Archiv der Kategorie: Geheimnisse der Kochkunst

Remake: Gemüseteller für Punktesammler

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Mit Punkten will ich nichts zu tun haben. Aber ab und zu ein paar Kalorien weniger können nicht schaden.
Frau L.s Gemüseplatte ist bei uns neben Suppen als Schlankmacher sehr beliebt. Ich habe sie diesmal mit den noch vorhandenen Wintergemüsen gemacht. Das Schöne daran: alles lässt sich gut und schnell vorbereiten, der Garprozess erfolgt nacheinander im selben Topf, abgestimmt auf das jeweilige Gemüse. Am Schluss wird im Ofen nochmals kurz gratiniert. Diesmal habe ich einzelne der Gemüse nach Erkenntnissen und Vorschlägen der food-pairing site individuell gewürzt: einfach den englischen Namen des vorhandenen Produkts eingeben oder ein Produkt auf der side-bar der Seite what fits well? selektieren, dann wird der pairing-baum angezeigt, in welchem innerhalb eines clusters die starken Kombinationen mit kurzen Ästen, die schwächeren mit langen Ästen gekennzeichnet sind. Eine empfehlenwerte Seite für neue Würzideen, die natürlich die klassischen Kombinationen nicht ersetzt, aber ergänzt.

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Zutaten
1 Handvoll Cherrytomätchen
1 kleiner Fenchel
1 Lauch (15 cm)
1-2 mittlere Rüebli
1/2 kleiner Knollensellerie
2 Kartoffeln
1 Handvoll Rosenkohl
einfach alles was sich in den Tiefen des Kühlschranks heben lässt.

20-30 g Butter !
1 dl kräftige Gemüsebrühe
Gewürze: Salz, Pfeffer, Herbes de Provence, Oliven gehackt, Lavendel, Wacholderbeeren gehackt, Senf, Sbrinz oder Parmesan.

Rosenkohl/Senf
Rosenkohl/Senf
Lauch/Käse, Fenchel/Lavendel
Lauch/Käse, Fenchel/Lavendel
Sellerie/Wacholder
Sellerie/Wacholder
Karotten/Oliven/Käse
Karotten/Oliven/Käse

Zubereitung
1) grosse, flache Gratinform einbuttern, mit Pinsel und flüssiger Butter geht das recht sparsam.
2) Kartoffel schälen, vierteln. Lauch (nur das Weisse) in 4-5 Stücke schneiden. Tomätchen einschneiden für die Gewürze. Fenchel in Spalten schneiden. Rüebli in Stängeli schneiden. Knollensellerie in 1 cm Scheiben schneiden.
3) im Dampfsieb knackig garen. Beginnen mit den harten Gemüsen Rüebli und Kartoffeln, dann die weicheren. Laufend mit einer dünnen Stricknadel Garproben machen. Kartoffeln durchgaren.
4) Was gar ist: laufend herausnehmen und in die Gratinform einordnen.
5) Die Gemüse mit flüssiger Butter sparsam einpinseln, salzen und pfeffern. Jedes Gemüse individuell würzen ! Tomaten: Herbes de provence, Sellerie: gehackter Wacholder, Kartoffeln: Muskatnuss und Kümmel, Lauch: Käse, Fenchel: Lavendelblüten, Karotten: gehackte Oliven und Käse usw.
6) Dann die Gemüsebrühe vorsichtig dazugiessen (nicht übergiessen).
7) 10-20 Minuten im auf 200°C vorgewärmten Ofen erhitzen. Das Gemüse soll nicht grillen, nur heiss werden und der Käse schmelzen.

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es grünt so grün…

Kalte Spinatsuppe
Kalte Spinatsuppe

Für die Zubereitung perfekter, grüner Nudeln brauchts Chlorophyllextrakt (E140, Spinatmatte). Für die Stroh und Heu Taglierini durfte ich wieder einmal Chlorophyll extrahieren. Das habe ich in den Anfangszeiten dieses Blogs zwar schon mal beschrieben, heute gibts noch Bilder dazu und ein paar Präzisierungen:

(1) 300-500 g Spinat (auch Brennesseln oder anderes essbares Grünzeug sind verwendbar) mit etwa 5 dl kaltem Wasser im Mixer oder Cutter auf höchster Stufe so lange pürieren, bis entweder der Mixer schlapp macht oder eine feine Suspension entstanden ist. Das Chlorophyll sitzt in den Pflanzenzellen und diese müssen zerschlagen werden.
(2) Die entstandene, dunkelgrüne Spinatsuppe durch ein möglichst feines Sieb von den Faserbestandteilen trennen und den grünen Saft in einem Topf mit 20 g Kochsalz unter Rühren langsam erwärmen. Ab 70°C beginnt sich das Chlorophyll zusammenzuballen (es aggregiert zu grossen, von Auge sichtbaren Teilchen). Gleichzeitig klärt sich die Suppe etwas.
(3) Ab etwa 80°C (nicht zum Kochen bringen und nicht zu lange erhitzen) werden die Teilchen so gross, dass sie mit einem sehr feinen Kaffee- oder Teesieb abgeschöpft werden können. Oder man filtriert die grüne Suspension gleich durch ein Melittadauerfilter. Für jene, die das nicht mehr kennen: sieht aus wie das Scherblatt eines Rasierapparates in Melittafilterform. Je grösser die Teilchen, desto besser läuft die Filtration. Melitta-Papierfilter sind ungeeignet, sie verstopfen schnell. Mit etwas Geduld gewinnt man eine dicke, dunkelgrüne Paste, die 500 g-2 kg Pastateig oder andere Lebensmittel grün färbt. Die Paste kann auch tiefgefroren werden. Geduld beim Filtrieren zahlt sich aus, man hat dann weniger Wasser in der Paste. Wenn man die dem Teig zugesetzte Spinatmatte durch eine Verringerung der Eimasse im Teig kompensiert, bleiben die Verarbeitungseigenschaften des Pastateigs fast unverändert.

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Spinatmatte bei 70°C
Chlorophyll2_2008 08 30_4336
Spinatmatte bei 90°C

Anmerkungen
Chlorophyll schmeckt nur schwach, deshalb kriegt die Pasta davon auch keinen unangenehmen Spinat- oder Brennesselgeschmack. Chorophyll ist lichtempfindlich, grüne Pasta deshalb lichtgeschützt aufewahren. Warum die italienischen Kleinkrämer farbige Pasta (und Wein) immer ins Schaufenster stellen, ist mir ein Rätsel.
Wer sich den Umweg über die Chlorophyllextraktion ersparen will, braucht einen guten Mixer. Die für die Pasta vorgesehenen Eier werden mit Spinat feinstgemixt und erst dann dem Pastamehl zugewogen. Daraus hergestellte Pasta ist aber etwas grün gesprenkelt und kaum so tiefgrün durchgefärbt wie meine. Und da ich Biospinat verwendet habe, ist mein Spinatgrün nicht gewöhnliches E140, sondern Bio-E140 🙂

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Wasser und Tee

Aufgebrühter Mandarin Orchid
Aufgebrühter Mandarin Orchid

Welche Überraschung. Unser robuster Alltagsschwarztee schmeckte in den Ferien in Pontresina plötzlich ganz anders. Viel besser. Hellere Tasse. Ich habe mir sofort meine edlen, seit einem Jahr nicht mehr verwendeten, chinesischen Grüntees und Oolongs nachkommen lassen und schmecke da: was bislang nach überhaupt nichts oder bestenfalls nach Heublumen oder Kuhfladen (je nach Fermentierungsgrad) geschmeckt hat, entfaltet sich zu wundervollster Blüte.

Dass es aufs Wasser ankommt, wissen ja längst sogar die Teebeuteltrinker, aber in dieser Deutlichkeit habe ich das selbst noch nie erlebt. Bei dem kalkhaltigen Wasser, das wir in der Schweizer Juraregion haben (pH-werte von über 7.0) vernetzen die im Tee enthaltenen Polyphenole zu dunkelgefärbten, schwerlöslichen Polymeren, die auf der Wasseroberfläche einen hauchdünnen Film bilden und mit der Zeit sogar die Teegläser-, -kannen und -schalen bräunlich verfärben.

Dass unser Jurawasser leicht alkalisch ist, liegt daran, dass kalkreiches Gestein durch die im Wasser natürlich gelöste Kohlensäure angelöst wird und das nunmehr gelöste Calciumcarbonat die Kohlensäure abfängt. Dadurch steigt der pH-Wert bis ins leicht basische.

Demgegenüber dominiert in weichem Wasser die natürlich gelöste Kohlensäure, was zu einem pH-wert von in der Regel knapp unter 7 führt. Tatsächlich bilden sich beim Erwärmen des Bergwassers von Pontresina im Topf viele Sprudelbläschen. Also das Teewasser nur kurz bis etwa 80-90°C erhitzen und nicht Auskochen lassen.

Brita-Filter ? Sicher wirkungsvoll. Ich hab noch nie einen probiert. Mich stört an den Austauschern die Empfindlichkeit gegenüber mikrobieller Kontamination. Schon mal an einem Ionenaustauscher im Geschirrspüler gerochen, der meist leider fest eingebaut ist ?

Ich habe mir jedenfalls sämtliche verfügbaren leeren Mineralwasserflaschen mit Bergwasser gefüllt, lagere sie im Kühlschrank und geniesse die nächsten Wochen mit gutem Tee. Dann gibts wieder Kaffee.

Zitat aus dem Teeblog von Meng-Lin Chou:
Was sagten die alten Chinesen zu Wasser? Lu Yu 陸羽 erzählte uns von seiner Klassifikation: Bergwasser besser als Fluss-Wasser; Fluss-Wasser besser als Brunnen-Wasser. Beim Bergwasser nimmt man langsam fließendes Wasser, denn das schnell treibende Wasser kann Hals und Nacken-Probleme verursachen.

Sag ichs doch !

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Sorbetto di Amaro Braulio

Sorbetto di Amaro Braulio
Sorbetto di Amaro Braulio

Magenbitter-Softeis. Ich stehe nicht auf Magenbitter. Trotzdem, der Kuriosität halber, haben wir bei Anna Bertola in Altavilla ihr bekanntes Sorbetto di Amaro Braulio probiert: Köstlich, aromatisch, eine kulinarische Offenbarung. Ich habe mir eine Flasche der Braulio Riserva Speciale, die 5 Jahre in Holzfässern reift, zugelegt. Frau L. ihrerseits legte sich in einem Geschäft für Hotelbedarf in Bianzone die gleichen, hübschen Glaskelche zu, wie sie Anna Bertola benützt. Und gleich noch mehr dazu.

Mein Rezept basiert auf Halbrahm, für Kalorienbewusste beschreibe ich eine magere Variante, ein Zauberschaum auf Basis von Magermilch. Ein Uralttrick aus dem physikalisch-chemischen Lehrbuch mit dem der Zauberstabhersteller die Kundschaft immer noch erfolgreich verblüfft.

Im Jahre 1875 entwickelte der Apotheker Dottore Francesco Peloni in Bormio, dem Ski- und Thermalort im oberen Veltlin, ein Rezept für einen natürlichen, handwerklich hergestellten Magenbitter, der im Norden Italiens heute ausserordentlich populär ist. Der Bitter besteht aus Extrakten getrockneter Kräuter, Früchte und Wurzeln, wie Enzian, Wacholder, Moschusschafgarbe, sowie Wermut, Alkohol und Wasser. Das genaue Rezept, wie immer bei den Magenbittern, hoch geheim. Bislang habe ich um alle derartigen Alpen-Jäger-Appenzeller-Fernet-Ramazzotti-Amaro-Bitter einen weiten Bogen gemacht. Die den Gesöffen zugeschriebene, verdauungsfördernde Wirkung wird nach meiner Meinung durch ihren Alkoholgehalt, der die Aktivität der Magensäfte lahmlegt, gleich wieder zunichte gemacht.

Zutaten
3 dl Halbrahm
ca. 30-40 ml Amaro Braulio
1-2 Elf. Zucker

Zubereitung
(1) gut gekühlten Halbrahm flaumig schlagen, Amaro und Zucker einarbeiten, dann etwa 30 Minuten in einem Metallgefäss in den Tiefkühler stellen. Zwischendurch mit dem Schwingbesen umrühren. Die Masse soll die Konsistenz von weichem Softeis haben. Anna Bertola serviert das Dessert mit Trinkhalm.

Anmerkung
Wer das Dessert leichter möchte, kann einen Teil des Halbrahms durch Milch ersetzen, das Ganze gibt dann eher ein frappé. Statt Rahm zu verwenden, kann der Amaro auch in weichgerührtes Vanille-eis eingearbeitet werden. Hauptsache kalt. Ob das auch mit andern Bittern zu machen ist, weiss ich nicht, will es nicht wissen. Eine Flasche genügt mir voraussichtlich für die nächsten 5 Jahre und diese Flasche ist nicht schlecht.

Und wer es noch leichter möchte, der nimmt Magermilch (Ich habs mit dem fetteren Milchdrink, 2.7% Fett, mit Erfolg ausprobiert). Diese wird im Mixbecher im Tiefkühler eisgekühlt, am Gefässrand müssen sich die ersten Eiskristalle bilden, dann schlägt man die Magermilch mit der Schlagscheibe des Zauberstabs auf. Die Milch wird mit etwas Geduld halbfest wie Joghurt, schaumig, vergrössert ihr Volumen. Dann den Braulio und den Zucker zugeben, nochmals durchschlagen und sofort servieren. Ein Zaubertrick mit einem Nichts an Kalorien. Mit normaler Milch und niedertourigen Mixern funktioniert er nicht.

Der Grund für dieses Phänomen ist die Schaumbildung an den Grenzflächen von Milcheiweiss und Luft. Das Milcheiweiss bildet beim hochtourigen, kalten Schlagen lange, grenzflächenaktive Ketten. Deren hydrophober Teil ist an der Oberfläche der feinen Schaumbläschen Richtung Luft geordnet, der hydrophile Teil gegen das Wasser. Das stabilisiert den Schaum. Fett und Alkohol zerstören den Schaum oder lassen ihn gar nicht entstehen.

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Träume, Schäume, Soufflés

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Es gibt Kochkünstler(innen), denen angeblich jedes Soufflé problemlos gelingt. Andere, zu denen ich mich zähle, tun sich bedeutend schwerer damit, oder haben es aufgrund erlebter Katastrophen gar ganz aus der Liste der Gerichte gestrichen. Ein universelles Gelingrezept habe ich nicht anzubieten, dafür habe ich mir aus der Fülle von Rezepten und Ratschlägen eine Reihe von Fakten und Tipps zusammengefasst, die mir wichtig und logisch erscheinen und mit deren Kenntnis ein Erfolg in greifbare Nähe rücken sollte. Wem das alles zu vage oder zu langfädig erscheint, für den habe ich eine wirklich gelingsichere, allerdings gestützte Rezeptversion meines Passionsfruchtsoufflés (Titelbild) anzubieten. Geeignet, um mal so richtig mit Kochkunst anzugeben. 🙂   Aber erst nach Ostern, wenn mein Cholesterinspiegel wieder etwas abgesunken sein wird. Zuerst die Theorie:

Grundlage aller Soufflés ist Eischnee. Eiklar, der Ausgangsstoff, besteht aus Wasser und Proteinen. Durch das Schlagen von Eiklar werden Luftbläschen eingeschlossen, Eiklar wird zu Schaum. Beim Backen dehnt sich die Luft in den Bläschen aus, vor allem aber verdampft Wasser in den Bläschen, das Soufflé geht auf, in der Backhitze verfestigen sich die Proteine zu einem stabilen Eiweissgerüst, und das Soufflé steht. Damit Soufflés gelingen, braucht man also nur zu wissen, welche Faktoren den Eischnee begünstigen, welche ihn zusammenfallen lassen. Kennt man die, sollte jedes Soufflé gelingen, theoretisch.
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(1) Bleiben wir mal gleich bei den Luftbläschen: Entnimmt man das Soufflé dem Backofen zu früh, bevor die Eiweissstruktur gefestigt ist, oder setzt man es Zugluft aus, kondensiert der Wasserdampf in den Bläschen, die Bläschen ziehen sich zusammen, das Soufflé geht in die Knie. Altes Wissen, schon im 18. Jahrhundert bekannt. Belässt man das Soufflé zu lange im Backofen, wird der Wasserdampf aus den Bläschen entweichen, das Soufflé fällt schon im Ofen zusammen. Es geht also darum, den Zeitpunkt und die richtige Methode zu finden, in der das Soufflé gar wird.

(2) Grundsätzlich gelingen Soufflés in kleineren Formen sicherer. Grössere Formen sind problematischer. Eischnee ist durch seine eingeschlossenen Luftbläschen ein sehr schlechter Wärmeleiter. Die Balance zu finden, wie ein Soufflé in einer grossen Form aussen und innen gleichzeitig gar wird, ist nicht einfach. Profis behelfen sich oft damit, dass die Form zu Beginn in ein siedendes Wasserbad gestellt wird, und das Soufflé erst nachher in den Ofen kommt. Das Aufheizen durch das Glas bzw. Porzellan wird damit beschleunigt. Ich habe dieses Verfahren auch bei kleinen Förmchen schon mit Erfolg angewendet.

(3) Reinen Eischnee (ohne Eigelb-Spuren) sehr fest schlagen, aber nicht zu fest, sonst trennt er sich wieder. Das Schlagen geht mit Handmixer oder Küchenmaschine am einfachsten. Je stärker man schlägt, desto feiner werden die Blasen, umso gleichmässiger wird die Masse. Umso besser geht sie auf. Wenn das Gefäss umgedreht wird und der Schnee stehen bleibt, ist genug. Der Zusatz von wenig Säure (1-2 Tropfen Zitronensaft) oder einer Prise Salz erleichtert die Schaumbildung. Die Proteine stossen sich dadurch weniger ab.

(4) keine Weichplastikschüsseln verwenden. Diese können Weichmacher oder Reste fetthaltiger Stoffe enthalten, die auch in Spuren die Stabilität des Eischnees verschlechtern. Kochwerkzeuge, Mixer, denen Spülmittel anhaften, vermindern die Oberflächenspannung dramatisch und lassen den Schaum rasch zusammenfallen. Ich behaupte nicht, dass es unmöglich sei, mit Plastikgeräten einen Eischnee hinzubekommen, aber dem Soufflé bekommt er beim Backen weniger gut.

(5) Grundmasse möglichst dick (viskos) halten, damit auch sie dem Soufflé eine gewisse Standfestigkeit mitteilt. Die Zugabe von Flüssigkeiten (zB. Fruchtsaft, noch schlimmer Schnäpse) wirkt sich daher stabilitätsvermindernd aus. Schön fotografierte Soufflés in Kochbüchern sind in der Regel mit grossen Mengen an Stärke oder Mehl gestopft, so dass sie kaum mehr einfallen. Also kein Grund an sich zu zweifeln, wenn ein Soufflé nicht so aussieht wie auf den Fotos im Kochbuch.

(6) Eischnee in drei Portionen nacheinander vorsichtig unter die ggf. noch warme Grundmasse unterheben. Die leichtere Masse, den Eischnee, über die dichtere Masse (die Grundmasse) geben, mit einem Gummispachtel von unten durch beide hindurchfahren, die Grundmasse hochziehen und damit den Eischnee bedecken. Das ein paarmal hintereinander unter Drehung der Schüssel durchführen. Wenn die Grundmasse noch warm ist, geht der Mischprozess wegen der niedrigeren Viskosität besser vonstatten. Vorteilhaft kann auch sein, zunächst etwas vom geschlagenen Eischnee unter die Grundmasse zu mischen, damit diese besser mischbar wird.

(7) Fette lassen Eischnee sehr schnell zusammenfallen. Dazu gehören (leider) auch die Fette im Eigelb, Käse etc. Ein Soufflé ohne Eigelb ist ja noch üblich, aber wie lässt man den Käse in einem Käsesoufflé oder die Schokolade in einem Schokoladesoufflé weg ? In diesen Fällen behilft man sich durch Umhüllung mit stärkehaltigem Saucenkleister. Dabei werden die Fett-tröpfchen von Stärke umgeben. Bevor das Fett beim Backen wieder voll freigesetzt wird, ist der Eischnee gefestigt und stabil. Der Zusatz von ein paar Gramm Stärke zur Grundmasse stabilisiert jedes Soufflé, wirkt sich aber bei sehr feinen Soufflés geschmacklich aus.

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(8) Souffléformen mit Butter (kein flüssiges Öl) gut einfetten, nach oben dürfen keine Verengungen oder Formänderungen vorhanden sein. Anschliessend bemehlen oder bezuckern, damit die Masse besser steigt. Beim Einfüllen den Rand sauber halten, sonst verklebt der Soufflédeckel dort und behindert das Steigen.

(9) Förmchen bei stark gehenden Massen nur zu 2/3 füllen, damit Platz zum Steigen bleibt.

(10) Backofen gut vorheizen, das Soufflé immer in der untersten Schiene einschieben. Die Temperatur soll unten heisser sein als oben, das gibt dem Soufflé Zeit zu steigen, bevor es oben fest und braun wird. Oft wird empfohlen Gitterroste, keine Backbleche als Unterlage zu verwenden. Warum weiss ich auch nicht.

(11) Soufflé nach dem Zumischen des Eischnee unverzüglich in den Ofen stellen, damit das Eiweiss nicht vorzeitig zusammenfällt.

(12) Die ideale Gartemperatur gibt es nicht. Bei meinen Recherchen habe ich von 160°C bis 250°C alle Temperaturen vorgefunden, jeweils mit der dringlichen Ermahnung garniert, die Temperatur exakt einzuhalten. Oh, Ihr Köche !!!

Ich selbst glaube, dass man mit einer mittleren Temperatur am besten fährt, hoch genug, damit die Proteine gerinnen, bevor das Soufflé zusammenfällt. Aber nicht zu hoch, sonst gerinnen die Proteine in der äussern Schicht bevor das Innere gar und aufgegangen ist. Das gibt dann Risse und Einsturzgefahr. Dann hängt die nötige Temperatur auch noch von der Grösse der Form ab. Wir haben kleine Portionenförmchen mit 8 cm Innendurchmesser, 4 cm hoch. Bei 200°C brauchen die etwa 12-15 Minuten, bei 230-240°C etwa 8-10 Minuten. Wenn ich sie etwa 3 Minuten in siedendem Wasser vorgare (grosse Pfanne mit Deckel, Boden mit Küchenpapier und etwa 2 cm hoch mit Wasser gefüllt), nur noch etwa 7 Minuten.

(13) Soll das Soufflé besonders schön aussehen, wird es von Profis vor dem Backen randeben glattgestrichen, der Rand gesäubert, die Masse mit einem Messer von der Wand gelöst, dann kurz unter dem Grill behandelt. Dadurch wird der Deckel schon mal fest und steigt dann gleichmässig flach in die Höhe. 

(14) Einmal fertig gebacken muss sofort angerichtet und serviert werden. Die Gäste warten auf das Soufflé, nicht umgekehrt. Am Einfachsten wird gleich im Förmchen serviert. Das fertige Soufflé liebt es nicht, wenn es wie Brotteig auf den Tisch geknallt wird.

Vierzehn Punkte sind es geworden, das hat ja nicht mal Moses geschafft. Der hat sich aber auch nicht mit Soufflés befasst. Link zu meinen bisherigen Soufflés

Zum Abschluss: mein stolzes Passionsfruchtsoufflé in einer frühen, ungestützten und unveröffentlichten Version, als unförmiges Omelett im Teller darniederliegend. Glanz und Elend nahe beisammen.

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Küchenarithmetik

In der Küche steht man/frau gelegentlich vor dem Problem, 2 Lösungen unterschiedlichen Gehaltes in der Weise zu mischen, dass eine Mischung mit einer gewünschten Zielkonzentration daraus entsteht. Beispiele ?

1: Vorhanden sind Vollrahm (40% Fettgehalt) und Milch (5% Fettgehalt). Ich hätte gerne Halbrahm (15% Fettgehalt). Wieviel der beiden Ausgangsstoffe muss ich mischen, damit ich Halbrahm durch Verdünnen erhalte ?

2: 90°C heisses Wasser und Leitungswasser von 15°C sollen so gemischt werden, dass das Wasserbad zum Schmelzen von Schokolade eine Temperatur von 50°C aufweist ?

Keine weltbewegenden Fragen, gewiss. Und doch so perfid, dass Studienanfänger früher zuweilen daran verzweifelt sind. Ich kenne einen. Die Antwort auf die Fragen heisst Mischungskreuz (Andreaskreuz): ein einfacher Rechentrick. Küchenarithmetik weiterlesen

Navets mit Wacholdersteaks oder umgekehrt

Navets
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Navets (CH: Mairübchen) werden hier, falls überhaupt erhältlich, gerne im Format von Zuckerrüben, Typ „Gärtnerstolz“, gezüchtet. Ich hab meinen Augen nicht getraut, als ich auf dem Basler Markt die ganz kleinen Navets gefunden habe. Die Navets, kurz angedünstet in Butter und Noilly Prat, mit einem Hauch von Zimt parfumiert. Dazu ein saftiges Steak vom Kalb, das Fleisch wurde zunächst niedergegart und erst am Schluss (!) angebraten. Warum ? siehe Anmerkungen. Mit Wacholderbutter und Rösti serviert. zum Rezept Navets mit Wacholdersteaks oder umgekehrt weiterlesen

Kartoffelgnocchi, zäh oder zart ?

Kartoffelgnocchi

Ich hab mir mal einige meiner Lieblingskochbücher vorgenommen, die Rezepte für Kartoffelgnocchi herausgeschrieben, Zutaten und Mengen verglichen. Unglaublich ! Die Kochbuchautoren scheinen die Rezepte ihrer Grossmütter unbesehen und unreflektiert abzuschreiben. So nett die Erinnerung an die Nonna sein mag, den tradierten Rezepten fehlt oft jede Logik. Alle Autoren beanspruchen aber unisono, mit ihrem Rezept leichte, luftige, eben perfekte Gnocchi herzustellen. Höchste Zeit, dass ich mich der Kartoffelgnocchi annehme ! Zu den Fakten: Kartoffelgnocchi, zäh oder zart ? weiterlesen

Gras, Heu oder Petersilie ?

Petersilie krausPetersilie entwickelt nach dem Zerkleinern rasch einen grasigen Geschmack und Geruch. Nichts Neues: jeder Koch empfiehlt, Petersilie erst kurz vor Gebrauch zu schneiden. Nach meinen Erhebungen wird in Deutschland die Petersilie eher geschnitten, in der Schweiz hingegen meist gehackt. Das mag der Einfluss der unseligen Hackgeräte sein, die in der Schweiz von Firmen wie Zyliss und Betty-Bossy erfunden wurden. Schneiden tut man eben mit feiner und scharfer Klinge. Hacken mit brachialer Gewalt. Kein Wunder, diese Geräte sind ja direkt aus den stumpfen mittelalterlichen Hiebwaffen der gefürchteten Schweizer Landsknechte entwickelt worden. Darum schmeckt Petersilie in der Schweiz anders als anderswo. Besonders die im Supermarkt fix-fertig vorgehackte. Schutzbegasung hin- oder her.

Martin Lersch beschreibt in seinem Blog khymos einen lesenswerten Versuch, den Oxidationsprozess nach dem Schneiden/Hacken mit verschiedenen Strategien zu verhindern: Feines/Grobes Schneiden, Blanchieren (um enzymatische Prozesse zu stoppen), Zusetzen von Antioxidantien (Vitamin C), Trocknen und Gefriertrocknen. Die nach allen Regeln der Wissenschaft durchgeführte Blindverkostung unter Einbezug seiner Frau als Testerin (ein weiterer Beweis für die Nützlichkeit der Frauen in der Küche) ergab für feines Schneiden (CH: Hacken) einen mässig befriedigenden sensorischen Befund. Der Zusatz von Antioxidantien war kontraproduktiv. Gefrier- oder normal-getrocknete Petersilie war und blieb Heu. Fazit: Petersilie bitte weder fein schneiden noch hacken, kleine Blätter einfach abzupfen, grosse Blätter frisch und nur ganz grob schneiden. Nicht neu, nun aber wissenschaftlich bewiesen.

Pizza (2): Der Teig

rundgewirkte PizzateigkugelnZweiter Teil meiner Pizza-Trilogie. Im heutigen Beitrag wirds technisch. Herstellung Profiteig bis und mit Aufarbeitung der Teigfladen. Erster Teil siehe Pizza (1): Mein Ideal. Die meisten der folgenden Informationen habe ich aus meinen Notizen und Unterlagen aus dem Kurs „Pizza Traditionale“ in der Bäckerfachschule Richemont (siehe: Eidg. dipl. Pizzaiolo) zusammengefasst. Ich hoffe, dass mir dabei keine Fehler unterlaufen sind, ich bin noch lange kein Backexperte. Wie schnell glaubt doch ein Laie, alles begriffen zu haben.  Pizza (2): Der Teig weiterlesen

Warum grünes Gemüse grau wird

Grüne ArtischockenKeine erfahrene Köchin, kein Koch, würden grünes Gemüse mit Säuren (zB. Zitronensaft oder Essig) zusammen kochen. Das schöne Grün würde sich rasch olive-grau verfärben. Der Grund: Das Grün von Gemüsen beruht auf dem für die Photosynthese zuständigen Chlorophyll. Im Zentrum dieses Moleküls sitzt ein Magnesiumion. Gibt man Säure hinzu, wird das Magnesiumion verdrängt und die grüne Farbe verfärbt sich. Viele Gemüse beinhalten Spuren natürlicher Säuren, die von alleine dafür sorgen, dass Grau das Grün verdrängt. Zumal wenn die Kochzeit lang ist. Abhilfe schafft ein uralter Grossmuttertrick:
Warum grünes Gemüse grau wird weiterlesen

food pairing event TGRWT #1

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Ein neuer food blogging event ist ausgeschrieben für food pairing „They Go Really Well Together (TGRWT)“ bei blog khymos. Deadline ist der 1. Mai 2007. Details siehe dort.
Der Begriff „food pairing“ bezieht sich auf die Kombination von Aromen auf Grundlage ihres Gehalts an flüchtigen Stoffen. Wissenschaftler vermuten, dass wenn 2 oder mehrere, auch noch so verschiedene Nahrungsmittel einen flüchtigen Aromastoff gemeinsam aufweisen, diese Nahrungsmittel geschmacklich mit hoher Wahrscheinlichkeit gut zusammenpassen. Die gestellte Aufgabe ist einfach: Es muss ein Gericht zubereitet werden, welches die drei Geschmacksträger: Schokolade, Knoblauch und Kaffee gleichzeitig enthält. Das scheint mir für unsere Schokoladen-Event-XXII Teilnehmer eine lösbare Aufgabe, wenn ich mir die darin gezeigte Kreativität vor Augen führe. Alles Weitere in blog khymos.