Archiv der Kategorie: Gourmandisen

Falafel tonnato oder Falafel zucchinato ?

Die Falafels sah ich bei Micha, Grain de Sel, Expertin -nicht nur- für gescheite Gedanken, Goethe, Salate und vegetarische Frikadellen aller Art. Wenn es ein Falafel auf Michas Teller schafft, dann kann man ihn unbesehen nachkochen. Ideengeber für das Rezept war ursprünglich der arabische Video-Kanal Peaceful Cooking. Das Rezept ist einfach und robust. Ideal für Sommertage. Nichts denken, nur nachkochen.

Anstelle von Joghurt-Knoblauch- oder Chilisauce servierte ich eigene Saucenvarianten. Zu verschiedenen Gelegenheiten, nicht alle auf einmal.

Zutaten und Zubereitung

ca. 14 Stück zu je 50-60 g für 4 Personen

230 g rote Linsen
150 g Zwiebeln
300-350 g Kartoffeln, festkochend
70 g Karotte
3 Knoblauchzehen
Anstelle von 1/2 Bund Koriander und Petersilie: L.: 1 Handvoll Thymian, Petersilie, Bergminze
1 EL Kreuzkümmel (L.: 1 TL), gemahlen
1 EL Koriander, gemahlen
1 TL Salz
Harissa (L.: 1 TL scharfer Curry Anapurna)
L.: Brotbrösel zum Panieren

 (1) Linsen 30 min in reichlich lauwarmem Wasser einweichen, dann abschütten und abtropfen lassen.
(2) Inzwischen Zwiebeln, Kartoffeln und Karotten auf der Bircherreibe oder einem feinen Juliennehobel reiben. Das Gemüse zusammen in einer Pfanne in etwas Olivenöl bei geringer Hitze ca. 10 min dünsten.
(3) Abgetropfte Linsen, frische Kräuter und Knoblauch im Cutter fein cuttern. Wenn der Cutter nicht richtig greift, 2-3 EL von der Gemüsemischung, mitcuttern.
(4) alles mischen, kräftig abschmecken und die Masse ca. 30 min kalt stellen.
(5) Patties von ca. 8 cm Durchmesser formen (L.: 60 g Masse in einen Ausstechring drücken und den Ring hochheben.
(6) Ich habe die feuchten Patties zusätzlich in Panierbröseln gewendet, das macht sie nach dem Anbraten noch knuspriger.
(7) In Olivenöl bei moderater Hitze beidseitig knusprig braten.

Schmeckt auch in meiner Variante sehr gut, ein Dip dazu ist jedoch empfohlen. Kann auch kalt oder im Ofen aufgewärmt gegessen werden.

Grüne Zucchinisauce für Vegetarier

serviert mit den allerletzten Fave (die Sauce hätte eigentlich passiert werden müssen)

300-400 g kleine, dunkelgrüne Zucchini
1 kleine Knoblauchzehe, gewürfelt
10 g Basilikumblätter
Olivenöl
Salz

Zucchini putzen, schälen. Die Schalen reservieren.
Das Fruchtfleisch in Mirepoix schneiden. Den Knoblauch in Olivenöl farblos andünsten, die Zucchiniwürfel zugeben, leicht salzen und etwa 15 Minuten offen dünsten.
Inzwischen die Zucchinischalen in kochendem, gesalzenem Wasser 1 Minute blanchieren, den Basilikum in den letzten 12 Sekunden mitblanchieren. Anschliessend sofort in Eiswasser abkühlen, abtropfen lassen und ausdrücken.
Zucchini/Basilikum mit dem gedünsteten Fruchtfleisch und etwas Olivenöl mixen oder cuttern. Abschmecken.

Thonsauce

serviert mit Fave (Bild siehe oben)

ca. 3 Elf. Mayonnaise
120 g Thunfisch aus der Dose, beste Qualität
3 TL Kapern gewässert
1-2 Sardellenfilets
3-4 EL Weisswein zum verdünnen
Rotweinessig oder Zitronensaft zum Abschmecken
Salz und Pfeffer

Salbei-Baumnuss-Pesto

serviert mit Kefen

1 Handvoll junge Salbeiblättchen, Stiel entfernt
1 junge Knoblauchzehe
50 g Baumnusskerne
30 g Parmesan frisch gerieben
1/3 Abrieb einer Biozitrone
Olivenöl extra, etwa 70 ml
Salz, Pfeffer

Salbeiblätter grob hacken. Alle Zutaten in einem Cutter zu einer dicken Paste zerstossen, würzen mit Salz und Pfeffer.

Ajvar-Sauce

Rezept in Anlehnung an Tante Betty, serviert mit frischen Buschbohnen

1 Aubergine, ca. 300 g
4 rote Peperoni, in Spalten segmentiert und entkernt
1-2 Peperoncini
3 junge Knoblauchzehen, ganz
Olivenöl

1 kleine Zwiebel, geschält, gehackt
2 EL Olivenöl
2 EL Tomatenpuree
5 Damassines, entkernt (anstelle einer Prise Zucker )

1 TL Lorbeerpulver
1 TL Salz
schwarzer Pfeffer

1 EL Olivenöl
2 EL Aceto balsamico bianco

Ofen auf 240 Grad (statisch) vorheizen. Aubergine längs halbieren, mit den Peperoni-stücken, Peperoncini und Knoblauchzehen auf ein mit Backpapier belegtes Blech legen. Gemüse mit Olivenöl einpinseln.
ca. 30 Min. in der unteren Hälfte des Ofens. backen. Knoblauch und Peperoncini nach etwa 20 Minuten vorzeitig herausnehmen.. Das Blech mit einem feuchten Küchentuch zugedeckt ca. 15 Min. abkühlen.
Auberginenfleisch mit einem Löffel aus der Schale kratzen. Haut von den Peperoni und Peperoncini abziehen, Peperoncini entkernen, alles in Stücke schneiden. Knoblauch aus der Schale drücken.
2 EL Olivenöl in einer Pfanne warm werden lassen. Zwiebel ca. 2 Min. andünsten, Tomatenpüree kurz mitdünsten. Peperoni, Peperoncini, Aubergine, Knoblauch und Damassines beigeben, ca. 15 Min. dünsten, würzen,. Mit 1 EL Olivenöl und den Aceto in einen Mixer geben und fein pürieren. Danach durch ein Sieb passieren.

CH-7428 Bergwandern in Bergün/Bravuogn (2/2)

Die zweite Wanderung begann mit einer Bahnfahrt hoch nach Preda. Das kleine Dorf liegt auf rund 1800 m am Westportal des Albulatunnels. Von Preda aus wanderten wir bergauf an den Lai da Palpuogna. Der Palpuognasee ist ein Bergsee, der für sein glasklares Wasser und den umliegenden Lärchenwald bekannt ist.


Im heutigen Leitthema wurde der Frage nachgegangen, warum eine Pflanze genau dort wächst, wo sie wächst und nicht woanders. Nach einer wissenschaftlichen Theorie steht jede Pflanze an ihrem Standort in einem Spannungsfeld von drei unterschiedlich stark ausgeprägten Kräften: Competition, Stress-Tolerance und Disturbance (Ruderals).

Noch eine Langspornige Händelwurz (Gymnadenia conopsea).

Der Mittlere Wegerich (Plantago media) im Gegenlicht macht jeder Orchidee Konkurrenz

Nach derUmrundung des Sees wanderten wir dem Bahnlehrpfad der Rhätischen Bahn entlang zurück nach Bergün.

Am nächsten Tag fuhren wir zur Seilbahnstation Darlux und wanderten ins Tal Tesch. Blick zurück auf den Piz Ela, 3340 m, der höchste Gipfel aus Dolomitgestein auf Schweizer Boden.

im Val Tesch

Zweiblättrige Waldhyazinthe, Platanthera bifolia

Schwefel-Anemone, Pulsatilla alpina subsp. apiifolia

Gelber Enzian, Gentiana lutea

und beim Abstieg noch einen verlorenen, gelben Frauenschuh, Cypripedium calceolus

Am Morgen des letzten Tages die Abschlusswanderung hinauf in das Heididorf Latsch. Schöner Blick auf den Piz Ela und das schmucke Dorf, dessen Häuser aber durch die Immobilienspekulation längst zu Ferienhäusern und -Wohnungen transformiert wurden und nicht mehr leben bzw. tot sind.

Dazu passend die fast schwarze, Hallersche Teufelskralle, Phyteuma ovatum.

Lammragout mit Türggenribel

Alltagsküche. Der Kälteeinfall vor den Eisheiligen veranlasste mich, den Holzofen in der Küche wieder einzuheizen. Aktuell haben wir 32°C. Sizilien erhielt den Vorrang., das erklärt die zeitferne Berichterstattung. Zurück zum heissen Holzofen: Ideal für lange Schmorgerichte. Das Lammragout mit Knochen: ein Dank von unserem Schäfer für das Bereithalten unserer Schafweide.
Anstelle von Polenta seit ewiger Zeit wieder einmal Türggenribel: langsam angerösteter Polentamais. (Mehr darüber siehe hier). Dazu eigene, letztjährige Bohnen aus dem TK.

Zutaten und Zubereitung

Lammragout
500 g Lammragout mit Knochen
wenig Mehl zum Bestäuben
1 Karotte, gewürfelt
1 Stück Sellerie, gewürfelt
1 Zwiebel, gewürfelt
4 Knoblauchzehen, zerdrückt
2 getrocknete Peperoncinoschoten, zerrieben
6 Dörrtomatenhälften, fein gehackt
1 EL Tomatenmark
3.5 dl Rotwein, Merlot
2 Zweige Rosmarin, feinst gehackt
Schale einer halben Zitrone (ohne Saft)
1 Schuss Balsamessig
Salz, Pfeffer

(1) Mirepoix von Karotte und Sellerie leicht anrösten, Zwiebel und Knoblauch zugeben, mitdünsten, Tomatenpüree zugeben kurz mitgehen lassen, dann 2/3 des Rotweins in kleinen Portionen zugeben und zwischendurch immer wieder einkochen.
(2) Lammragout leicht einmehlieren und in einem heissen Topf in Olivenöl rundum anbräunen. Das Fleisch mit dem restlichen Rotwein aböschen und das Gemüse zugeben. Mit Wasser (oder Lammbrühe -wer hat das schon-?) überdecken, die Hälfte des Rosmarins zugeben und während mind. 3 Stunden auf dem Herd leicht simmern lassen.
(3) Gegen Ende den restlichen Rosmarin, Zitronenschale und Balsamessig zugeben und Abschmecken mit Salz und Pfeffer. (Die Dörrtomaten bringen viel Salz mit).

Türggenribel

200 g Rheintaler Ribelmais (L.: Bramata Maisgriess)
ca. 3 dl Milchwasser 1:1
25 g Butter
1/2 Gemüsebrühwürfel Bio, anstelle von Salz
2 Lorbeerblätter
nochmals 25 g Butter

(4) Milchwasser mit Brühwürfel und Lorbeerblättern aufkochen, Maisgriess unter Rühren einrieseln lassen, Deckel drauf und auf einer warmen, aber nicht heissen Stelle des Herdes 1 Stunde quellen lassen.
(5) 25 g Butter in einer grossen Pfanne kurz aufschäumen, Die Polenta flach auf dem Boden der Pfanne verteilen und bei moderater Hitze langsam anrösten. Dabei muss die Polenta mit einer Holz- oder Metallschaufel laufend zerteilt werden. Anfangs tendiert sie gerne zum Anhocken: Anrösten. Loskratzen. Zerteilen. Stochern. Wenden, Weiter Rösten. Nach etwa 30 Minuten beginnt die Polenta bröselig zu werden, die gewünschten Ribel bilden sich, der Mais klebt nicht mehr.
(6) Danach die zweite Portion Butter in die Brösel verteilen. Ab jetzt muss nicht mehr so häufig gerührt werden, doch sollte in den Ruhephasen ein Deckel aufgesetzt werden, damit die Ribel nicht zu trocken werden. Nochmals 10 Minuten rösten.

Kann gut warm gehalten oder wieder aufgewärmt werden. Ein idealer Begleiter für Saucengerichte. Benötigt Zeit am Herd.

Inzwischen ist die Herde um 4 Köpfe angewachsen. Bei uns ist gut fressen.



Sauerkraut mit Schupfnudeln und Dill-Senfcreme

Kürzlich in meiner Basler Stammkantine (Unispital Basel) gegessen und für ordentlich gut befunden. Die Schupfnudeln waren zwar convenience, dafür exakt geformt, das Sauerkraut industriell hergestellt, die Sauce mit Béchamel gestreckt und doch hat alles recht gut zusammengepasst. So dass ich es zuhause in einem kurzen und temporären Energieanfall auf meine Art nachgekocht habe.

Zutaten und Zubereitung

Hauptgericht für 2-3 Personen:

Schupfnudeln

400 g Kartoffeln, Agria (wenn ich schon mal mehligkochende im Hause habe, dürfen die auch mal ran)
30 g Eigelb (von 2 kleinen Eiern)
20 g Kartoffelstärke
30 g Weissmehl
Salz
weisser Pfeffer
Muskat, frisch gerieben
Hartweizendunst (Spätzlimehl) zum wenden
Butterfett

(1) Kartoffeln mit einer Gabel an ein paar Stellen anstechen, mit Schale in Wasserdampf 20-25 Minuten garkochen, schälen, grob würfeln und im leeren Kochtopf auf der ausgeschalteten Herdplatte oder im Ofen mit UL bei 105°C 10 Minuten ausdämpfen lassen.
(2) In noch warmem Zustand durch die Presse oder flotte Lotte drücken. Kartoffelstärke und Mehl aufsieben. Dann die Eigelb hinzufügen und mit Salz, Pfeffer und Muskat würzen. Diese Masse mit Hilfe einer Teigkarte vorsichtig mischen, nicht kneten. Es soll eine weiche, homogene, aber nicht zu feste Masse entstehen. Je nach Feuchte der Masse muss der Mehlanteil justiert werden. Ein perfekter Teig soll nicht kleben.

Anmerkung: Je weniger Mehl, desto fluffiger werden die Dinger. Weniger Mehl bedeutet andererseits auch schwierigere Handhabung beim Formen und Garen.


(3) Den fertigen Teig in mehrere Teile schneiden. Davon Rollen formen und diese wieder in kleine Stückchen schneiden. Diese zwischen den Händen zu kleinen fingerlangen, an den Enden schlank zulaufenden Nudeln formen. Jede in wenig Hartweizendunst drehen.
(4) Die Schupfnudeln in heissem, nicht sprudelnden Salzwasser kurz garen, bis sie obenauf schwimmen.
(5) Abgetropfte Nudeln in einer beschichteten Pfanne allseitig bei mittlerer Hitze langsam anbraten, bis sie goldbraune Bäckchen haben.

Sauerkraut

für 2 Personen

50 g Speckwürfelchen
1 geschälte, gehackte Zwiebel
½ EL Butterfett
zwei Karotten, fein gewürfelt
ein Stück Lauch, fein gewürfelt
1 Selleriestange, fein gewürfelt
10 leicht angedrückte, schwarze Pfefferkörner
10 zerdrückte Wacholderbeeren
400 g Sauerkraut (roh)
2 dl Gemüsefond
1 dl trockener Riesling
1 dl Apfelsaft
1 mittlere Kartoffel
1 EL grober Senf
1 Bund (10 Stengel) gezupfter, gehackter Dill
½ EL Kräutersalz

(1) Die Speckwürfelchen im Butterfett knusprig braten. Die Gewürze, Zwiebeln und Gemüsewürfel dazugeben und wie für ein soffrito mitdünsten.
(2) Das Sauerkraut, falls erforderlich, etwas zerkleinern und zu den Gemüsewürfelchen geben.
(3) Gemüsefond und Weisswein zum Sauerkraut geben. Kräftig durchrühren und bei mittlerer Hitze zugedeckt 50 Min. leicht kochen lassen.
(4) Die Kartoffel fein reiben, mit dem Apfelsaft vermischen, dann unter das Sauerkraut ziehen und offen 15 Min. bei kleiner Hitze simmern lassen. Immer wieder rühren, da das Sauerkraut nun leicht anbrennt. Bei Bedarf etwas Weisswein nachgiessen.
(5) Das weich gekochte Sauerkraut vor dem Servieren mit Senf und Dill verfeinern.

Dill-Senfsauce

100 g Sauerrahm
1-2 EL Dijonsenf
Salz, weisser Pfeffer
2 EL frischer Dill, fein gehackt
wenig Milch zum Korrigieren der Cremigkeit

(1) Zutaten mischen und leicht erwärmen

Zum Servieren die Hälfte des Tellerbodens mit Sauce bestreichen, darauf die Schupnudeln, daneben das Sauerkraut.

Glacier Dreams

Alle paar Monate nehmen wir uns Zeit für einen kleinen Tagesausflug. Mit dem ÖV und verbilligter Tageskarte. Tagesausflug wegen der fünfzehnjährigen Jelly, die partout nicht auf ihre Abendmahlzeit verzichten will. Ein Ausflug von den jurassischen Hügeln hinab ins Tiefland, nach Zürich. Ziel war das Kunsthaus, genauer eine Installation des türkischen Künstlers Refik Anadol, die hier seit dem 18. Januar ausgestellt ist.
Der in LA lebende Künstler spricht mit seiner Installation, einem immersiven Spiegelkabinett „Glacier Dreams“, alle Sinne an. Mit Hilfe von KI visualisiert er die Schönheit und die fortschreitende Verletzlichkeit der Gletscher. Dazu hat der Künstler über 100 Millionen online und institutionell zugängliche Landschaftsbilder, sowie eigene Aufnahmen zu Pixeln verdichtet, die sich in einem konstantem flow bilden und wieder vergehen. Ein eindrückliches, geradezu poetisches Erlebnis.

Im Spiegelkabinett darf sich jeweils nur eine begrenzte Anzahl von Personen in Leih-Filzpantoffeln bewegen. Schwindelfreiheit empfohlen. Ein Standbild von uns Betrachtern mitten im bewegten Bild:

Standbilder können den Eindruck nicht adäquat wiedergeben. Deshalb versuchte ich einen kleinen Videoausschnitt aufzunehmen. Nur in der blauen Phase der Vorführung und im planaren Format.

Mittagessen in der nahegelegenen Bauernschänke. Freundliche Bedienung, das Essen ordentlich. Via Schwarzenbach (ohne geht nicht)…

… wieder ins Kunsthaus. Da ist jedoch die Schlange der Wartenden so lange geworden (Mittwochs kostenloser Eintritt), dass wir auf einen zweiten Besuch des Spiegelkabinetts verzichteten. Das Kunsthaus hat ja noch so viel mehr zu bieten:

Erst in die Sammlung Merzbacher: In der eindrücklichen, farbenfrohen Sammlung Merzbacher sind die wichtigsten europäischen Strömungen des 20. Jahrhunderts vertreten:

Ernst Ludwig Kirchner. Landschaft Sertigtal. 1924. Mit Betrachterin.

Die von Emil Bührle (1890–1956) hinterlassenen, bedeutenden impressionistischen Werke sind mit seiner Tätigkeit als Rüstungsindustrieller und mit der Zeitgeschichte eng verflochten. Das wird im Rundgang auf über 900 m2 und in 170 Werken im historischen Kontext offen, ausführlich, klar und fair aufgezeigt.

Die beiden grossformatigen Seerosenbilder gehören zu den grosszügigen Schenkungen von Emil Bührle an das Kunsthaus. Hier „Le bassin de nymphéas, le soir“, Claude Monet, 1914, 1922.

Die blaue Phase geht mir nicht aus dem Kopf. Blau? Blaumachen? Ja doch!

Il calzolaio

Der kleine, grosse Dorfschuster: Luigi Trinchera, genannt Gino. Rund 1.6 m gross. Jahrgang 1938. Heimatort: Nardo in Apulien, tief unten, in der Ferse Italiens. Als Sohn einer einfachen Familie, die ihren Lebensunterhalt mit Arbeit in einer nahen Tabakplantage verdiente, ging er schon in jungen Jahren einem Schuhmacher zur Hand, verdiente sich damit ein paar Lire. Im Alter von 14 Jahren nähte er sich seine ersten Mokassins aus weichem Leder. Mit dem verdienten Taschengeld leistete er sich Unterrichtsstunden im Notenlesen. Ohne Instrument, nur in der Theorie. Die Klarinette kam erst später zu ihm, ein Geschenk seiner Eltern, die dafür hart sparen mussten.

Luigi hat sich für seine alten Tage warm gefütterte Hausschuhe geschustert: Mokassins.

Später wurde er zum Militär eingezogen, sein Instrument brachte ihm Glück: er durfte seine Rekrutenschule in einer Armeekapelle auf Sardinien und in Norditalien ableisten. Danach schlug er sich 2 Jahre mit Gelegenheitsarbeiten in Rom durch, harte Jahre, wenig Lohn, manchmal nichts zu essen. Auf Anraten eines Freundes, der vor ihm in die Schweiz emigriert war, suchte und fand er Arbeit im Schweizer Jura. Erst in einer Schuhfabrik für Arbeitsschuhe, wenig später bei einem Schuhmacher in Bassecourt. Sein Meister widmete sich der Herstellung von Militärschuhen für die Eidgenossenschaft, Luigi befasste sich mit dem feineren Schuhwerk. Im Ort engagierte er sich sofort im Musikverein, der „Fanfare L’Union de Bassecourt“ was seine Integration erleichterte. Im Dorftheater lernte er seine spätere Frau kennen. 1966 wurde geheiratet, die Hochzeitsreise führte die beiden im Ford Cortina in seine alte Heimat. Ab 1971 bis zu seiner Pensionierung 2002 arbeitete er in der lokalen Uhrenindustrie als Lapideur. Mit Lapidieren wird das Polieren, neudeutsch „finishing“ von Gehäuse-Rohlingen bezeichnet. Die Fabrik wechselte in den Jahren der grossen Uhrenkrise mehrfach ihre Besitzer, bis sie 2003 endgültig geschlossen wurde.

Wer sein ganzes Leben hart gearbeitet hat, kann nicht einfach aufhören. In der Garage im Keller seines kleinen Häuschens richtete er sich mit alten Maschinen eine Cordonnerie ein. Beinahe ein Museum. Kein öffentliches Ladengeschäft. Wer etwas geflickt oder umgearbeitet haben will, ruft vorher an oder klopft einfach an seine Türe.

An den Wänden stapeln sich Schuhleisten

Die Singer singt…

Der Adler quietscht…

Auch kaputte talons hauts (stilettos) werden von Gino noch repariert

Seit dem Tod seiner Partnerin lebt Luigi allein. Morgens arbeitet er in seiner Werkstatt, nachmittags geht er spazieren, sonntags auf den Friedhof, ans Grab seiner Frau.

Wir hoffen, dass er das noch lange kann.

Der schöne italienische Schuh habe ausgedient, es gibt ihn nur noch in der Designervariante zu entsprechenden Preisen. China und andere Länder des Ostens beherrschen den Massenmarkt. Viel Kunstleder, Plastik, aufgespritzte Sohlen. Reparaturen lohnen nicht mehr, sie kosten mehr als ein neues Paar Schuhe aus Vietnam. Der Beruf des Schuhmachers habe keine Zukunft mehr.

Alle 5 Jahre zahle er die Gebühr für die Verlängerung seiner Aufenthaltbewilligung. Das erinnere ihn daran, dass er hier Fremder sei, fremd, wie er es inzwischen auch in Italien geworden ist.

Quellen:
Meine Fotos habe ich 2022 aufgenommen. Die Biographischen Fakten stammen aus dem Artikel „Luigi Trinchera… le petit cordonnier du village, roi de la talonnette silencieuse“ im „Le Quotidien Jurassienne“, vom 11.01.2025

Jahreszeiten

Franz Gertsch, Gelber Schnee, 1965

Im Jahr 2007 begann der Schweizer Maler und Grafiker Franz Gertsch (1930-2022) im Alter von 77 Jahren mit der Arbeit an seinem Opus Magnum: dem Zyklus der vier Jahreszeiten. Jedes der monumentalen Werke ist rund 3.3 x 4.8 Meter gross. Bilder, die man sich nicht nur anschaut, Bilder in die man eintaucht. Während 4 Jahren legte der Künstler all seine Kunst, Beharrlichkeit und seine Zeit in dieses Gesamtwerk. Anfang 2011 vollendete er den Zyklus mit dem Gemälde «Frühling». Begonnen hatte er, ausgehend von einer alten Fotoaufnahme des Wäldchens hinter seinem Haus in Riggisberg. Während er bereits am Zyklus arbeitete, beschaffte er sich die weiteren Foto-Vorlagen der übrigen Jahreszeiten.

Fundament seiner hier verwendeten Technik ist eine Fotovorlage, die mit ihrer Komposition das Bild vorgibt. Der nächste Schritt ist die malerische Umsetzung der fotografischen Dia-Vorlage unter dem Licht eines starken Projektors. Ein Schritt, den man als Fotorealismus bezeichnen könnte. Was so aber nur teilweise stimmt. Tritt man nahe an die Bilder heran, löst sich das Bild in unzählige, kleine, abstrakte Farbpunkte auf. Korrekturen und Überarbeitungen gibt es bei Gertsch keine. Jeder Pinselstrich muss von Beginn an sitzen. Franz Gertsch bedient sich dabei einer Hilfsskizze mit Farbproben, die er im Tageslicht abgleicht. Dabei reduziert er seine Farbpalette auf wenige, aus Mineral-, Erd- und anderen Pigmenten selbst hergestellte Farbtöne.

Die vier Jahreszeitengemälde werden im Museum Franz Gertsch in Burgdorf im gleichen Raum gezeigt. Das Museum ist aus privaten Mitteln finanziert und beherbergt Werke der Stiftung Willy Michel. Die ständige Sammlung mit Werken von Franz Gertsch wird regelmässig durch Sonderausstellungen ergänzt. Derzeit ist die Sonderausstellung „Louisiana visits Franz Gertsch“ bis 02.03.2015 zu sehen, in der Werke von Andy Warhol, Mark Rothko, Roy Lichtenstein, Gerhard Richter, Frank Stella u.v.a Werken von Franz Gertsch gegenübergestellt werden.

Frühling, 2011, Eitempera auf ungrundierter Baumwolle, 325 x 480 cm

Sommer, 2009, Acryl auf ungrundierter Baumwolle, 325 x 480 cm,

Herbst, 2008, Acryl auf ungrundierter Baumwolle, 325 x 490 cm

Winter, 2009, Acryl auf ungrundierter Leinwand, 325 x 480 cm

Quellen:
T. Bezzola. NZZ Feuilleton, 2022
Headerbild: Jörg G.

Frau H. und ich wünschen allen Lesern und Leserinnen erfüllte, ruhige Festtage und etwas Schnee. Er darf auch gelb sein.

I-58024 Massa Marittima

Der Regen begleitete uns auf der Fahrt in die Toskana. Zwischenhalt in Massa Marittima, einer kleinen Stadt auf einem Hügel inmitten der Maremma-Ebene. Der mächtige, vorwiegend spätromanische Dom an der zentralen Piazza Garibaldi ist dem heiligen Cerbone geweiht und wurde im 13./14. Jahrhundert erbaut. Arkadenbögen und schmale Säulen mit korinthischen Kapitellen gliedern die Aussenwände. Das etwas später entstandene obere Geschoss des Giebels zeigt bereits den Einfluss der Gotik. Die drei abschliessenden kitschigen, neo-gotischen Türmchen wurden erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts hinzugefügt. Links vom Dom der Bischofssitz.

Über den heiligen Cerbone, im 6. Jahrhundert Bischof im nahegelegenen Populonia, kursieren merkwürdige Legenden: vom Papst nach Rom zitiert, heilte er unterwegs einige Aussätzige, melkte Hirschkühe und begegnete Gänsen, mit denen er zu sprechen lernte. Er forderte sie als Zeugen auf, ihn nach Rom zu begleiten. Der Papst glaubte seinen Geschichten und sprach ihn, kraft seines Amtes, später heilig.

Beeindruckende Paläste weltlicher Machthaber gruppieren sich um die Kathedrale. Zu Recht zählt die dreieckige Piazza Garibaldi mit den historischen Travertin-Fassaden zu den schönsten urbanen Plätzen in der Toskana. Im Sommer belebt, Ende Oktober im Nieselregen: ausgestorben.

Rechts vom Dom der ehemalige Regierungspalast der weltlichen Herrscher, 1225 erbaut, als Massa Marittima zur freien Stadt wurde. An der Fassade sind die Wappen der sienesischen Stadtvögte sowie das schwarzweiße Stadtwappen angebracht. 

Neben weiteren repräsentativen Palazzi fällt der Palazzo Comunale, das Rathaus mit Zwillingsfenstern und Wappen auf. Ehemals war es das Wohnhaus der Machthaber, zu Beginn des 13. Jahrhunderts erbaut. Links daneben der noch ältere Gefängnisturm, der Torre del Bargello. Kirche und Kommune in beständiger Konkurrenz (und ständigem Streit).

Neben uns zwei einsamen Touristen kurven zwei ehrwürdige Schwestern um den Dom. Bibeltexte lesend, wie ich vorschnell vermutete. Irrtum: Handy.

Kleiner Rundgang durch die Altstadt mit Blick auf den Campanile.

Zeit für das Mittagessen. Oben in der Altstadt des nahe gelegenen Suvereto, gegenüber dem Rathausturm, findet man nach kurzem Fussmarsch die Osteria l’Ciocio.

Für uns zwei vorzügliche, leichte Primi:

Tortello di melanzane, ein Auberginentörtchen, wechselweise gefüllt mit gebackenen Auberginen, confierten Tomaten, Peperoni und Pecorino, gewürzt mit Basilikumpesto.

Gnocchetti di ricotta e pecorino su passatino di ceci e tartufo nero. Ricottagnocchi in Kichererbsenpassata mit schwarzen Trüffeln.

Wir sind in der Toskana angekommen!

und in Bezug aufs Dessert gleich wieder weg ins unverbindlich Internationale:

Für Frau H. eine Tiramisu-Dekonstruktion „Tiramisu 3-D“. Für mich Semisfera di cioccolato bianco mit Himbeerglasur und Passionsfruchtfüllung.

Quellen:
wiki

Die Tomaten der Magdalena

„Was murret ihr? Das ist ein schlechtes Volk,
Zu nichts anstellig als das Vieh zu melken,
Und faul herum zu schlendern auf den Bergen“
[Zitat: Wilhelm Tell. 3. Szene, Fronvogt].

Einem spontanen Einfall von Frau H. folgend, begaben wir uns nach Schwyz, schlenderten faul im Städtchen herum -zum Melken war es schon zu spät-, bewunderten die kolossalen Wandmalereien von Ferdinand Wagner (1847–1927), dem Hofbräu-Historienmaler aus München, der 1891 im Rahmen der 600-Jahr-Feier der Eidgenossenschaft die Fassadenmalerei am Rathaus Schwyz anbrachte. Interessanter die Ital Reding Hofstatt, Landvogt und Bannerherr Ital Reding (1573–1651) liess das stattliche Haus 1609 errichten. Ital Reding stammte aus einer angesehenen Schwyzer Familie, welche in verschiedenen Generationen Heerführer, Landammänner und Diplomaten hervorbrachte und die durch das Soldunternehmertum reich wurde.

Um die Mittagszeit kehrten wir im Restaurant Magdalena ob Schwyz ein. Der Name bezieht sich auf die nahegelegene Magdalena-Kapelle, 1681 zu Ehren der fusswaschenden, fleischlichen Sünderin erbaut. Ihr Ruf war schlecht, Je nach Quelle wird sie als Prostituierte oder gar als Geliebte von Jesus bezeichnet. Wie immer auch, Jesus vergab ihr ihre Sünden (Lukas 7.36). Ein hübsches Gesicht bedeutet in unserer Welt seit jeher viel und öffnet Türen. (Bild der Maria Magdalena von Frederick Sandys, 1860, einem Maler des Präraffaelismus).

Auch uns verlangte nach Sündenvergebung. Wir versuchten, Läu­te­rung durch lustvollen Verzicht zu erlan­gen. Das junge Team um den ambitionierten Küchenchef Dominik Hartmann (Ausbildung u. a. bei Andreas Caminada und Fabian Fuchs) begeistert mit einer lustvoll emanzipierten, vegetarischen Küche. Saisonal, regional, modern, anfänglich mit, seit 2 Jahren fleichlos, kochte er sich zackig in die höheren Sphären der Spitzengastronomie.

Aussicht vom modernen Speisesaal mit Panoramafenstern auf Tennisplatz, Talboden, Seen und Berge zum Himmel.

Die Speisekarte gibt in Form einer Klappbroschüre (Tomate! Aubergine! Gurke!…) rudimentäre Hinweise auf die Gemüse-Themen des servierten Überraschungsmenus.

Snacks und Amuse Bouches, in drei Gängen serviert, bilden einen gelungenen Auftakt: von Mais Tartelettes mit flüssigem Yuzukern, fermentierten Radieschen mit Zitronenthymian, Tacos mit Käse-Feigensenffüllung über Kohlrabi mit Meerrettich und Dill, dazu Kohlrabiröllchen mit Kräutern und Kalamansi bis zu Gurke in verschiedenen Aggregatszuständen. Im Bild: Gurke mit Kapuzinerkresse und rosa Pfeffer.

Köstlich auch das mit Albula-Bergkartoffeln und Sauerteig zubereitete Hausbrot  (Rezept hier) und die mit Sauerrahm, Joghurt und Salz aufgeschlagene Butter.

Der erste Gang Spitzkabis mit Jalapeno in einer Kopfsalathülle und aromatischem Sud.

Artischocke an einem milden Salzzitronenjus und fritiertem Artischockenheu.

Eierstich mit Steinpilzen und Champignons an Kamillensud.

Eine confierte Tomate mit Himbeeren, Raps- und Zedernkernen und einem leichten Tomatenschaum. Ohne Bild, nachgekocht.

Sous-vide gegarte und dehydrierte Aubergine mit Aprikose in einem mit Miso-Lack überzogenen Peperonimantel an einem kräftigen Jus.

Als Pré-Dessert Mirabellen mit frittiertem Shisoblatt und Pumpernickelcreme. Ohne Bild.

schliesslich Brombeeren, Fenchel, Vanille und Mandel

Alles sehr ambitioniert und aufwändig zubereitet. Eine reine Freude, hier Busse zu tun und seine fleischlichen Sündenstrafen mit einer Indulgenz in Form der Restaurantrechnung abzuzahlen. Da nach kirchlicher Lehre nur die Strafe erlassen, nicht aber die Sünde selber vergeben wird, empfiehlt es sich, die Quittung des Restaurants aufzubewahren und im Bedarfsfall den Betreibern des Fegefeuers zu präsentieren.

Anderntags zuhause, versuchte ich den Tomatengang (vereinfacht) aus der Erinnerung nachzukochen, kein einfaches Unterfangen.

Tomate Magdalena

Vospeise für 2

2 sehr gut schmeckende Tomaten, Wir hatten aus eigenem Garten die seit dem 16. Jahrhundert bekannte Purple Calabash, eine Fleischtomatensorte. Sie liefert stark gerippte, rotbraun bis violett gefärbte Früchte mit einem süss-würzigen Aroma

einige Himbeeren (möglicherweise werden sie im Restaurant zuvor fermentiert.
2 dl eigene Tomatenpassata
etwas Rahm
Zedernkerne, leicht geröstet (L. die grössern Pinienkerne)
Rapssamen, leicht geröstet (L.: weggelassen)
kleine Blümchen und Blättchen aus dem Garten

(1) Tomaten anritzen, ein paar Sekunden in kochendes Wasser legen, sofort kalt abschrecken und Haut abziehen. Strunk ausschneiden. Würzen, eine Himbeere in den Wurzelansatz drücken und in einer Schale im Ofen ca. 2 h bei 105°C confieren.
(2) Tomatenpassata mit etwas Rahm und 3 Himbeeren aufkochen, mixen und aufschäumen, abschmecken
(3) Tomate in dem Schaum servieren. Mit den Kernen und Blüten garnieren.

Nicht ganz original aber leidlich ähnlich.

F-68100 Mulhouse: Ziegel, Schuppen und Schönheiten

Samstag. Die Ziegel sind ausgelegt. Entsprechend zugelegt hat unsere Ausflugs- und Kochlust. Auf 9 Uhr ist grosser Regen angesagt. Doch mit Regenwasser allein kocht man keine Suppe. Also: Einkaufen. In aller Frühe über die Grenze ins nahe Elsass. Schauen was es dort gibt. In Altkirch findet samstags ein kleiner Bauernmarkt statt.

Etwa fünf Standler zählten wir: Biogemüse, Blumen, Eier, Fleisch. Und der Wagen von Käsemeister Anthony bzw. einer Gehilfin aus dem nahen Ferrette.

9 Uhr früh und wir haben ausser Käse noch nichts in der Tasche. Werweissen, gehen wir lieber in den Supermarché Leclerc in Altkirch oder riskieren wir weitere 30 Minuten Autofahrt samt Regen in Mulhouse? Da waren wir noch nie. Neugier besiegt Nässe.

Die Markthalle, der Marktplatz und die Autos sind alle auf dem überdeckten Flüsschen L’Ill angeordnet. Vom Parkplatz aus drchquert man erst den maghrebinisch dominierten Bazar mit Kleidern, Schuhen, Taschen, Teppichen und Geschirr. Danach folgt der offene Gemüse/Obst-Markt. Die kleinen Anbieter an den Rändern, in der Mitte die grossen.

Schliesslich die Beton-Holzkonstruktion der Markthalle. Der grösste Markt im Nordwesten Frankreichs.

Vielleicht etwas weniger stimmungsvoll als die gusseisernen Kathedralen von Dijon oder Colmar. Grösser, dafür weniger touristisch. Eine Markthalle für das Volk, das sie auch annimmt. Ein Markt, der lebt, der allen etwas bietet. Mir kommen die Tränen, wenn ich an Basel denke.

Eier für eine Stadt

Nicht mehr fliegendes Geflügel

Je grösser die Distanz zum Meer, desto kleiner das Angebot an ganzen Fischen. Aber immerhin.

Sehr süsse Süssigkeiten und sehr schöne Schönheiten

Neben einer Schachtel mit Baklava kauften wir uns einen Seebarschrücken und Gemüse. Kaum wieder im Auto, begann es zu schütten.

Wieder zuhause wurde der Dos de loup auf der Hautseite mehliert und langsam angebraten. Dazu Wildreis, Fenchel, dicke Bohnen und eine aus Schalotten, Kaffeerahmportionen, Pastis und Estragon improvisierte Sauce.

Mühlhausen, wir kommen wieder.

Beinahe…

…wäre das Wochenende der offenen Gärten im prognostizierten Regen untergegangen. Die Sintflut blieb jedoch aus. Das Gegenteil trat ein: Zwei Tage klares, schönes Wetter. Gegen Sonntagabend ein paar vorüberziehende, trockene Wolken.

Frau H. öffnete ihren Garten nach vier Jahren Pause wieder einmal. Ein ländlicher Sammlergarten, vorwiegend mit Stauden bepflanzt. Kein englischer Landschaftsgarten. Der viele Regen hat die Stauden ungestüm wachsen lassen. Manches ist bereits verblüht. Doch ist der Garten so angelegt, dass immer wieder etwas aufblüht. Wer das Stop-Schild nicht ignoriert, kann an den Blüten riechen…. mit abgestelltem Motor.

Der Besucher wird im Südgarten erst in einer Duftwolke des Gartenjasmins, Philadelphus „Belle étoile“, betäubt.

In der rostigen Gartenlaube konnte man unter den Rosen *Bobby James“ wieder zu sich kommen.

Wiewohl ich die Ankündigung im Blogtext etwas versteckt hatte, haben es doch eine Handvoll Blogleser geschafft, unsern Garten zu finden. Freunde, Staudenfreunde (helvetisch „Stüdeler“), Nachbarn und neugierige Besucher haben an unseren Bistrotischchen und Gartensitzplätzen Platz gefunden.

Jeder Gartenraum hat seine Sitzecke.

Das kulinarische Angebot im Bistro war reduziert: Kaffee, Hauswein, Biobier aus dem Jura in 3 Sorten und Sirup, den salzigen Toetchékuchen (Rezept siehe hier) und Schokoladekuchen. Ging alles aufs Haus. Auch wenn man mit einem grünen Garten nie auf einen grünen Zweig kommt. Für besondere Freunde hatte ich noch eine Sauerteig Focaccia und meine Gemüseterrinne vorbereitet. Als Test im Schockfroster eingefroren, liess sich beides wieder problemlos aufbereiten.

So unscheinbar das Helmkraut, Scutellaria altissima, wächst, so unverschämt verbreitet es sich in den Beeten.

Rose „Comte de Chambord“. Rosen: Hassliebe von Frau H.

Sitzecke mit Fusshochlagerung (willkommen nach der Gartenarbeit) und Quitte.

Pergola-Rose „Ghislaine de Féligonde“ in zartem Quitten-Rosa.

Purpurglöckchen, Heuchera „Spearmint“.

Frau H. im Terrassengarten im Gespräch mit langjährigen, lieben Staudenfreunden.

Tomatenvielfalt im Gewächshaus. Die Freilandtomaten vor dem Haus mussten umbaubedingt Gerüststangen weichen.

Blick zurück in den Südgarten.

Der Sonnengarten lädt zum Liegen ein. Doch lässt einen der Garten nur selten liegen. Heuer noch nie.

Die Kirschpflaume, Prunus cerasifera „Nigra“ , spendet nachmittags etwas Schatten.

Hinter dem Haus liegen West- und Ostgarten. Schattenreiche. Da wir unser Hausdach derzeit erneuern lassen, erschwerten die vielen Gerüststangen den Zugang in diese Gartenzimmer. Doch wer die Klettertour schaffte, durfte am Nussbaum oder am Boden schaukeln.

Idyll mit Gerüststange.

Die pfirsichblättrige Glockenblume, Campanula persicifolia grandiflora alba vor Pracht-Storchschnabel, Geranium magnificum.

Die chinesische Mauer am winzigen Teich wurde als Sitzplatz gerne angenommen. Am Sonntag lief die Kaffeemaschine heiss. Ich servierte Getränke und die Toetché.

Frau H. (nicht im Bild) führte durch den Garten.

Gegen Abend übernahmen die Hausschafe, Ovis aries, mit ihren Glöckchen die musikalische Untermalung.

The Last Pie Dinner

Seit 14 Jahren veranstaltet Lucas Rosenblatt (beinahe) alljährlich vor Weihnachten ein gemeinsames Pastetenbacken und Zubereiten von Terrinen, Saucen und Chutneys. Der Anlass dauert 2 halbe Tage. Ein Kern von 6-7 Teilnehmern nimmt jedes Jahr teil und bildet längst ein gut eingespieltes Team. Weitere Interessierte hatten darum kaum Gelegenheit, sich einen Platz in dieser Runde zu ergattern.

Leider, leider, leider fand der event heuer zum letzten Male statt. Lucas ist längst im Pensionsalter und geht auf 1. April 24 in den wohl verdienten Ruhestand. Eine emotionale Dernière. Nicht ganz ohne Tränen. Doch sollte man die Hoffnung nicht aufgeben, dass er sich nochmals zum Pastetenbacken überreden lässt. Geschirr und Formen bringen wir notfalls mit.

Am ersten Tag kochte uns Lucas ein einfaches Abendessen: Lachstatar, Kalbskopfbäckchen mit Polenta und Wintergemüse sowie ein Dessert. Nach getaner Arbeit gegen Sonntag Mittag stiessen die Partner hinzu, was zuviel gekocht und gebacken wurde ergab das Entrée. Zusätzlich kochte Lucas Tajarin mit weissem Trüffel und auf Wunsch die französich-russische Kulebjaka-Pastete. Rezept am Schluss dieses Beitrags. Am Ende nahm sich jeder Teilnehmer seinen Anteil an den gemeinsam produzierten Köstlichkeiten mit nach Hause… und hat auf die Festtage hin kulinarisch ausgesorgt.

Damit wünsche ich allen Leserinnen und Lesern schöne Festtage.


Lucas besorgt alle Zutaten. Wir (und Lucas) kochen und backen. Hier die Bilder:

Würzen der Fleischmischung für die Kalbfleischpastete.

Befüllen der quadratischen Frischlings-Allerlei-Pastete.

Bedecken der Kalbfleischpastete.

Kalbskopfbäggli zum Abendessen.

