Eines unserer liebsten Sommergerichte ist vitello tonnato. Das Paar Vitello/Tonno harmoniert aber nur dann, wenn beide Partner von allerbester Herkunft sind. Das ist gar nicht so einfach zu arrangieren wie man gemeinhin annimmt. Wie oft kriegt man im Restaurant graue Scheiben mehr oder minder zähen Kalbfleischs, zugedeckt mit einer gelb-bräunlichen Tunke aus billigstem Thon. Wenn die Partnerschaftsvermittlung aber was taugt und das Pärchen zusammenpasst, kann man nur noch andächtig staunen. Wenn ich bei einem mir unbekannten Italiener eine Vorspeise bestelle, dann immer vitello tonnato. Danach weiss ich Bescheid.
Mein Rezept stammt von Lidia Alciati, bis 2002 Köchin des heute an anderer Stelle existierenden Lokals da Guido di Costigliole, aus dem Buch von Bernhard Trefzer „I sapori del piemonte“, AT-Verlag, 2005, ISBN- 3-03800-242-9. In der Speisekarte des heute von einem ihrer Söhne geführten Restaurants wird ihr tonnato schlicht als „Il“ vitello bezeichnet.
Macht hingegen Frau L. den tonnato, gibts ihn auf die einfache Art: mit zugekauftem Fleisch. Auch bei der Sauce und der Deko sind wir uns nie einig. Aber es liegen keine Welten dazwischen. Das Pärchen harmoniert in beiden Varianten. Frau L. findet jedoch meinen Teller überkandidelt und garniert ihren eigenen selbst.
Zutaten
Die Fleischmenge reicht für 4-6 Personen. Die Sauce für 2 Personen.
Variante 1 von Herr L.:
800 g Kalbfleisch (Filet oder runde Nuss; solches der italienischen Razza albese, wie es von Lidia Alciati verwendet wird, muss man bei uns leider vergessen)
1 kleine Karotte
1 Rippe Stangensellerie
1 kleine Schalotte
1 kleiner Rosmarinzweig
Olivenöl und Bratbutter zum Anbraten
ca. 1-2 dl Fleischbrühe oder Hühnerbrühe
Salz, Pfeffer
Variante 2 von Frau L.:
Fleisch fertig geschnitten zugekauft (von Globus Delicatessa, welche es jedesmal zu meinem Ärgernis fertigbringt, die kleinen „Abfall“-Abschnitte für den Käufer im Laden praktisch unsichtbar unter den „schönen“ Lagen zu verstecken)
für die Sauce:
ca. 3 Elf. Mayonnaise aus der Tube (wegen 3 Elf. Mayo rühren wir keine selbstgemachte an)
120 g Thunfisch aus der Dose: beste Qualität, z.B. Filetes de Atun Blanco, Ventresca
3 Tlf. Kapern gewässert
1-2 Sardelle (Frau L. lässt diese ganz weg)
3-4 Elf. Weisswein zum verdünnen
Rotweinessig oder Zitronensaft zum Abschmecken
Salz und Pfeffer
für die Garnitur:
Frau L. garniert mit Blattpetersilie, Zitrone in hauchfeinen Scheiben, Kapern, Oliven
Herr L. garniert mit 4 Tlf. Kapern aus Pantelleria, 15 Min. gewässert, fein gehackt und im Mörser mit 2 Elf. Olivenöl extra verrieben (umwerfendes Gewürz !), ein paar feinen Blättchen Salat und, weil gerade vorrätig, Salbeiblüten.
Zubereitung
Variante 1:
(1) Schalotte, Karotte, Selleriestange in Würfel schneiden. In einem ofenfesten, verschliessbaren Gusseisentopf etwas Öl und Butter erhitzen, das Gemüse zusammen mit dem Rosmarinzweig kurz anrösten. Herausnehmen. Das Fleisch zugeben, von allen Seiten anbraten, dann mit der Fleischbrühe begiessen. Gemüse wieder zugeben.
(2) Zugedeckt im vorgeheizten Backofen bei 150°C ca. 20 Minuten garen. Nach Halbzeit wenden. Ich stecke nach 20 Minuten ein Fleischthermometer in das Stück und lasse bis zu einer Kerntemperatur von etwa 59-60°C weitergaren. Das Fleisch soll nicht durchgeschmort, sondern innen noch rosa sein. Fleisch sofort herausnehmen, erkalten lassen und über Nacht in Folie eingerollt in den Eisschrank stellen.
für die Sauce:
(3) Den Thunfisch abtropfen lassen, etwas Weisswein, ggf. die Sardellen und die Kapern mit dem Stabmixer zu einer feinen Creme mixen, die Mayo unterziehen und die Konsistenz ggf. mit weiterem Weisswein oder Mayonnaise einstellen, würzen mit Salz, Pfeffer und Rotweinessig oder Zitronensaft.
Anrichten
Das Fleisch mit einer Aufschnittmaschine feinstmöglich aufschneiden, auf die Teller drapieren. Mit der Sauce zum kleineren Teil überziehen, das schöne Fleisch soll seine Qualitäten zeigen, garnieren nach individuellen Vorstellungen. Dazu gerne Rosmarinkartoffeln.
Anmerkung
Vitello tonnato-Rezepte benachbarter Blogs siehe unter: Anonyme Koeche, Kochsinn, Bolli’s Kitchen, huettenhilfe.
Für jene, die Thon nicht mögen, habe ich ein Rezept mit einer leichten Basilikumsauce:









