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Crissier: Restaurant de l’Hôtel de ville

In jungen Jahren war ich mit Frau L. während der Ägide des Jahrhunderkochs Fredy Girardet mehrere Male hier essen. Der Rücktritt von Fredy Girardet 1996 bedeutete auch für uns leider das Ende einer grossartigen Aera. Die gesundheitlichen Probleme von Frau L. liessen keine grossen, gastronomischen Ausflüge mehr zu. Die Nachfolger von Girardet: Philippe Rochat und 2012  Benoît Violier besuchten wir nicht mehr. Seit dem Tod von Violier 2016 führt Frank Giovannini die Küche. Auch er, wie alle seine Vorgänger, mit 3 Michelinsternen ausgezeichnet. Ein Haus mit 3 Sternen seit 1975 ohne Unterbruch (das Übergangsjahr 1997 in Klammern).

Meine heutige Lebenspartnerin, Frau H., die um meine seit 40 Jahren andauernde Wertschätzung des Restaurants weiss, fädelte den Besuch ein und machte mir damit eine Riesenfreude. Als (zahlender) Gast nicht auf bequemen Stühlen in einem der beiden Speisesäle, sondern „au bout du passe“, am Ende des Küchenpasses, auf zwei lehnenlosen Barhockern mit spektakulärer Rundumsicht auf Küche, 25 Köche und die laufend angerichteten Teller. Das angespannte Zuschauen macht die Stuhllehne überflüssig.

Wir haben uns inmitten der Abläufe wunderbar aufgehoben gefühlt, in beinahe familiärer Atmosphäre. Die grosse Küche ist klinisch sauber, klimatisiert und belüftet, hat dieselbe Temperatur wie die Speisesäle, erklärt uns Giovannini bei einem Glas Champagner. Die 25 Köche, alle mit Torchon und Toque, arbeiten ruhig, sauber, konzentriert und mit einer unglaublichen Präzision. Tätowiert ist kaum jemand, jeder Koch kennt seine Aufgaben, geredet wird wenig, geschrien überhaupt nicht. Der im Video hörbare Gesprächslärm stammt hauptsächlich von den Gästen am Chefs Table. Einzig das mehrstimmige „oui“ übertönt das Raunen in der Küche, wenn der Chef am Pass die Bestellungen abruft. Regie und Kommando am Pass führt der sous-chef. Franck Giovannini hat sich beim Skifahren leider die Schulter gebrochen, trotzdem steht er am Pass, hilft beim Teller putzen und Kontrollieren. Begrüsst und verabschiedet Gäste. Kurzum: ein einmaliges Erlebnis. Auf jedes Gedeck kommt mindestens ein Angestellter. Das erklärt den gehobenen Preis. Dennoch: in Paris zahlt man für 3-Sterne mehr.

Die Barhocker am Pass (wie auch die 6 Gedecke am chefs table) werden nur belegt, wenn das Restaurant nicht mit grösseren Gruppen ausgelastet ist. Serviert wurde uns das Wintermenu 2023, No° 53 (die Karten werden seit der Aera Violier hochgezählt). Seit Jahren ist das Haus Mittags wie Abends ausverkauft. Zu Recht. Und für das wirtschaftliche Überleben notwendig.

Unlängst hat Andy von lieberlecker hier gegessen und sein Menu voll bebildert, ich kann mich deshalb auf wenige Bilder beschränken.

Auf dem Pass hinter unserem Brotkörbchen:
Nage glacée de Couteaux mouillée au Dézaley du Lavaux,
primeurs d’hiver au géant d’Italie et caviar Osciètre.

Foie Gras de Canard poudré au balsamique des Alpes bernoises
pickles de chou-fleur et topinambour de Noville

Noix de Saint-Jacques caramélisée aux zestes d’agrumes
courge craquante et jus à la chair de clémentine

Tarte renversée de Cardons de Crissier, aromatisée aux diamants noirs de Provence
Regionale Produkte spielen eine grosse Rolle in den geradlinigen, auf das Produkt fokussierten Menus von Giovannini.

