Zierliche Ziegen-Zitronelle-Cannelloni

Zierliche Ziegen-Zitronelle-Canelloni

Unser Citronelle-strauch (Lippia citriodora, Zitronenverbene) gedeiht auf dem sonnigen Fensterbrett prächtig. Eigentlich schade, die Blätter nur für Tee abzukochen. Ich hab sie versuchsweise kleinen Cannelloni zugegeben. Auf der Suche nach dem korrekten Diminutivaffix für Cannelloni habe ich mich weder mal hoffnungslos in unwichtige Nebensächlichkeiten verrannt. „Cannellini“ würde mir gefallen, obgleich der Begriff schon durch die kleinen Bohnen besetzt wird. Wers weiss, möge es in einen Kommentar schreiben.
Wie immer auch: die Citronelle rächte sich für meine sprachliche Unwissenheit. Der zarte Duft versteckte sich hinter dem Parmesan. Gut hatte ich mit etwas Zitronenabrieb und -saft vorsorglich für Ersatz gesorgt.

Ricotta-Citronelle-Cannelloni 2014 07 06_4742

Zierliche Ziegen-Zitronelle-Cannelloni


Zutaten
für den Teig:
170 g Weissmehl
40 g Hartweizendunst
1 Ei
4 Eigelb und wenig Eiweiss
1 Elf. Olivenöl
1 Tlf. Salz

für die Füllung:
300 g Ricotta (nach dem Abtrocknen verblieben noch 230 g)
100 g Ziegenfrischkäse
70 g Parmesan oder Sbrinz, frisch gerieben
2 Bundzwiebeln, das Weisse
1/2 Bund Petersilie
3 Zweige Citronelle, die Blätter
Butter
1 Elf. Zitronensaft
Abrieb einer halben Biozitrone
Salz
Pfeffer

1 dl Geflügelbrühe
2 Elf. Tomatenjus

für die Beilage:
500 g Erbsen
Olivenöl
Fleur de Sel
eine Hand voll Cherrytomätchen

Ricotta-Citronelle-Cannelloni 2014 07 06_4733
Cannelloni-Hüppen

Zubereitung
für den pastateig:
(1) nach diesem Rezept (Ravioliteig, hier eine etwas andere Zusammensetzung). 1 Stunde, in Folie eingewickelt, kühl stellen.

Ricotta-Citronelle-Cannelloni 2014 07 06_4739

für die Füllung:
(2) Ricotta frühmorgens in Vlies und Küchenpapier eingewickelt antrocknen. Das Küchenpapier häufig wechseln.
(3) Mehl mit dem Ei, den Eigelben, Salz und Öl zu einem nicht klebenden, elastischen Teig kneten. In Folie eingewickelt mind. eine Stunde ruhen lassen. Teig portionieren und mit der Nudelmaschine stufenweise auf die feinste Dicke, Stufe 9, auswallen. Band quer in Streifen von ca. 6 cm Breite schneiden.
(4) Bundzwiebeln feinst hacken und in der Butter farblos anschwitzen. Am Schluss die gehackte Petersilie unterziehen und kurz mitdünsten. Dann mit den übrigen Zutaten für die Füllung gut vermischen und abschmecken, in einen Dressiersack mit 1.5 cm Lochtülle füllen und auf die Schmalseite der Streifen spritzen. Zusammenrollen, bis der Teig gut überlappt. Rand allenfalls mit feuchtem Finger befeuchten, damit er klebt. Restlichen Teig abschneiden. Dasselbe mit der zweiten Streifenhälfte. Gibt etwa 50 Stück. Die Cannelloni auf ein mit Backpapier belegtes Blech legen, das mit Parmesan bestreut ist.

für die Beilage:
(5) Erbsen enthülsen und in gesalzenem Wasser ca. 3 Minuten blanchieren.
(6) Tomätchen anritzen und kurz in siedendes Wasser legen, bis man die Haut abziehen kann. Mit wenig Olivenöl besprenkeln und mit Fleur de Sel salzen.

für den finish:
Cannelloni mit wenig Tomatenjus beträufeln und 20 Minuten im Ofen bei 180°C garen. Zwischendurch hin und wieder mit Geflügelfond beträufeln.
Die Tomätchen im selben Ofen aufwärmen.
Erbsen mit wenig Olivenöl und etwas Geflügelfond kurz anziehen und mit gehackten Zitronelle-blättchen und Fleur de Sel würzen.


Ricotta-Citronelle-Cannelloni 2014 07 06_4741

Auch wenn der Citronelleduft nur verhalten wahrnehmbar ist, gut waren sie doch. Als Vorspeise in einem mehrgängigen Menu würde ich mit 5 Stück rechnen. Wir haben zu zweit gleich 30 Stück aufs Mal weggeputzt.

Basel Tattoo 2014 Aufmarsch zur Parade

Basel Tattoo 2014 Parade

Seit 9 Jahren gibt es das Basler Tattoo schon, inzwischen ist es das weltweit zweitgrösste seiner Art. Heuer war es anlässlich der Parade nieselregnerisch und trübe. Umso farbiger sind die Fotos, die ich vom Münsterplatz mitgebracht habe. Dort besammelt man sich zum Aufmarsch :

Basel Tattoo 2014 2014 07 26_4918
Australischer slouch-hat und Altzürcher Grenadiere
Basel Tattoo 2014 2014 07 26_4944
Der heilige Martin und die Australier
Basel Tattoo 2014 2014 07 26_4910
Der Chef der Australier mit 5 glorreich gewonnenen Schlachten an der Brust
Basel Tattoo 2014 2014 07 26_4938
Ehrendamen in Basler Werktagstracht
Basel Tattoo 2014 2014 07 26_4955
Steuermann, Lass die Wacht !
Basel Tattoo 2014 2014 07 26_4923
Schleichwerbung
Basel Tattoo 2014 2014 07 26_4913
I’m so tired
Basel Tattoo 2014 2014 07 26_4921
Perfekt gefältelt
Basel Tattoo 2014 2014 07 26_4925
Flight Lieutenant Richard Murray, The Central Band of the Royal Airforce
Basel Tattoo 2014 2014 07 26_4926
Royal Airforce beschützt chinesische Tänzerin
Basel Tattoo 2014 2014 07 26_4927
Flight-Lieutenant instruiert Waldhorn
Basel Tattoo 2014 2014 07 26_4967
Begleitung der Singapore Armed Forces Central Band
Basel Tattoo 2014 2014 07 26_4933
Chinesinnen wundern sich über Basler Krieger im Harnisch
Basel Tattoo 2014 2014 07 26_4934
chinesischer Liebreiz unter Regenschirmen
Basel Tattoo 2014 2014 07 26_4932
Papierdrache der Changxing Lotus Dragon Folklore Group
Basel Tattoo 2014 2014 07 26_4935
Der Drache läuft. Irgendetwas stimmt nicht in diesem Bild
Basel Tattoo 2014 2014 07 26_4953
und los gehts… Band and Bugles of the Rifles, GB

Am nächsten Sonntag folgt hier der zweite Teil des Berichts: die Parade.

