Für Ostern wollte ich noch ein paar Frischprodukte einkaufen. Wollte! Vor der Migros 50 Meter Warteschlange, vor dem Lieblingswarenhaus 50 Meter Schlange. Alle im abgesegneten Coronawürgegriffabstand. Einzelne Glieder der Schlange giftelten um sich, reklamierten mehr Distanz. Giftige Schlangen mag ich nicht, ich sollte ja eh zu Hause bleiben. Unverrichteter Dinge kehrte ich dorthin zurück: Ohne Spargel. Ohne Erdbeeren. Doch zu Fest- und Freudentagen passen auch selbstgemachte Ravioli, zumal noch eine Packung Ziegenricotta und ein paar lahme Kräuter im Kühlschrank warteten. Aber wie anrichten? Ohne nichts? Mit Butter/Salbei? Da kam mir das vor vielen Monaten aus dem Krankenkassenblättchen gerissene Interview mit Rebecca Clopath gerade zupass. Auf Seite 10.
Die Frage, was das beste Essen sei, das Sie jemals gegessen habe, beantwortete Rebecca Clopath, talentierteste Naturköchin der Schweiz, mit einem Gericht ihrer Jugendzeit: „Kardamomlinsen mit Nudeln… – best ever“. Indisch-Alpenländisch mit Zwiebel und viel Nidlä (das ist Hindi und steht für Sahne). Die Linsen gab ich unter die Ravioli statt zu Nudeln. Best combination ever.
Für ihre Linsen müsste man Frau Clopath, wenn schon nicht ins Herz schliessen —undenkbar in Coronazeiten—, mindestens einen Orden verleihen, oder bei ihr ein Essen buchen, schade, dass der Biohof, auf dem sie wirkt, für mich so unerreichbar weit weg liegt.

Pastateig:
100 g Weissmehl Typ 00
100 g Semolina (Hartweizendunst)
3 g Salz
3 Eigelb 60 g
1 Vollei 60 g
1 TL Olivenöl
Füllung:
250 g Ziegenricotta aus dem Tessin
2 EL Mascarpone
5 EL fein gehackte Kräuter (L.: vor allem glatte Petersilie)
Zitronenabrieb
weisser Pfeffer
Kräutersalz und einen Dreher Mekelesha-gewürz. Äthiopische Gewürzmischung aus gleichen Teilen Bockshornklee, Fenchelsamen, Kreuzkümmel und Ajowansamen.
Kardamomlinsen:
100 g Belugalinsen
1/2 Zwiebel, geschält, feinst gehackt
1/3 Peperoncino, ohne Kerne, am Stück
1 Lorbeerblatt
2 dl kräftige Gemüsebrühe
ca. 1 dl Vollrahm
etwa 10 ganze Kapseln grüner Kardamom
Meersalz
(1) Alle Zutaten zu einem festen, trockenen Teig verkneten, ggf. brauchts noch wenig vom übrigen Eiweiss dazu, in Vakuumbeutel vakuumieren, 1 Stunde im Kühlschrank ruhen lassen.
(2) Aus ca. 30 g Ravioliteig portionsweise schmale Teigstreifen dünnstmöglich ausrollen. In ca. 6cm grosse Quadrate schneiden. Füllung mit einem Spritzbeutel mittig auftragen und aus den Quadraten Tortellinioniinioni formen… das klingt unentschlossen, ist es auch, jedenfalls so irgendwie dazwischen.
(3) für die Linsen die Zwiebel, Peperoncino, Lorbeerblatt und den Inhalt von 5 plattgedrückten Kardamomkapseln (ohne Kapselhülle) in wenig Butter anschwitzen, die abgebrausten Linsen zugeben und mit der Gemüsebrühe gut überdecken. Salzen. Garen bis die Linsen knapp gar sind, gut 15 Minuten. Lorbeer und Peperoncino entfernen.
(4) die schwarze Brühe abgiessen, Linsen zurück in den Topf geben, mit Rahm aufgiessen und die restlichen, zerdrückten Kardamomkörner (wiederum ohne Kapseln) zugeben und alles leise köcheln, bis die Linsen vollends gar sind.
(5) Die frischen Tortell… vor dem Anrichten in heissem Salzwasser 3 Minuten ziehen lassen, abgiessen, in wenig Butter schwenken und auf dem Linsenbeet anrichten.
Dann blieben da noch 2 Eiweisse vom pastateig übrig. Dazu noch ein Rest Raviolifüllung im Spritzbeutel. In einer kreativen Anwandlung rührte ich damit anderntags einen Freihand-Crêpeteig: 75g Mehl, 75g Milch, etwas Mineralwasser, 2 Eiweiss, 1 EL Butter, Salz, 1 knapper TL Curcuma (um das fehlende Eigelb zu kaschieren). Doch die Butter wollte ohne Eigelb nicht binden, also wärmte ich die Teigschüssel in warmem Wasser an, bis auch die Butter sich bequemen musste. Aus dem Teig in Butter Pfannküchlein gebacken, gefüllt mit der Raviolifüllung, mit Butter überschmelzt im Ofen gebacken und-… wiederum auf Kardamomlinsen serviert
Schon wieder ein Gericht fürs Bistro. Restenlos und restlos glücklich.