
Magenbitter-Softeis. Ich stehe nicht auf Magenbitter. Trotzdem, der Kuriosität halber, haben wir bei Anna Bertola in Altavilla ihr bekanntes Sorbetto di Amaro Braulio probiert: Köstlich, aromatisch, eine kulinarische Offenbarung. Ich habe mir eine Flasche der Braulio Riserva Speciale, die 5 Jahre in Holzfässern reift, zugelegt. Frau L. ihrerseits legte sich in einem Geschäft für Hotelbedarf in Bianzone die gleichen, hübschen Glaskelche zu, wie sie Anna Bertola benützt. Und gleich noch mehr dazu.
Mein Rezept basiert auf Halbrahm, für Kalorienbewusste beschreibe ich eine magere Variante, ein Zauberschaum auf Basis von Magermilch. Ein Uralttrick aus dem physikalisch-chemischen Lehrbuch mit dem der Zauberstabhersteller die Kundschaft immer noch erfolgreich verblüfft.
Im Jahre 1875 entwickelte der Apotheker Dottore Francesco Peloni in Bormio, dem Ski- und Thermalort im oberen Veltlin, ein Rezept für einen natürlichen, handwerklich hergestellten Magenbitter, der im Norden Italiens heute ausserordentlich populär ist. Der Bitter besteht aus Extrakten getrockneter Kräuter, Früchte und Wurzeln, wie Enzian, Wacholder, Moschusschafgarbe, sowie Wermut, Alkohol und Wasser. Das genaue Rezept, wie immer bei den Magenbittern, hoch geheim. Bislang habe ich um alle derartigen Alpen-Jäger-Appenzeller-Fernet-Ramazzotti-Amaro-Bitter einen weiten Bogen gemacht. Die den Gesöffen zugeschriebene, verdauungsfördernde Wirkung wird nach meiner Meinung durch ihren Alkoholgehalt, der die Aktivität der Magensäfte lahmlegt, gleich wieder zunichte gemacht.
Zutaten
3 dl Halbrahm
ca. 30-40 ml Amaro Braulio
1-2 Elf. Zucker
Zubereitung
(1) gut gekühlten Halbrahm flaumig schlagen, Amaro und Zucker einarbeiten, dann etwa 30 Minuten in einem Metallgefäss in den Tiefkühler stellen. Zwischendurch mit dem Schwingbesen umrühren. Die Masse soll die Konsistenz von weichem Softeis haben. Anna Bertola serviert das Dessert mit Trinkhalm.
Anmerkung
Wer das Dessert leichter möchte, kann einen Teil des Halbrahms durch Milch ersetzen, das Ganze gibt dann eher ein frappé. Statt Rahm zu verwenden, kann der Amaro auch in weichgerührtes Vanille-eis eingearbeitet werden. Hauptsache kalt. Ob das auch mit andern Bittern zu machen ist, weiss ich nicht, will es nicht wissen. Eine Flasche genügt mir voraussichtlich für die nächsten 5 Jahre und diese Flasche ist nicht schlecht.
Und wer es noch leichter möchte, der nimmt Magermilch (Ich habs mit dem fetteren Milchdrink, 2.7% Fett, mit Erfolg ausprobiert). Diese wird im Mixbecher im Tiefkühler eisgekühlt, am Gefässrand müssen sich die ersten Eiskristalle bilden, dann schlägt man die Magermilch mit der Schlagscheibe des Zauberstabs auf. Die Milch wird mit etwas Geduld halbfest wie Joghurt, schaumig, vergrössert ihr Volumen. Dann den Braulio und den Zucker zugeben, nochmals durchschlagen und sofort servieren. Ein Zaubertrick mit einem Nichts an Kalorien. Mit normaler Milch und niedertourigen Mixern funktioniert er nicht.
Der Grund für dieses Phänomen ist die Schaumbildung an den Grenzflächen von Milcheiweiss und Luft. Das Milcheiweiss bildet beim hochtourigen, kalten Schlagen lange, grenzflächenaktive Ketten. Deren hydrophober Teil ist an der Oberfläche der feinen Schaumbläschen Richtung Luft geordnet, der hydrophile Teil gegen das Wasser. Das stabilisiert den Schaum. Fett und Alkohol zerstören den Schaum oder lassen ihn gar nicht entstehen.