Nachgekocht und Nachgebacken

Marinierte Aprikosen, Rohschinken 2014 07 18_4857

Im Sommer lebt es sich ungenierter. Dann darf hemmungslos nachgekocht und -gebacken werden. Das enthebt uns, in einer Zeit, in der das Denken noch schwerer als sonst fällt, eigene Überlegungen anzustellen. Im Grunde genommen ist doch alles schon erfunden. Beinahe alles. Eine kleine Recherche im Internet, meinem liebsten Kochbuch: und schon steht das Menu fest. Kommt hinzu, dass man auch das Fotografieren lockerer als sonst angehen kann. Festgehalten wird nur das, was man im eigenen Rezeptbuch aufzeichnen will. Hier eine kleine Auswahl, bei der ich in den Rezepturen immerhin die EL durch Elf. ersetzt habe. Hitze schützt vor Sturheit nicht.

Marinierte Aprikosen mit Rohschinken

Gesehen bei Sabine, Sie hat diese Vorspeise in der Osteria La Scarpetta im Tessin kennengelernt. Nun verstehe auch ich, warum man dafür den Klassiker Melone mit Rohschinken links liegen lassen kann.

Marinierte Aprikosen, Rohschinken 2014 07 18_4864

Zutaten
Vorspeise für 2 Personen
6 Scheiben Rohschinken,hauchdünn geschnitten (L.: San Daniele)
frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
6 kleine, feste, nicht mehlig-süsse Aprikosen, (im Original 2 Nektarinen)
Salzflocken Maldon
ein paar Spritzer Zitronensaft
Olivenöl
einige Blättchen Basilikum
ein Reiber abgeriebene Zitronenschale

Zubereitung
(1) Die Aprikosen (od. Nektarinen) in Spalten schneiden, evtl. nochmals halbieren und in einer Schüssel mit etwas Olivenöl, ein paar Spritzern Zitronensaft, dem Zitronenabrieb und fein gezupften Basilikumblättern (ein paar zur Deko aufheben) 10 Minuten marinieren.
(2) Mit Salzflocken, schwarzem Pfeffer und ein paar weiteren Basilikumblättern zu dem Rohschinken servieren.

Zitronenschnitzel

Gesehen bei Claudio von Anonyme Köche:

Zitronenschnitzel mit Kohlrabigratin 0_2012 11 27_8904
Ungeniert bleibt die Sauce unfiltriert

In  Italien würde man die scaloppine nach einem primo piatto ohne Beilagen essen, aber in der Kombination mit Kohlrabigratin schmeckten uns die beiden Komponenten auch gut. Cavolo rapa kam schliesslich im 16. Jahrhundert aus Italien nach Deutschland, um danach zum deutschen Gemüse zu werden.

Zutaten
für 2 Personen
für das Fleisch:
4 kleine Kalbsschnitzelchen vom faux-filet (150 g total)
Bratbutter
Etwa 25 ml Zitronensaft (je nach Säure)
ca. 1 dl Marsala
Zucker
etwas Biozitronenabrieb
Salz, Pfeffer

Zubereitung
(1) Ofen mit einer Platte und den Esstellern auf 80°C vorwärmen. Die Plätzli salzen und pfeffern, leicht mehlieren. Mit Bratbutter in einer Stahlpfanne nicht zu heiss eine Minute je Seite braten. Plätzli auf der Platte im 80°C Ofen warmhalten.
(2) Fett aus der Pfanne giessen und Pfanne mit Küchenpapier abtupfen. Mit dem Zitronensaft den Bratensatz vom Topfboden deglacieren. Den Marsala angiessen. Mit einer Prise Zucker, etwas Zitronenzeste und allenfalls Salz und Pfeffer abschmecken. Sauce einkochen und falls nötig mit etwas kalter Butter binden.
(4) Plätzli in die Pfanne zurückgeben, einmal durchschwenken.

Was Maestro Claudio schmecken tut, schmeckt auch uns.

Kohlrabigratin

Gesehen bei Eline von Küchentanz. Lassen wir zu diesem Gericht vorab und zutiefst ehrfürchtig die grossen Worte eines deutschen Dichterfürsten im Munde zergehen: „Behalte mich ja recht lieb, sorge für Haus und Garten, grüße Herrn Meyer, küsse den Kleinen und iß Deine Kohlrabi in Frieden“. (Johann Wolfgang von Goethe, Briefwechsel mit seiner Geliebten und späteren Frau Christiane Vulpius, 1792).

Kohlrabigratin 2014 05 04_3940
mit Röstaromen 😉

Zutaten
2 kleine, zarte Kohlrabi, geschält, ca. 1 mm dünn gehobelt
ca. 70 ml Rahm-Milch-Mischung (50:50) nach Bedarf
Salz
weisser Pfeffer
Muskatblüte
von mir zusätzlich: Fenchelsamen
Butterflocken
Mie de pain
gehackte Kohlrabiblätter oder Gewürzfenchel

Zubereitung
(1) Die dünnen Kohlrabischeibchen in gebutterte flache Auflaufförmchen rosettenartig schichten, etwas Salz, weissen Pfeffer und pro Förmchen eine Prise Fenchelsamen dazwischen streuen, mit der Hand gut festdrücken. Das Ganze sollte nicht höher als 0,5-1 cm werden, dann schmeckt es am besten.
(2) Die Rahm-Milch-Mischung mit Muskatblüte erhitzen, ca. 10 min ziehen lassen. So viel der Mischung über den Kohlrabi giessen, dass er gerade ein bisschen bedeckt ist. Mit Butterflocken und Mie de Pain bestreuen, ca. 20 min Umluftgrillen bei 200 grad. Mit gehacktem Grün bestreuen.

Ordinärer Kohlrabi, der alles andere als ordinär schmeckt.

Clafoutis aux cerises nach A-S. Pic

Gesehen bei Micha von grain de sel, inzwischen auch bei Anne-Sophie Pic aufgetaucht:

Clafoutis aux cerises 2014 06 11_4363
Die Küchlein sind bei Madame Pic etwas heller gebacken und flacher

Zutaten
für 4  kleine Clafoutis :

12 Kirschen (entsteint) (L: 16)
1 Elf. sucre glace (Puderzucker)
etwas Butter

85 g Butter, weich (plus Butter für die Förmchen)
1 Elf. sucre semoule (L: Kristallzucker)
85 g sucre glace (L: zur Hälfte Vollrohrzucker)
85 g gemahlene Mandeln (L: geschält)
5 g Speisestärke (L: Epifin)
1 Ei
4 Prisen Zimt

Zubereitung
(1) Ein nussgroßes Stück Butter in einem Topf schmelzen lassen, die entsteinten Kirschen darin eine Minute kochen lassen, Puderzucker zugeben und nochmals etwas köcheln lassen.
(2) In einer Schüssel alle Zutaten mischen, zuletzt das Ei zufügen und einen homogenen Teig herstellen.
(3) Ofen auf 175°C (O-/U-Hitze) vorheizen. Tarteletteförmchen (L: ramequins von 8cm Durchmesser) ausbuttern (Boden mit Backpapier auslegen). Den Teig und die Kirschen auf die 4 Förmchen verteilen (da ich zu grosse Kirschen hatte, reichte bei mir der Teig nur für 3 Küchlein). Für 15min (L: 30min) im Ofen backen bis die clafoutis goldbraun gebacken sind. Bei Madame Pic sind sie heller gebacken. Etwas abkühlen lassen, dann aus den Förmchen stürzen und lauwarm servieren.

Nachgebacken, weil das Rezept von Anne-Sophie Pic stammt. Gut, marzipanig, etwas süss.

Tomatenspaghetti. Reduktion auf das Wesentliche

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Als ernsthafter Blogger und Geniesser Tomatenspaghetti auf den Speiseplan zu setzen, grenzt an medialen Blog-Selbstmord. Da mir Internet-Reichweiten egal sind, tue ich das trotzdem. Und es kommt noch besser: ich werde meinen Aufwand für den Blog reduzieren. Ein klein wenig Loslassen. Wenigstens den Sommer hindurch. Es gibt neben der Bloggerei eben noch Dinge, die im Leben eine höhere Priorität einnehmen. Abschiednehmen ist -nach dem französischen Sprichwort- immer ein bisschen wie Sterben. Aber eben: nur Sterben ist wirkliches Abschiednehmen. Und ein wenig Abschiednehmen ist noch lange kein Sterben. Bald kommt der Herbst, dann beginnt unser Sommer. Dennoch ist jetzt eine Henkersmahlzeit fällig: Tomatenspaghetti. Basta. Aus Tomaten und Spaghetti und sonst praktisch nichts. Immer eingedenk des Wortes des hochgeschätzten Blog-Kollegen Claudio: „Erreicht man den Punkt, an dem man erkennt, dass vollkommener Genuss nicht dann erreicht ist, wenn man nichts mehr hinzufügen, sondern wenn man nichts mehr weglassen kann, sollte man sich für seinen Mut zur Schlichtheit mit einem Schluck kühlen Weisswein beglückwünschen“.

Tomatenspaghetti 2014 06 05_4322

Zutaten
1 kg Costoluto oder Merinda Tomaten. Stark gerippte, robuste, sehr aromatische, kleine Fleischtomaten. Oder jetzt reife Berner Rosen oder Marmande.
2 Zweiglein Rosmarin
2 Zweiglein Thymian
Olivenöl
Fleur de Sel

Zubereitung
(1) Die Tomaten rundum mit einem Messer perforieren. Je mehr Löcher, desto besser. In eine hitzefeste Schale legen. Mit etwas Olivenöl besprenkeln, salzen. Kräuter dazu legen
(2) Für 3h bei 95°C in den Ofen stellen (Umluft)
(3) Durch ein Sieb drücken. Die Passata ggf. nachwürzen.
(4) Inzwischen die Spaghetti kochen, abgiessen und mit der Sauce vermischen.

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Das gibt mit besten Tomaten eine minimalistische, aber intensive Tomatenpassata, die sich selbst genügt. Man muss sich halt erst wieder daran gewöhnen, wie Tomaten ohne soffritto und Gewürzbrimborium schmecken. Den Weisswein gönne ich mir beim nächsten Mal, wenn ich auch noch die Kräuter weglassen werde. Vorausgesetzt, es gibt bis dahin noch Tomaten 😉

Heusuppe

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Landfrauen wie Micha sind im Vorteil. Die wissen woher sie gutes Heu beziehen können. Heu vom zweiten Schnitt (Emd) muss es sein. Von einer ungedüngten, unbeweideten und deshalb artenreichen Bergwiese, abseits der Trampelpfade von Kampfwanderern und Hunden, abseits der Skipistentrassee, geschnitten mit der Sense, nicht mit dem Motormäher. Und wir Stadtmenschen ? Wo kriegen wir solches Heu her ? Vom aufschneiden alter Heumatratzen oder dem Kauf von Hamsterheu aus der Kleintierhandlung rate ich jedenfalls ab 😉

Wie ich zu meiner Handvoll Bergheu gekommen bin, ist eine andere Geschichte. Ich kenne jemanden, der kennt einen Koch, der hoch in den Schweizer Alpen ein Restaurant führt. Und der, den ich kenne, tauscht mit dem, den er kennt, Bärlauch im Frühjahr gegen Heu im Spätsommer.

Letzten August waren wir im Gasthof Rössli bei Stefan Wiesner essen und durften, zum ersten Mal, dessen köstliche Heusuppe geniessen. Endlich zu einer Handvoll Bergheu gekommen, habe ich sie, etwas verändert, nachgekocht.

Zutaten
verändertes Rezept teils nach der Sonntagszeitung und Wiesner für 4 Personen

70 g Peterliwurzeln, geschält, gewürfelt
1/2 weisse Zwiebel, gewürfelt
1 Tlf. Butter
1 Elf. Reis, in der Gewürzmühle fein geschrotet

400 ml Vollrahm (L.: 200 ml)
200 ml Geflügelfond (L.: 400 ml)
1 grosse Handvoll Emd (zweiter Schnitt)
150 ml Schaumwein (Prosecco)
Salz und weisser Pfeffer aus der Mühle

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während das Tellerarrangement auf die Suppe wartet, kann man schon mal den Prosecco öffnen.

Zubereitung
(1) Zwiebel und Wurzelpeterli in der Butter hell anschwitzen, mit dem Geflügelfond ablöschen und das Reispulver (bindet ohne Kartoffel- oder Mehlgeschmack) zugeben. 30 Minuten köcheln lassen. Dann mit dem Stabmixer fein pürieren.
(2) Den Rahm zufügen, aufkochen. Die Handvoll Heu zugeben und 2-4 Minuten ziehen lassen (laufend probieren, je nach den Kräutern im Heu kann die Suppe bei zu langer Ziehdauer bitter werden).

Heusuppe 2014 07 03_4722

(3) Durch ein feines Sieb (L.: mit Vliestuch belegt) passieren, nochmals aufkochen, mit Salz und Pfeffer würzen, den Schaumwein unterrühren, kurz aufmixen und sofort servieren.

Und so siehts bei Wiesner aus: der lebt natürlich mitten im Heu, während ich mit meiner Handvoll haushälterisch umgehen musste. Dazu war sein Schäumchen viel höher als meines. Aber dafür ist er ja schliesslich der Spitzenkoch und ich nur Nachkocher.

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Version Stefan Wiesner, gegessen im Rössli Escholzmatt

Geissenpeter, Heidi und Alpöhi im Quadrat. Ein unglaublich feines Süppchen, das jedes Stadt-Berglerherz vor Freude springen lässt. Frau L. wunderte sich, dass ich diese Suppe nicht mindestens einmal pro Woche zubereite. Apropos: im Frühjahr 2015 hätte ich frischen, jungen, Tiefland-Bärlauch gegen Berg-Heu (s.o.) einzutauschen.

CH-6246 Altishofen: Das Schloss des Schweizerkönigs

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Ludwig Pfyffer, von den Zeitgenossen als «Schweizerkönig» bezeichnet (Bild: wiki)

Begegnet sind wir ihm nicht, dem Schweizer König. Er ist ja auch schon über 400 Jahre tot. So tot wie derjenige, dessen Schädel er in seiner Hand hält. Ludwig Pfyffer trat 1553 als Offizier in den französischen Kriegsdienst, nachdem er in Luzern verschiedene hohe Ämter bekleidet hatte. Bald zeichnete er sich in Schlachten aus und führte ab 1563 als Oberst ein Schweizerregiment. Dieses bildete die Kerntruppe der Heere Karls IX. in den französischen Religionskriegen. Obristen waren damals in allen Belangen verantwortliche Generalunternehmer ihres Regimentes und hatten für Mannschaft, Bekleidung, Bewaffnung und Unterhalt der Truppe zu sorgen. Dafür wurden sie von ihrem Auftraggeber mehr oder weniger schadlos gehalten. Wenn der Auftraggeber Geld hatte, eher mehr. Wenn er keines hatte, presste sich die Truppe ihren Unterhalt aus der Bevölkerung der Kriegsgebiete.

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Schloss Altishofen mit Spicher

1566 wurde Pfyffer als Gesandter der Eidgenossenschaft am Reichstag zu Augsburg von Kaiser Maximilian II. zum Ritter geschlagen.

Seine Verdienste 1567 beim Rückzug der königlichen Familie von Meaux nach Paris und in diversen Schlachten des zweiten und dritten Hugenottenkrieges trugen ihm den Ruf eines fähigen Truppenführers ein. In der Folge wurde er in den französischen Adelsstand erhoben.

1569, nach dem Frieden von Saint-Germain, kehrte er nach Luzern zurück. Hier übernahm er ein Jahr später die Position des Schultheissen und festigte als dominierender Luzerner Politiker (zum Missfallen der evangelischen Kantone) die Vormachtstellung der katholischen Stände innerhalb der Eidgenossenschaft. So berief er 1577 die Jesuiten nach Luzern, baute ihnen ein Kollegium, förderte die Gegenreformation und 1586 die Vereinigung der katholischen Stände im Goldenen Bund (Borromäischer Bund). Ein Jahr später wurde die Allianz der katholischen Kantone der Eidgenossenschaft mit dem katholischen Spanien besiegelt.

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Mäxle mit Schloss Altishofen

Daneben warb er fleissig schweizerische Regimenter für die französische Liga und liess sich dafür von Savoyen, Spanien und Rom mit gut dotierten Pensionen bezahlen. (Pensionen ? eine eher euphemistische Bezeichnung). Daneben handelte er mit Tuch, Vieh, Salz und Geld. Nach seinem Tod hinterliess er mit über 340’000 Gulden wohl eines der grösseren Vermögen der damaligen Eidgenossenschaft.

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Eingang zum polygonalen Treppenturm. Wappenrelief der Pfyffer-Segesser

Im 13. Jahrhundert war die Herrschaft Altishofen im Besitz der Freiherren von Balm. 1308 wurde König Albrecht von Habsburg bei Windisch ermordet, Rudolf von Balm zählte zu den Verschwörern und musste fliehen, sein Besitz verfiel dem heiligen römischen Reich.
1312 kaufte der Deutsche Ritterorden in Hitzkirch die Herrschaft Altishofen. In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts befand sich der Orden im Niedergang. Die verarmten Deutschritter sahen sich im Jahre 1571 gezwungen, die Herrschaft Altishofen für 8000 Kronen (écu d’or) an Ludwig Pfyffer zu verkaufen. Er und seine Nachkommen nannten sich fortan Pfyffer von Altishofen. So einfach war das damals.

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Unterhalb des ummauerten Renaissance-Gartens

1571 baute er Schloss Altishofen, 1575 war der Bau fertig. 1588 erwarb er das Wasserschloss Wyher bei Ettiswil. Pfyffer gilt als der Begründer des Luzerner Patriziats. Die Nachkommen des Schweizer Königs stellten mehrere Kommandanten der päpstlichen Schweizergarde und erfreuen sich heute noch einer angesehenen, gesellschaftlichen Stellung.

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Das sogenannte Klösterli nebenan.

1859 verkaufte Heinrich Pfyffer das Schloss, 3 Jahre später erwarb es die Gemeinde Altishofen. Bis zum Jahre 1973 nutzte sie es als Bürgerheim. Seit 1971 befindet sich die Gemeindekanzlei im Schloss. Die heutige, Schuld-heischende Obrigkeit. Nach der Renovation im Jahr 1986 wurde darin das Regierungsstatthalteramt des Amtes Willisau untergebracht. Verschiedene Räume (getäferter Rittersaal mit Kassettendecke, Barockstube, Schlosskeller) können für Anlässe gemietet werden. Waren am Fronleichnamstag jedoch nicht zu besichtigen. Nicht mal das historische Gasthaus im Ort hatte geöffnet. Für den Kaffee mussten wir uns über die Kantonsgrenze in protestantische Gefilde bemühen.

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Der markante Spicher nebenan

Quellen:
wiki: Altishofen
wiki: Ludwig Pfyffer
HLS: Altishofen

Matcha-Ravioli mit Ziegenkäse und Kresse

Matcha-Ravioli 2014 06 22_4529

Matchatee. Das grüne Pulver, das müde Männer munter macht, Kranke heilt und Frauen im fortgeschrittenen Alter wieder zu jungen Mädchen werden lässt. Der von vielen Esotererik-Händlern lange gehegte Jungbrunnen diente vor allem zur einträglichen Stärkung des Kassabestandes. Die Aufregung hat sich inzwischen gelegt, das teure, giftgrüne Pulver schlummert in den Vorratskammern, verfärbt sich langsam nach Braun: ein Pulver, das nicht mal den eigenen Alterungsprozess aufhalten kann.

Für mein Gericht habe ich mich ein wenig inspirieren lassen durch ein Rezept, das ich im Büchlein der Anne-Sophie Pic „The Best of“, gefunden habe: Ravioli, mit einer leichten Ziegenkäsefüllung an einem Kresse-Matcha-Jus. Frau Pic formt jedoch tetraedrische Ravioli, würzt die Füllung anders, räuchert den Ricotta, parfumiert den Jus mit Bergamotteblättern und verwendet als Beilage Komatsunastengel.  Alles zu kompliziert für meine Bergbauernküche.

Zutaten
für ca. 30 Ravioli, 4 Vorspeisenportionen.
für den Teig:
170 g Weissmehl
40 g Hartweizendunst
1 Ei
4 Eigelb und wenig Eiweiss
1 Elf. Olivenöl
6 g Matchapulver (meines eher beige als grün)
1 Tlf. Salz

für die Füllung:
300 g Ricotta (nach dem Abtrocknen verblieben noch ca. 190 g)
80 g Mascarpone
100 g halbrezenter Ziegenkäse vom Markt (von Etienne Fernex, Chèvrerie de la Grange, Biederthal)
20 ml Zitronensaft
Abrieb einer halben Zitrone
Salz, weisser Pfeffer

für den Kresse/Matcha-Jus:
Kressewasser:
50 g Gartenkresse
2.5 g gesalzene Butter
2 dl Wasser
Kresse-Base:
ca. 100 g vom Kressewasser
10 g Ingwer, geschält in Würfeln
Matchabutter:
80 g gesalzene Butter
1 g Matchapulver

für die Garnitur:
2 Stangen Sellerie, in feine Stäbchen, ca. 4 cm lang, geschnitten. Madame Pic verwendet Komatsuna-stengel. Damit kann ich nicht dienen.
einige Blättchen Grünzeug, hier Portulak.

Matcha-Ravioli 2014 06 21_4532
definitiv nicht giftgrün

Zubereitung
für den pastateig:
(1) nach diesem Rezept (Ravioliteig, hier eine etwas andere Zusammensetzung). über Nacht, in Folie eingewickelt, kühl stellen. Matcha oxidiert, wie gesagt, sehr schnell. Frau Pic empfiehlt, dem Teig einen Tropfen Essig zuzugeben. Dass das funktioniert, glaubte ich nicht und liess den Essig weg. Meine sind braun geworden, die ihren blieben dunkelgrün. Warum kann ich mich nie an Rezepte halten ?

für die Füllung:
(2) Ricotta am Vortag in Vlies und Küchenpapier eingewickelt krümeltrocken antrocknen. Das Küchenpapier häufig wechseln.
(3) Ricotta, Mascarpone und den Ziegenkäse cuttern und würzen mit Zitronensaft, -abrieb, Salz und Pfeffer.
(4) immer dasselbe: Ravioli füllen, Luft ausdrücken, Ränder anpressen und auf eine mit Hartweizengriess bestreute Platte legen. Häufig wenden, damit der Teig wegen der feuchten Fülle nicht anklebt.

Matcha-Ravioli 2014 06 22_4525
wenigstens war die Kressebase grün und der Schaum schaumig

für den Kresse/Matchaschaum:
(5) Kresse waschen, entstielen, die Stiele hacken und mit Wasser und der Butter aufkochen und etwa 10 Minuten leise köcheln. Abkühlen. Die Kresseblättchen zugeben und im Mixer fein mixen. Den grünen Saft durch ein Vliestuch filtrieren.
(6) 100 g vom filtrierten Saft leicht erwärmen (60°C, nicht kochen), Ingwerscheiben (besser: Raspel in ein Tüchlein eingebunden) zugeben, vom Feuer ziehen und 5 Minuten ziehen lassen. Ingwer entfernen.
(7) 80 g weiche Butter mit dem Schwingbesen luftig schlagen, dann das Matchapulver unterschlagen.
(8) Die Selleriestängelchen in wenig Gemüsebrühe mit 3 Scheiben Ingwer und einer Prise Salz weichkochen.

Matcha-Ravioli 2014 06 22_4527
Saharabraun statt grün.

für den finish:
(9) Ravioli in heissem, aber nicht siedendem Salzwasser gar kochen, 2-3 Minuten. Mit der Siebkelle abschöpfen, in 20 g Matchabutter schwenken.
(10) 60 g der Matchabutter mit 100 g der warmen Kressebase mit dem Stabmixer aufschäumen. Salzen.

Ravioli mit den Selleriestängelchen und dem Grünzeug anrichten und einige Schaumtupfer absetzen.

Trotz meiner Vereinfachungen ein äusserst elegant schmeckendes Ravioli. Madame Pic kann alle Spielarten der Küche. Wenn nur das Braun nicht braun wäre.

Saftplätzli „Bettina“mit Doppel-Knack-Erbsen

Saftplätzli Bettina 2014 06 29_4597

Rindsplätzli im Saft: ein für mich typisch schweizerisches Gericht. Wenn es auch nördlich der Schweiz unter dem Begriff „Zwiebelfleisch“ in den Ofen kommt. Da Fleischstücke  verwendet werden, die zum Braten und Schmoren geeignet sind, beispielsweise Stotzen oder Schulter, benötigen sie eine etwas längere Kochzeit. Aber einmal im Topf,  gibt es kaum mehr Arbeit damit. Trotzdem sind sie in Vergessenheit geraten. Altmodisch ?  Grossmutterküche ? Saftplätzli sind neben Tomatenspaghetti und Hörnli mit Hack unser Lieblingsgericht. Siehe hier. Heute in einer Sommerversion von Bettina.

Rindsplätzli im Saft werden in der Regel nicht gebraten, sondern im eigenen Saft gedünstet. Schmorplätzli hingegen werden vorher angebraten und dann geschmort. Zwei unterschiedliche Glaubensrichtungen. Da unsere Familie nicht zur orthodoxen Gruppe der Vorherbrater, sondern zu den abweichlerischen Verfechtern der Saftzieher gehört, musste ich Bettinas Rezept in unserm Sinne ändern, die Zutaten sind jedoch dieselben. Der Aufwand etwas geringer.

Zutaten
Hauptmahlzeit für 2-3 Personen
3 „rechte“ Saftplätzli: grosse, dünne, vom Stotzen
2 Elf. Olivenöl
100 g Zwiebel, mit dem Gemüsehobel in feine Ringe geschnitten
10 g Knoblauch gehackt
ca. 7 g Ingwer, frisch gerieben
4 Blatt Salbei, in Streifen
600 g Berner Rosen, reife Tomaten
1 Msp. Paprika edelsüss
1 Prise Kreuzkümmel (L.: 6 Dreher aus der Gewürzmühle mit Mekeleischa-Gewürz)
1.5 dl Kalbsfond
schwarzer Pfeffer
Salz

für die Doppel-Knackerbsen:
2 Handvoll Knackerbsen, sauber gefädelt, die letzten dieses Jahr. Ersatzweise Kefen.
ca. 50 g Haselnüsse -ein Rest der Weihnachtsbäckerei ;-)-, frisch geröstet und Haut abgerieben.
1 Tlf. Butter
Fleur de Sel, schwarzer Pfeffer

Saftplätzli Bettina 2014 06 29_4595

Zubereitung
(1) Tomaten enthäuten, Kernhaus und Kerne entfernen. Würfeln.
(2) Kerne und Abschnitte der Tomaten in einem kleinen Topf langsam einkochen und durch ein Sieb passieren.
(3) Ofen auf 120°C vorheizen.
(4) Fleisch leicht plattieren, würzen mit Salz und Pfeffer.
(5) Olivenöl in einen Schmortopf geben, den Boden mit einem Teil der Zwiebelringe bedecken, die erste Fleischschicht auf die Zwiebeln legen. Zwiebeln, Tomatenwürfel, Knoblauch, Ingwer und Salbei dazu. Würzen. Die nächste Fleischschicht etc. Normalerweise machen wir das mit 6 Plätzli, gibt 2 Mahlzeiten für uns.
(6) Den Topf verschliessen und in den Ofen stellen.
(7) Nach 30 Minuten des Saftziehens, den Kalbsfond zugeben, wieder verschliessen und den Ofen auf 150°C stellen. Eine weitere Stunde im Ofen belassen.
(8) 4/5 der Flüssigkeit in ein weites Pfännchen mit der Tomatenreduktion giessen und etwa auf die Hälfte einreduzieren. Wieder in den Topf geben, nachwürzen und servieren.

für die Doppel-Knackerbsen:
(9) Knackerbsen fädeln. In kochendem Salzwasser ca. 3 Minuten blanchieren, kalt abschrecken, abtropfen lassen. Im Wok mit den zerdrückten Haselnüssen in etwas Butter dünsten. Würzen mit Fleur de Sel und Pfeffer.

Salbei und Ingwer geben diesem Wintergericht eine Frische, die es sommertauglich macht. Dazu gabs natürlich Hörnli, die ich aber erst nach dem Foto auf den Teller gelegt habe. Und wer neugierig ist, und unbedingt wissen möchte, wer Bettina ist, kann das ja hier nachschauen.

CH-1913 Saillon: Aprikosen und Anderes

CH-1913 Saillon 2014 06 26_4556

Aprikosenzeit. Grund für eine Ausfahrt ins Wallis. Kurz vor Saillon, unweit Martigny, gibt es neben Strassenhändlern auch Produzenten, die ihre Ernte direkt ab Feld verkaufen. Nach eingehender Prüfung, ob unten im Karton dieselbe Qualität liegt, wie oben -Erfahrung macht klug, ob in Italien oder im Wallis- ;-), entschlossen wir uns, einen Karton zu erwerben. Etwas billiger als in Basel, nicht besser, aber frischer. Und wenn wir schon mal hier sind, fahren wir doch gleich noch in das mittelalterliche Städtchen, das hoch über der Rhonetal-Ebene liegt.

CH-1913 Saillon 2014 06 26_4553
Der Verkaufsstand liegt gleich nebenan

Überragt wird das Städtchen von den Resten eines Bergfriedes, dem 19 Meter hohen Tour Bayart.
Im Jahre 999 überliess der letzte Burgunderkönig Rudolf III. die Grafschaft Wallis dem Bischof von Sitten als Lehen. Nach dem Tod des erbenlosen Rudolf, 1032, fiel das Königreich Burgund an den fränkischen König Konrad II.. Das Wallis wurde Teil des Heiligen Römischen Reichs; der Bischof von Sitten zum weltlichen Reichsfürst erhoben. Ab 1052 gehörte Saillon dem Domkapitel von Sion, später den Herren von Saillon.

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Saillon, Stadttor von Innen

Die Grafen von Savoyen verstärkten mit der Zeit ihren Einfluss im Wallis, bestimmten zuletzt sogar die Besetzung des bischöflichen Stuhls von Sitten. 1260 fiel Peter II. von Savoyen im Unterwallis ein, der Bischof musste seine Besitzungen westlich von Conthey an die Savoyer abtreten.

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Saillon, Obertor zum Tour Bayart hin

Die Baumeister von Peter II. von Savoyen gingen sofort daran, die Befestigungen des Schlosses von Saillon zu verstärken und ergänzten die Anlage durch 1261-62 durch einen Turm in der Ringmauer, benannt nach der damaligen Schlossherrin, Dame Bayart.

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Stadtmauer mit mittelalterlichem Schnickschnack, einer Steinschleuder

Kaum war der Flecken befestigt, erhielt erhielt er Freiheitsrechte und durfte Jahr- und Wochenmärkte abhalten. Das Schloss wurde 1475 während eines Feldzuges der Oberwalliser gegen die Savoyer zerstört, erhalten sind der Bergfried, Reste von drei Halbtürmen und weite Teile der Stadtmauer.

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Saillon, Rue du Bourg

Im südlichen Klima von Saillon gedeihen auf rund 190 ha nicht nur Reben, auch Mandel- und Feigenbäume sind anzutreffen. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Rhone in Dämme gezwängt, ab 1917 die Sümpfe der Ebene durch den Bau von Kanälen trockengelegt. Zusammen mit einer gross angelegten Güterzusammenlegung die Voraussetzung für den so erfolgreichen Erdbeer-, Spargel- und Aprikosenanbau im Unterwallis.

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Falschgeldmuseum

Eine Besonderheit von Saillon ist das Falschmünzermuseum. 1870-1880 stellte der aus dem Aostatal geflüchtete Joseph-Samuel Farinet hier in grossem Umfang Kleingeld, 20-Rappen-Münzen, her, die nach Fehlspekulationen der Walliser Kantonalbank bei der einfachen Bevölkerung im Unterwallis mehr Vertrauen genossen als das staatliche Papiergeld aus Bern.

Nach Intervention des Bundesrates wurde Farinet zur Verhaftung ausgeschrieben und kam in einer Schlucht oberhalb Saillon aus nie geklärten Gründen zu Tode. Seither wird er hier als Robin Hood der Alpen verehrt. Selbst ein Rebberg, bestehend aus 3 Rebstöcken, wurde seinem Angedenken gewidmet.

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Das Tor zu den Rebbergen: Crus au verre, wem wird hier vor Hitze nicht schummrig vor den Augen ?
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Saillon: hier lebt sichs wie in der Provence

Damit sich die Ausfahrt auch lohne, fuhren wir noch zu meinem Walliser Lieblingsweinproduzenten, Robert Taramarcaz, Domaine des Muses, nach Sierre. Dort erwarb ich mir u.a. zwei Magnum Flaschen mit Walliser Riesling „Rilke“. Eine grosse, wuchtige und doch filigrane Beerenauslese: ein bernsteinfarbener Meditationswein. Flüssige Poesie. Rainer-Maria Rilke lebte ab 1921 bis zu seinem Tode oberhalb Sierre .

CH-1913 Saillon 2014 07 03_4730
Riesling Rilke, un verre de poésie, Domaine des Muses, Sierre

Auf der Rückseite der Flasche sind zwei Vierzeiler (aus Rilkes quatrains valaisans) abgedruckt:

Chemin qui tourne et joue
le long de la vigne penchée,
tel qu’un ruban que l’on noue
autour d’un chapeau d’été.

Vigne: chapeau sur la tête
qui invente le vin.
Vin: ardente comète
promise pour l’an prochain.

Nach dem ersten Schluck gerate auch ins schwärmen:

Am Baume der Erkenntnis
hängen Aprikosen.
Gedichte werden zum Vermächtnis
in einer Flasche Wein.

Quellen:
Commune de Saillon, Histoire
Historisches Lexikon der Schweiz

Vom Schweinetrog in den Teller: Sommerversion

Fregola Sommerversion 2014 05 28_4131

Wer lernfähig ist, bleibt nicht stehen. Von der Frühlingsversion des Fregola sarda-Tellers (siehe hier) wollte ich unbedingt noch eine Sommerversion mit Pilzchen und Saubohnen herstellen. Diesmal bemühte ich mich, das Durcheinander im Teller ein wenig zu ordnen. Das ist nur teilweise gelungen, Aestheten würden das besser können. Für unsere Alltagsküche genügte das. Vielleicht wird ja die Herbstversion noch ein wenig hübscher ? Lernen ist ein langwieriger Prozess.

Zutaten
Vollmahlzeit für 2-3 Personen

150 g Fregola sarda
2-3 Artischocken (die letzten mammole)
30 ml Zitronen-Olivenöl
50 ml Gemüsefond
1/2 geschälte, grüne Chilischote, fein gewürfelt
Filets einer kleinen Bio-Zitrone
4 junge Knoblauchzehen
Puderzucker
1 kg frische Saubohnen (Fave)
200 g kleine Eierschwämmchen
5 cm Lauch, in fein geschnittenen Ringen
frischer Thymian
Meersalz
Schwarzer Pfeffer

50 g Fetakäse
nochmals frischer Thymian

Zubereitung
für das Gemüse:
(1) Die Saubohnen aus den Hülsen lösen, 2 Minuten im Dampfbad garen, Kerne aus der Schale lösen. Beiseite stellen.
(2) Stiele der Artischocken abschneiden, die einzelnen Blätter vorsichtig abknicken, die Knospe bis zum Bodenansatz wegschneiden. Mit einem Sparschäler die grünen und harten Stellen abschälen. Den Artischockenboden je nach Grösse in Viertel oder Achtel schneiden, die Blütenfäden herausschneiden, Danach die Stücke in feine Ecken schneiden. Damit sie nicht anlaufen, die Stücke in Zitronenwasser oder in Wasser mit einer Msp. Ascorbinsäure legen.
(3) Gut abtropfen, dann in Zitronen-Olivenöl kurz anbraten, ablöschen mit der Gemüsebrühe, die Zitronenspalten zugeben, mit 1 Tlf. Meersalz und schwarzem Pfeffer würzen und zugedeckt bei niedriger Hitze ca. 10 Minuten garen. Ein paar schöne Spalten reservieren.
(4) Knoblauch der Länge nach halbieren und mit den Chiliwürfelchen in wenig Olivenöl mit wenig Puderzucker karamellisieren. 2 Minuten vor dem finish die Saubohnenkerne darin aufwärmen. Salzen.
(5) Die geputzten Pilzchen in siedendem, leicht gesalzenem Wasser während etwa 10 Sekunden blanchieren, kräftig abschütteln und gut abtropfen lassen.
(6) Die Pilze mit den Lauchringen und 1 Tlf. abgezupfter Thymianblättchen in Butter kurz andünsten. Salzen und pfeffern.
für die Fregola:
(7) Die pasta in kochendem Salzwasser ca. 15 Minuten al-dente kochen.

finish:
Fregola mit den Artischocken samt ihrem zitronigem Fond mischen, häufchenweise auf lange, vorgewärmte Teller verteilen, mit den reservierten Spalten dekorieren. Saubohnen und Knoblauch auf separaten Häufchen deponieren. Zuletzt die Pilzchen verteilen. Mit etwas frischen Thymianblättchen und dem zerbröselten Fetakäse bestreuen.

 

Auf Druck der Fleisch essenden Vegetarier-Sympathisantin im Hause liess ich diesmal den Speck weg: Ein Fehler.

Socca mit gerösteten Kichererbsen, Ofen-Ratatouille und der Trick der Madame Pic

Socca mit Ratatouille 2014 06 24_4548

Socca, fast nach Otto.

Gesehen bei Jushka und Micha

Küchenkatastrophen führe ich unter einem separaten Stichwort. Dies hier war zunächst eine. Jeder, der Neues kocht, kennt die Erfahrung, dass etwas misslingen kann. Schönblogger wiederholen das Gericht, bis alles perfekt passt. Tagebuchblogger schreiben die gemachten Fehler auf. Beide lernen aus ihrem Vorgehen, jeder auf seine Art.

Für den Veganerteller musste ich eine kleine Menge Kichererbsenmehl anrösten. Dabei machte ich -die für mich neue- Entdeckung, dass das Mehl beim Rösten seinen [wenig angenehmen] Geschmack nach ungekochten Hülsenfrüchten verliert und einen nussig-erdnussigen Geschmack annimmt. Im nahen Osten und Nordafrika macht man das seit alters her, aber da bin ich nicht zuhause.

Socca, der Kichererbsenfladen aus Nizza, ebenso wie die Farinata aus Ligurien, werden in der Regel mit ungeröstetem Kicherbsenmehl, Wasser und Olivenöl bei hoher Temperatur gebacken.  Nachdem in verschiedenen Blogs z.B. bei Jushka und Micha eine Otto-Version von Chef Ottolenghi mit Eiweiss gebacken wurde, stach mich der Hafer. Geht das auch mit geröstetem Mehl ?

Erst röstete ich das helle Kichererbsenmehl. Der erste Ansatz geriet zu dunkel, war bitter. Weg damit. Der zweite Ansatz, helles Caramel, war gut. Los von Rom.

Die Zutaten, gemischt nach Rezept, ergaben aber keine dünnflüssige Suspension, wie ich das von der farinata her kenne, sondern einen stichfesten Brei. Offensichtlich denaturiert das Pflanzeneiweiss beim Rösten und zeigt danach ein völlig anderes Quellverhalten. Also gab ich nach dem Unterziehen des geschlagenen Eiweiss noch etwas Wasser hinzu.

Damit goss ich 2 Pfannkuchen. Natürlich hielt ich mich nicht  an die Anweisung, eine kleine Pfanne zu verwenden. Lags an dem, an mangelnder Geduld, am fehlenden Pfannkuchenwendeglück oder -können ?  Der Teig meiner Socca erwies sich als wenig bindefähig und fiel als grosser Pfannkuchen vom Rand her in Einzelteile auseinander. Wir habens das innere Bruchstück trotzdem gegessen.

Im dritten Anlauf nahm ich mein 12 cm Pfännchen, warf auch das Eigelb noch in den Teig, und der Teig hielt zusammen.

Dazu gabs meine Ofenratatouille mit zusätzlicher Ananasbrunoise nach einer Idee von Anne-Sophie Pic. So frisch ist mir noch keine Ratatouille untergekommen.

Zutaten
für 2 Personen
115 g Kichererbsenmehl
225 ml Wasser (Originalrezept) + ca. 40 ml dazu
1 Elf. Olivenöl
Salz
Pfeffer
1 Ei, Eigelb und Eiweiss getrennt

Socca 2014 06 10_4352
geröstetes Kichererbsenmehl, Salz und Wasser

Zubereitung
(1) das Kichererbsenmehl ohne Fett in einer Stahlpfanne unter permanentem Wenden mit einem Holzspachtel bis zur Farbe hellen Caramels rösten (schauen, probieren und riechen), sofort in eine Glasschüssel mit 260 ml Wasser sieben und zu einem homogenen Brei verrühren. 1 Elf. Olivenöl und das Eigelb unterrühren. Mit Salz und Pfeffer würzen. Ca. 30 Minuten stehen lassen.
(2) Das geschlagene Eiweiss unterziehen.

Socca mit Ratatouille 2014 06 24_4541
geht doch !

(3) Ein Backblech mit Backpapier auslegen, mit etwas Öl bestreichen.
(4) Eine kleine antihaftbeschichtete Pfanne mit wenig Öl auspinseln. Bei hoher Temperatur erhitzen, dann den Herd auf mittlere bis hohe Temperatur einstellen und 2 Elf. des Soccateigs in die Pfanne gießen. Der Pfannkuchen sollte ca. 5mm dick sein. Nach 2 Minuten erscheinen Luftbläschen an der Oberfläche, dann ist die Unterseite gestockt. Mit einer Palette zuerst die Ränder lösen, dann den Pfannkuchen vorsichtig anheben und umdrehen. 1 weitere Minute backen.
(5) Danach auf das vorbereitete Backblech legen. Mit dem restlichen Teig ebenso verfahren. Danach alle zusammen 5-10 Minuten im Ofen fertig backen.

Ofenratatouille mit Ananas

mein gewohntes Ofenratatouille mit dem Trick der Anna-Sophie Pic

Zutaten
1 mittlere Zucchetti
1 kleine Zebra-Aubergine
je 1 Peperoni gelb und rot
1 Peperoncino
6 mittlere Tomaten „Berner Rosen“
2 Frühlingszwiebeln
3 Knoblauchzehen, grob gehackt
Salz, Thymian, Rosmarin, Lorbeer, Bergbohnenkraut (Sarriette),
Olivenöl
1/4 Ananas, in 5 mm Brunoise geschnitten

Zubereitung
(1) Tomaten enthäuten, Kernhaus und Kerne entfernen.
(2) Kerne und Abschnitte der Tomaten in einem kleinen Topf langsam einkochen.
(3) Gemüse in 2 cm grosse Würfel schneiden, in einer Schüssel mit 3-4 Elf. Olivenöl von Hand intensiv mischen bis alles überzogen ist. Die Gewürzkräuter und Peperoncino zugeben und salzen. Auf ein Backblech (mit Backpapier belegt) ausleeren.

Socca mit Ratatouille 2014 06 24_4536
ungebacken

(4) ca. 15 Minuten bei 230°C im Backofen in Heissluft+Grill backen.
(5) Wenn die obersten Gemüseecken anfangen braun zu werden: rausnehmen

Socca mit Ratatouille 2014 06 24_4543
gebacken

(6) In ein Sieb leeren und abtropfen lassen, zum Jus den eingedickten, gesiebten Saft der Tomatenabschnitte zugeben und nochmals stark einreduzieren.
(7) Das abgetropfte Ratatouillegmüse in einen Wok geben, mit dem eingedickten Jus mischen und alles kurz aufkochen und amalgamieren.
(8) Zuletzt der truc der Madame Pic: die in 5 mm geschnittenen Ananaswürfel unterziehen. Abschmecken.

Zusammen mit den Socca-Fladen servieren.

Socca mit Ratatouille 2014 06 24_4547
Fertig

Hier noch das Bild des zweiten Versuchs, mit einem Gemüsebelag aus confierten Tomätchen, glasierten Pariser Karotten, gelben Randen, rote Randen und Navets:

Socca 2014 06 10_4357
zweiter Versuch auf Bruchstücken des Fladens

Fazit: mit geröstetem Mehl zubereitet, schmecken Socca/Farinata und Co. besser. Wer sie ohne das Eiweiss von Ottolenghi auf traditionelle Weise zubereiten will, giesst den Teig in ein belegtes Backblech. Wie hier bei Franz und Lisa.

Ab sofort gibts Ratatouille hier nur noch mit Ananas.