Tags darauf Einfüllen des Portweingelees in die Kalbfleischpastete.

Die Geflügelterrine.

Entenleber mi-cuit. Zwei Geflügelterrinen. Wildterrine. Eingetütet und vakuumiert

7 Teilnehmer. Für jeden von jeder Sorte ein Stück.

Zum Mittagessen mit Partnern: u.a. Taglierini mit weissem Trüffel

Lachspastete Kulebjaka

Das Rezept hatte ich bereits 2009 im Blog publiziert, siehe dort. Hier folgt die von Lucas aktualisierte Rezept-Version.
Die in Briocheteig gebackene Lachspastete Coulibiac ist ein Klassiker der französischen Küche. Die stilprägenden französischen Chefs des 19. und frühen 20. Jahrhundert liessen sich oft durch den Zarenhof in St. Petersburg inspirieren. Oder kochten zeitweise gar für den Zarenhof, wie etwa Marie-Antoine Carême. In Pariser Comestibles-Läden wird die Pastete heute noch angeboten. Hier kennt man sie kaum. Ihre Herstellung ist halt etwas aufwändig, aber der Aufwand lohnt sich.

Vorbereitungen am Vortag

Brioche – Teig

500 g Mehl
100 g Butter
2,5 dl Milch
6 Eigelb
30 g Hefe
50 g Zucker
6-10 g Salz
1 EL Malzextrakt „Morga“

Butter in kleine Würfel schneiden und zusammen mit der Milch auf ca. 37° erwärmen.
Mit dem Stabmixer die Eigelbe und Hefe zum Butter/Milchgemisch mixen.
Das Mehl in einer Schüssel mit den trockenen Zutaten mischen.
Das Milch/Butter/Eigelbgemisch dazu geben und in der Teigmaschine 12 Minuten kneten.
Den Teig zudecken und über Nacht gehen lassen.
Danach 30 Minuten in der Küche stehen lassen. Einmal gut durchkneten und zu einem Rechteck formen.

Lachs

700 g Lachsfilet Royal Schnitt
4-5 Umdrehungen weisser Kampot Pfeffer
2 TL Zucker
1 EL Fleur de sel
3-4 Abriebe Zitrone Bio
1 Bund Dill gehackt

Alle Zutaten mischen und den Lachs mit der Mischung einreiben. Mindestens 4 Stunden marinieren.

Spinat- Crêpe

50 g frischer Spinat
2 Freilandeier ca. 55 g
1 Prise Salz
Muskatnuss
60 g Weissmehl
140 g Vollmilch
1 EL flüssige Butter

Ei, Salz, Muskat, Spinat mit der Milch fein Mixen. Das Mehl löffel-weise dazu mixen, so dass ein glatter Teig entsteht.
Die Masse 20 Minuten zugedeckt stehen lassen.
Die Butter unter die Masse rühren und in einer beschichteten Pfanne dünne Crêpe braten. Auf einem Kuchengitter auskühlen. Eine rechteckigen Pfanne erleichtert das Einschlagen des Lachsfilets.

Die Lachspastete Coulibiac

Marinierter Lachs
150 g weisse Champignons fein gewürfelt
80 g Basmatireis
1 EL eingesottene Butter / Butterfett
2 Eier 8 Min. gekocht, gehackt
1 Eigelb
2 EL Sauerrahm
1 dl Fischfond
1 Strauss Dill gehackt
schwarzer Pfeffer aus der Mühle
wenig Meersalz

Eistreiche:
1 Eigelb
1 EL Rahm

Flüssige Butter:
50 g Butterzerlassen
4 EL Zitronensaft
schwarzer Pfeffer

Zubereitung

Bauchlappen des marinierten Lachs wegschneiden, so dass nur das Rückenfilet bleibt.
Den Bauchlappen in ca. 1/2 cm grosse Würfel schneiden und bis zur Weiterverarbeitung kühl stellen.

Champignons

Die Champignons in ½ dl Fischfond dünsten. Würzen mit Kräutersalz und wenig Pfeffer.
In ein Sieb abschütten den Fond auffangen.

Basmati-Reis

Den Basmatireis in einem Sieb waschen bis das Wasser klar ist.
120 g Champignon-Fond und Fischfond bereitstellen.
Mit dem gewaschen Reis mischen.
Zugedeckt aufkochen und bei kleinster Temperatur ca. 15 Minuten quellen lassen. Dabei sollte der Deckel nicht abgehoben werden.
Den gegarten Reis aufrühren und die Champignons, Lachswürfel, Eigelb und den gehackten Dill sorgfältig unterheben.

Lachs einpacken

Die Spinat Pfannkuchen auf ein Küchentuch in der Länge des Lachsfilets auslegen.
Die Nähte mit wenig aufgerührtem Sauerrahm einstreichen, damit die Nähte besser zusammen halten.
Die Reismasse auf die Pfannkuchen streichen.
Das Rückenfilet darauf legen und mit Hilfe des Küchentuchs einrollen.
Den Briocheteig in der passenden Grösse zur Lachsroulade ausrollen.

(Am Besten geht das, wenn der Briocheteig zuerst in ein Rechteck geformt wird und danach in 3 Arbeitsschritten auf die gewünschte Grösse ausgerollt wird). So wird der Teig weniger gestresst, die Mehlstärke kann sich erholen und lässt sich besser bearbeiten.

Der eingewickelte Lachs in die Mitte des Teiges legen.
Mit den beiden Teigenden den Lachs überschlagen, übrigen Teig wegschneidenmit Eistreiche bestreichen.

Die Lachspastete auf der Naht nach unten auf das Kuchenblech legen. In der Mitte der Lachspatete mit einem runden Ausstecher 1 cm Loch ausstechen. Dieses mit einem Teigrand verzieren
Die Pastete mit dem Eigelb bestreichen und 1 Stunde ruhen lassen.
Backofen auf 200* Unter und Oberhitze aufheizen.
Ofen auf 180 Grad zurückstellen, die Lachspastete 20 Minuten backen danach das Backblech auf ein Gitter stellen.
Gut 20 Minuten stehen lassen.In dieser Zeit immer wieder die flüssige Butter durch das vorbereitete Loch giessen.
Darauf achten das die Butter direkt in den Reis läuft. Dazu muss auch die Pfannkuchenschicht entfernt werden.

Dazu passt:

Sauerrahm mit Keta-Rogen. Den Lachsrogen in einem Sieb mit kaltem Wasser waschen.
Sauerrahm mit Dill
Kürbis oder Randen Püree mit Meerrettich