
Reichlich unbedarft habe ich mich an meinen ersten Blätterteig herangewagt. Es las sich alles so einfach. Mille-feuille besteht zwar nicht aus tausend Blättern, kann aber nach tausend Rezepten hergestellt werden. Erst habe ich in Bolliskitchen geschmökert, danach bei Johannes Guggenberger, zuletzt bei Peppinella. Bolli gibt mit Ulla eine sehr gute, Schritt für Schritt dokumentierte Anleitung, Butter, die in einen Grundteig aus Mehl, Butter und Wasser eingeschlagen und touriert wird. Johannes nimmt das Rezept von Vincent Klink. Dort wird die Butter erst mit wenig Mehl verknetet, im Grundteig kommt Essig hinzu. Das behindert die Kleberbindungen und erlaubt ein leichteres Auswallen. Das imponierte mir, daran habe ich mich gehalten.
Zutaten
für die Einziehbutter (Beurrage)
400 g Butter
100 g Weissmehl
Die leicht angefrorene Butter durch eine Röstireibe ins Mehl reiben. Zu einem glatten Teig verkneten. Zu einer quadratischen Platte von 10 cm Seitenlänge plattieren und, eingewickelt in Folie, eine Stunde in den Kühlschrank legen.
für den Grundteig (Détrompe):
160 g Wasser
10 g Salz
10 g Reisessig
100 g Butter
Zusammen aufkochen, vollständig abkühlen lassen und gut mischen
400 g Halbweissmehl mit der Küchenmaschine unterkneten. In Folie einwickeln und 1 Stunde im Kühlschrank ruhen lassen.
Zubereitung
(1) Den Grundteig auf einer gut bemehlten Unterlage, in allen 4 Richtungen zu einer Art Viereck mit Ausbuchtungen an den Ecken auswallen. Ideal wäre Auswallen auf einer kalten Marmorplatte. Das Stück Einziehbutter 45° verdreht drauflegen (Bild) und die Ecken des Teigrechtecks über die Einziehbutter schlagen, diese muss vollständig vom Grundteig umschlossen sein, soll aber nicht zuweit überlappen. Danach kommt das Teigpaket (paton) für eine Stunde in den Kühlschrank.
(2) Das Teigpaket herausnehmen und zu einem gleichmässigen langen Rechteck (Länge etwa 40 cm) auswallen. Die Seiten mit Hilfe eines Lineals begradigen. Die lange Seite des Teiges befindet sich vor uns. Im Geiste teilen wir den Streifen in 3 gleichgrosse Teile. Schlagen erst den linken Teil über den Mittelstreifen. Pinseln anhaftendes Mehl weg und schlagen den rechten Streifen über den Mittelteil. Wir haben eine dreifache Schicht. Das ist die einfache Tour. Mit dem Wallholz anwallen, einwickeln in Folie und ab für eine Stunde in den Kühlschrank.
(3) Das Teigpaket wieder herausnehmen, darauf achten dass der Rücken des Pakets immer nach rechts schaut und zu einem gleichmässigen langen Rechteck (Länge etwa 60 cm) Richtung Buchrücken auswallen. Nun merken wir uns die Mittellinie der Teigbahn, schlagen erst das linke Ende bis zur Mittellinie, dann das rechte bis zur Mitte. Nun haben wir eine doppelte Schicht. Pinseln anhaftendes Mehl weg und schlagen den rechten Streifen über den linken. Dabei befindet sich der Rücken des Pakets wieder rechts. Wir haben eine vierfache Bahn. Das ist die doppelte Tour. Mit dem Wallholz anwallen, einwickeln in Folie und ab für eine Stunde in den Kühlschrank.
Damit haben wir bereits eine einfache und eine doppelte Tour. Das Ganze wird wiederholt bis wir die Reihenfolge Einfach, doppelt, einfach, doppelt, einfach, abgearbeitet haben (3x4x3x4x3=432 Touren)
In 3 Pakete zu ca. 300 g teilen, vakuumieren und einfrieren. Aus dem Rest wird probegebacken: Spanisch Brötli aus einer Doppellage Teig je 5 mm dick (Titelbild). Und Flûtes au beurre mit Kümmel. (Folgendes Bild)

Anmerkung
Blätterteig herzustellen, hat nichts Mystisches an sich. Dieser Teig war weich, willig und sehr gut auszurollen. Die Herstellung ist nicht einmal besonders aufwendig. Der reine Zeitaufwand ist relativ gering, lediglich die Warte- und Kühlzeiten ziehen das ganze Prozedere in die Länge. Gerade die Zwischenkühlungen sind jedoch für den Erfolg wichtig. Wird der Blätterteig zu rasch und noch warm touriert, so können sich die Schichten vermischen und der Teig geht nicht mehr linear auf.
Das Geheimnis dieses Teiges besteht einerseits im Essig, der dem Grundteig zugesetzt wird. Das macht den Teig mürbe. Zähe Blätterteigböden in Feingebäck werden damit vermieden. Andererseits erlaubt die Butter-Mehlmischung, die anstelle der Einziehbutter verwendet wird, auch mit unserer (meist zu weichen) Butter zu arbeiten. Der Grundteig soll fest, aber nicht allzu fest sein.
Den Originalartikel von Vinzenz Klink mit einem Butter/Mehl-verhältnis von ca. 25% findet man hier. Johannes hat das Butter-Mehl-verhältnis aufgrund seiner beruflichen Erfahrung in seiner Rezeptadaption auf 50% geändert. Daran habe ich mich gehalten.
Geschmacklich ist der Teig sehr buttrig, zart, zergeht auf der Zunge. Zweifellos ein toller Teig. Für meinen Geschmack, der ich mich an trockene Teige mit 25% Ziehmargarine gewohnt bin, ist der Teig jedoch etwas zu buttrig. Bei den nächsten Versuchen werde ich den Mehlgehalt im Grundteig etwas erhöhen. Ggf. unter Anpassung der Wassermenge.