Dos de Barbue rôti sur l’arête aux jeunes poireaux du canton
émulsion gourmande comme une béarnaise.
Der Glattbutt wird vor dem Gast kunstvoll von der Gräte gelöst.

so sieht er dann auf dem Teller aus.

Ohne Bild:
Délicate royale de Langoustine au Cornalin Combe d’Enfer
éclats de panais et pousses de rampon d’Orny
Agneau de lait cuisiné de la tête aux pieds
laitue confite à la moutarde d’herbes fraîches
Fromages frais et affinés
Coque givrée d’Oranges sanguines siciliennes
chocolat intense et amandes acidulées
Friandises


Sorbet rafraîchissant de Pommes Gala
parfumé aux fruits de la passion

Nach 15 Uhr übernimmt die nächste Schicht die Vorbereitungen für den Abend. Alles frisch, von Grund auf à la minute zubereitet. Kein sous-vide, nichts Vorgekochtes.

Malakoffkugeln Moitié-Moitié

Im Frühjahr waren wir in Crissier im Hôtel de ville essen. Die Initialen von Fredy Girardet sind geblieben und stehen heute für Franck Giovannini, einem Jurassier. Mein letzter Besuch in Crissier datiert aus dem Jahre 1994, damals noch bei Fredy Girardet. Danach ergab es sich nicht mehr. Die Nachfolger von Girardet: Philippe Rochat und Benoît Violier, habe ich leider verpasst. Ausufernde Essmarathone in Spitzenrestaurants wurden Frau L. zuviel.

Frau H. war noch nie in Crissier, ein Grund für sie, mich zum Einjährigen einzuladen. Danke.

Seine besten Rezepte hat Giovannini in einem Kochbuch zusammengefasst, kein Kochbuch der üblichen Sorte: Hochglanzdruck, der auf dem Salontisch verstaubt, weil kaum jemand auf die Idee kommt, daraus etwas nachzukochenen. Auf der linken Seite ist jeweils ein Photo seiner Gerichte (ohne Rezept) abgebildet. Rechts davon ist eine von ihm für den Normalverbraucher zugeschnittene, vereinfachte Rezeptversion (wiederum mit Foto) angegeben. Ein für uns Laien interessanter Ansatz.

Als amuse geule gab es u.a. kleine Malakoffkugeln. Im Kochbuchrezept sind daraus klassische Mini-Malakoffs mit Unterlagsscheibe aus Toastbrot geworden. Ich hielt mich an die Restaurantversion, indem ich die Käsemasse zu Kugeln formte. Ideal wäre dafür eine Cake-Pop Form aus Silikon. Besitze ich nicht, mit meinen beiden 3cm Kugelformen und etwas Fingerfertigkeit gings auch.

Zutaten und Zubereitung

für etwa 18 Malakoffkugeln

90 g Vollei
25 g Weisswein Chasselas110 g Greyerzer Käse
110 g Vacherin fribourgeois
25 g Weissmehl
1 Prise Natriumhydrogencarbonat (Backpulver)
weisser Pfeffer

(1) Eier mit dem Weisswein mixen, In einer Rührschüssel die feingeriebenen Käse mit dem Mehl und Backpulver mischen und unter die Eimasse ziehen. Mit Pfeffer würzen. 1 Stunde ruhen lassen.
(2) Malakoffmasse in 2 Silikonformen (Halbsphären von 3cm Durchmesser) abfüllen, beide exakt !! übereinanderklappen, die oben liegenden Sphären leicht andrücken, danit die beiden Halbkugeln aneinander kleben, auch wenn dabei eine kleine Delle entsteht, und mind. 1 Stunde in den Tiefkühlschrank stellen.
(3) Gefrorene Kugeln vorsichtig aus den Formen nehmen, kurz antauen, dann portionsweise in 180°C heissem Fritieröl fritieren, bis sie hellbraun sind.

Servieren mit Essig-Cornichons und Salat.

Wer die Malakoffs lieber Original möchte, nimmt Halbsphärenformen von 4 cm Durchmesser, füllt sie mit der Masse und belegt sie mit dünnen, ausgestochenen Toastbrotrondellen. Tiefgefrieren, Halbkugeln aus den Formen nehmen, auftauen, dann anschliessend Fritieren.

Apfeltarte. Tarte aux pommes. Pure et simple

Apfeltarte 2017 12 06_1216

Zu Weihnachten nur nichts kompliziertes. Dass einfach auch gut bedeutet, beweisen diese beiden Rezepte bedeutender Köche, einmal Franz Wiget, Meister aller Klassen der Innerschweiz sowie Frank Giovannini, Küchenmeister und Schweizer Koch des Jahres 2018  im Hôtel de ville in Crissier.
Den Unter- und Aufbau übernahm ich mehr oder weniger von Giovannini, verwendete jedoch Quitten- anstelle von Apfelpüree, das Glasieren von Wiget.

Die Anweisung von Wiget im gedruckten Globus-Rezept, den Blätterteig 2 cm (!!) dick auszuwallen, übergehen wir weihnächtlich milde gestimmt, zumal das Warenhaus inzwischen seinen Fehler wenigstens im Internet behoben hat, ebenso wie die Zeitangabe beim Backen der Tarte, in 10 Minuten kriege ich meine Apfeltarte nie und nimmer knusprig gebacken.

Apfeltarte. Tarte aux pommes.


Apfeltarte 2017 12 06_1205

Zutaten
für 2x 20 cm Tartes
für den Rosmarin-Karamell:
90 g Zucker
50 g Butter
3 Rosmarinzweige, Nadeln gehackt
50 g Honig
50 ml Apfelsaft

für die Apfeltarte:
2 Boskopäpfel (oder Gala), ungeschält, entkernt, halbiert (L.: besser geschält nach Originalrezept)
ca. 250 g Butterblätterteig
einige Butterflocken
8 EL Quittenpüree (allenfalls Apfelpüree)

Zubereitung
für den Rosmarin-Karamell:
(1) Zucker zu hellbraunem Karamell schmelzen, Butter einrühren und mit dem Apfelsaft ablöschen. Rosmarin und Honig unterrühren, einmal aufkochen, zugedeckt abkühlen lassen und absieben. Einkochen, bis die Mischung sirupartig ist.

für die Apfeltarte:
(2) Blätterteig 2 mm dick rund auswallen, auf ein mit Backpapier belegtes Kuchenblech legen. Stupfen. Mit etwa 4 EL Quittenpüree bestreichen. Kalt stellen.

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(3) Inzwischen Aepfel mit einem Hobel oder der Aufschnittmaschine in 1 mm dicke Scheiben schneiden und die Tarte vom Rand her überlappend belegen. Apfelschicht mit Rosmarin-Karamell bepinseln. Eine zweite Schicht Aepfel in einem kleineren, konzentrischen Kreis auslegen, wiederum mit Apfel-Karamell bestreichen, danach eine dritte Schicht, wiederum mit kleinerem Durchmesser, auslegen, bestreichen, mit Butterflöckchen bestreuen.
(4) 25 Minuten im Ofen bei 180°C (O/U-Hitze) backen. Herausnehmen, vorsichtig mit Rosmarin-Karamell betupfen und nochmals ca. 25 Minuten bei 180°C (Umluft) fertig backen. Herausnehmen und noch lauwarm essen.

Apfeltarte 2017 12 06_1210

Es soll ja Länder geben, in denen man beim Essenholen in der Kantine sich das Fleisch und den Salat gleich auf die Desserttarte legt, um den Teller dann schichtweise von oben nach unten abzuarbeiten. Da wir jedoch in einer angeblich zivilisierten Region leben, legen wir die Eiscrème neben, statt auf die Tarte. Als Eiskrem keinesfalls eine von Mövenpick, sondern meine eigene: Quitte/Hagebutten von vorletzter Woche