein Winzer, der die Mühe der biologisch-dynamischen Landwirtschaft auf sich nimmt, wird versuchen, die daraus entstandene Qualität im Keller zu erhalten und auf den Einsatz von Hilfs- und Zusatzstoffen so weitgehend wie möglich zu verzichten. Wieweit das in unserem Klima für einen Kleinbetrieb zu schaffen ist, weiss ich nicht.
Solange die Kellertechniken nicht in die Biozertifizierung einbezogen sind, ist auch bei Weinen mit dem Label „Biologisch-dynamisch“ vermutlich nur eine Annäherung an echte Naturweine möglich.

Aber lassen wir das. Leben und Leben lassen. Wer sich an die Regeln der Biologisch-dynamischen Landwirtschaft hält, der macht in meinen Augen zwar Umwege. Wer seinen Boden und die Natur als Arbeitgeber, Kapital und Lebensgrundlage betrachtet, macht aber auch nichts Falsches. Halten wir uns an den Wein.

Unweit der Stelle, wo die Töss in den Rhein fliesst, hat P. Stucki 2003 einen gut etablierten Weinbaubetrieb von 3.5 Hektaren Grösse übernehmen können und ihn ab 2008 von bio-organisch auf bio-dynamisch umgestellt. Das verdient Respekt. Eine schöne Gegend, wie die Bilder oben belegen.

mein Wein: Zwei Höger wiis Teufen, 2010
Federweiss nennt man in der Schweiz den aus Blauburgunder Trauben gekelterten Weisswein. Die Pressung ganzer Trauben löst die nur in der Beerenhaut eingelagerten Anthozyane kaum heraus. Somit entsteht ein feiner Weisswein, oft mit einem Hauch Lachsfarbe. Mein Wein besteht aus weiss gekeltertem Blauburgunder und Gewürztraminer. Helles Gelb, Lachsreflexe, klar. Nase Gewürztraminer, fruchtig, am Gaumen frische, gute Säurestruktur, Pinot noir-Basis, Honig, Quitte und das typische Gewürztraminerbouquet. Mit 10.6% Alkohol ein erstaunlich leichter Wein, der meinem Geschmack für Aperitiv- und Sommerweine ideal entgegen kommt. Ganz im Gegensatz zu dem reinen Federweissen Zwei Flüss wiis, 2009, der mir mit 13.6% Alkohol als Sommerwein zu schwer ist.
Produzent:
Peter & Karin Stucki
Irchelstrasse 29
CH-8428 Teufen
mein Beitrag an das Weinrallye #50, betreut von Iris vom Winzertagebuch Weingut Lisson: