Jahreszeiten

Franz Gertsch, Gelber Schnee, 1965

Im Jahr 2007 begann der Schweizer Maler und Grafiker Franz Gertsch (1930-2022) im Alter von 77 Jahren mit der Arbeit an seinem Opus Magnum: dem Zyklus der vier Jahreszeiten. Jedes der monumentalen Werke ist rund 3.3 x 4.8 Meter gross. Bilder, die man sich nicht nur anschaut, Bilder in die man eintaucht. Während 4 Jahren legte der Künstler all seine Kunst, Beharrlichkeit und seine Zeit in dieses Gesamtwerk. Anfang 2011 vollendete er den Zyklus mit dem Gemälde «Frühling». Begonnen hatte er, ausgehend von einer alten Fotoaufnahme des Wäldchens hinter seinem Haus in Riggisberg. Während er bereits am Zyklus arbeitete, beschaffte er sich die weiteren Foto-Vorlagen der übrigen Jahreszeiten.

Fundament seiner hier verwendeten Technik ist eine Fotovorlage, die mit ihrer Komposition das Bild vorgibt. Der nächste Schritt ist die malerische Umsetzung der fotografischen Dia-Vorlage unter dem Licht eines starken Projektors. Ein Schritt, den man als Fotorealismus bezeichnen könnte. Was so aber nur teilweise stimmt. Tritt man nahe an die Bilder heran, löst sich das Bild in unzählige, kleine, abstrakte Farbpunkte auf. Korrekturen und Überarbeitungen gibt es bei Gertsch keine. Jeder Pinselstrich muss von Beginn an sitzen. Franz Gertsch bedient sich dabei einer Hilfsskizze mit Farbproben, die er im Tageslicht abgleicht. Dabei reduziert er seine Farbpalette auf wenige, aus Mineral-, Erd- und anderen Pigmenten selbst hergestellte Farbtöne.

Die vier Jahreszeitengemälde werden im Museum Franz Gertsch in Burgdorf im gleichen Raum gezeigt. Das Museum ist aus privaten Mitteln finanziert und beherbergt Werke der Stiftung Willy Michel. Die ständige Sammlung mit Werken von Franz Gertsch wird regelmässig durch Sonderausstellungen ergänzt. Derzeit ist die Sonderausstellung „Louisiana visits Franz Gertsch“ bis 02.03.2015 zu sehen, in der Werke von Andy Warhol, Mark Rothko, Roy Lichtenstein, Gerhard Richter, Frank Stella u.v.a Werken von Franz Gertsch gegenübergestellt werden.

Frühling, 2011, Eitempera auf ungrundierter Baumwolle, 325 x 480 cm

Sommer, 2009, Acryl auf ungrundierter Baumwolle, 325 x 480 cm,

Herbst, 2008, Acryl auf ungrundierter Baumwolle, 325 x 490 cm

Winter, 2009, Acryl auf ungrundierter Leinwand, 325 x 480 cm

Quellen:
T. Bezzola. NZZ Feuilleton, 2022
Headerbild: Jörg G.

Frau H. und ich wünschen allen Lesern und Leserinnen erfüllte, ruhige Festtage und etwas Schnee. Er darf auch gelb sein.

Focaccia scura

Brot bäckt bei uns Frau H. mit ihrem eigenen Sauerteig. Ein wirklich gutes Vollkornbrot mit Kochstück, Dreistufen- und Detmold-Trara. Da brauchts mich nicht mehr. Selten genug, dass ich eine Focaccia backe, nach einem Rezept von Lucas Rosenblatt. Mit Hefe und Weissmehl gebacken. Mein eigener Sauerteig, eine lievito madre, mit Namen Ferdinand, hat deshalb wenig bis gar nichts mehr zu tun. Dümpelt im Kühlschrank schlafend vor sich hin, bis er im Wochentakt seine Auffrischung erfährt. Immerhin pflege ich ihn mit eiserner Disziplin seit 4 Jahren mit Hingabe.

Angeregt duch Andy von lieberlecker raffte ich mich auf, meine Focaccia mit Ferdinand statt mit Hefe zu backen. Nicht authentisch, atypisch dunkel, mit Halbweissmehl, weil wir lieber dunkle Brote essen. Die hohe Hydratation garantiert ein knuspriges Ergebnis.

Zu kleinen Foccacine gebacken:

oder als grosser Fladen:

Zutaten und Zubereitung

100 g aktive Livieto Madre (mein Ferdinand)
370 g Wasser, handwarm
500 gr Halbweissmehl Demeter
1 EL Malzmehl, hell

12 g Salz
2 EL Olivenöl, extra vergine

zum Bestreichen 2 EL Olivenöl mit gleichviel Wasser verrührt

(1) Lievito madre, Wasser, Mehl und Malzmehl in einer Rührschüssel mit Knethaken oder Gummischaber mischen, danach zugedeckt 60 Minuten bei 25°C stehen lassen.

(2) Salz und Olivenöl unterrühren und mit dem Knethaken 8 Minuten auf Stufe 2 kneten. Zugedeckt bei 25°C verdoppeln lassen. Bei 26°C dauert das ca. 6 Stunden. Alle 1-2 Stunden (insgesamt 4 mal) mit einer Teigkarte oder nasser Hand seitlich in den Teig fassen und den Teig vom Rand zur Mitte falten. Schüssel um einen Viertel drehen, Falten und Vierteldrehung wiederholen bis der Teig aus allen Himmelrichtungen je einmal gefaltet ist.

(3) Ein Backblech mit Backpapier auslegen und das Papier mit Olivenöl ausstreichen. Nach der Teiggare den Teig vorsichtig in das Backblech gleiten lassen. Den Teig mit allen Fingern im Blech verteilen und mit Olivenöl/Wassergemisch bestreichen. Mit den Fingern Mulden in den Teig eindrücken.

(4) Backblech mit dem Teig mit einem zweiten, umgekehrten Backblech bedecken und nochmals ca. 2 bis 3 Stunden bei 26°C gehen lassen. Zuletzt nach Bedarf mit gehacktem Rosmarin und ggf. Fleur de Sel bestreuen.

Alternative: Teig nach der Teiggare in 150 g Portionen teilen und in mit Öl-Wassergemisch eingepinselte 8cm Springförmchen verteilen. Teigoberfläche mit der Emulsion bestreichen.. Zugedeckt 2-3 Stunden gehen lassen.

(5) Indessen den Ofen auf 220°C UL vorheizen. Mit Wasserdampf zu Beginn ca. 25 Minuten backen, die Oberfläche soll golden sein.

(6) aus dem Blech auf ein Gitter heben und mind. 20 Minuten auskühlen lassen.

Foccaccine statt Pasteten. Zum Jahresende gerne mit Butter und einer Scheibe Prosciutto dazwischen 😉

I-53100 Siena e dintorni

4 Tage in der Maremma. Kurz. Viel zu kurz, dafür in vertrauter Umgebung. Geräumiges Häuschen, gasbeheizt, inmitten eines gepflegten Korkeichenparks. Die Wiesen sattgrün vom vergangenen Regen. Das Hinweisschild ausserhalb des Parks weckte meine Neugier, Nur mal ein wenig mit offenen Augen im Wald spazieren gehen.

Gefunden habe ich nach 2 Stunden viel Natur, doch weder Trüffel noch Pilze.

Am folgenden Tag hielten wir uns schadlos. Wie schon letztes Jahr im besternten Ristorante „Silene“ in Seggiano. Wiederum das vegetarische Menu in 7 Gängen. Die kleinfruchtige Seggiano-Olive begleitete uns fast durchs ganze Menu. Die Amuse bouches pflückt man sich direkt vom silberdrahtigen Bonsai-Olivenbaum.

Ein geschmacksintensiver Salat aus würzigen Blättern und Blüten. Blatt um Blatt andachtsvoll mit der Pinzette zu essen.

Frische Steinpilze, ganz einfach in der Pfanne sautiert.

Wiederum ausgezeichnet gegessen. Heimfahrt über Montepulciano. Am nächsten Tag erwartete uns Siena.

Dem Parkhaus entstiegen, fanden wir uns mitten in einem Volksfest, das die Contrada Onda (Wappenzeichen der Delphin, blau-weiss) in ihrem Quartier organisierte. Die Contrade repräsentieren als Bürgervereinigungen die Stadtteile Sienas. Die Bewohner einer Contrada werden in diese hineingeboren und gehören lebenslang dazu. Contrade kann man etwa mit unsern Zünften vergleichen, die führenden Mitglieder entstammten spezifischen Berufsgattungen. Auch die Religion mischte mit, insofern jede Contrada ihre eigene Vorzeigekirche hat. Früher stellte jede Contrada ein Kontingent Soldaten, die heute aber nur noch bei folkloristischen Anlässen zum Einsatz kommen. Seit dem 17. Jahrhundert organisiert die Stadt den Palio, ein Wettstreit unter den Contrade in Form eines Pferderennens.
Neben der Teilnahme am Palio widmen sich die Contrade heute der Pflege der Kultur und der Folklore . Daneben übernehmen sie auch Aufgaben im sozialen Bereich, bespielen Quartier-Treffpunkte und sorgen für die Pflege der Grünflächen des Quartiers.

Das kulinarische Angebot war uns jedoch zu einseitig.

In der ausgebuchten Taverna di San Giuseppe fanden wir ein ruhiges Plätzchen bei einem Teller Pasta…

… und durften am Nebentisch der Zerlegung eines Bistecca alla fiorentina teilhaftig werden.

Füsse vertreten auf der Piazza del campo.

und dem Dom von Siena, der Cattedrale di Santa Maria Assunta.

Seit dem Anfang des 13. Jahrhunderts arbeiteten die Sieneser an einem Um- und Erweiterungsbau ihrer Kathedrale. 1265 holte die Dombauhütte Niccolò Pisano nach Siena und beauftragte ihn mit dem Bau einer Kanzel. Pisano war Bildhauer und Architekt und gilt heute als Begründer der modernen Skulptur, 

Die Kanzel ist eines der bedeutendsten Werke der Bildhauerkunst des Mittelalters. Ein Markstein am Beginn der Gotik in Italien, Erschaffen  in den Jahren 1266–1268.

Der Fussboden des Doms von Siena ist ein weltweit einzigartiges Kunstwerk, Bilder aus unterschiedlich farbigen Marmorintarsien, an dem seit dem 14. bis zum 19. Jahrhundert bedeutende Künstler gearbeitet haben. Er besteht aus mehr als sechzig Szenen und ist meist mit schützenden Holzfaserplatten zugedeckt, Vom 18. August, nach dem Palio dell’Assunta, bis Ende Oktober wird der Boden teilweise aufgedeckt. Hier nur 2 kleine Ausschnitte:

Massaker an den Unschuldigen
Die Szene wurde 1481 von Sieneser Künstlern gestaltet Das Massaker spielt sich vor einem hufeisenförmigen Portikus ab. Darin verfolgen König Herodes und seine Vasallen das Massaker mit spöttischem Gesichtsausdruck. Das Gesamtbild hier bei wiki commons.

Der Berg der Weisheit
eine der schönsten Intarsienfelder wurde von Pinturicchio (1452-1513) erschaffen. Die allegorische Szene schildert den Weg zu Frieden, Tugend und Weisheit.

Auf einem steilen Pfad, der mit Steinen, kleinen Pflanzen und Tieren (Symbole der Laster) übersät ist, versucht eine Gruppe schiffbrüchiger Weiser, die Spitze des Hügels zu erreichen. Dort sitzt die Tugend und hält ein Buch und die Siegespalme, assistiert von Sokrates und Krates von Theben, der einen Korb voller Juwelen und Münzen ins Meer leert. Symbol des Verzichts auf das illusorische Glück des materiellen Reichtums.

Am Fuss des Hügels waltet eine wenig bekleidete, engelsgleiche Glücksgöttin über das Schicksal der Menschen. Einer ihrer Füsse steht auf einer Kugel, dem Symbol der Unbeständigkeit, der andere auf dem Boot mit gebrochenem Mast, von dem die Gruppe der Weisen auf dem Eiland der Tugend anlandete. In der Hand hält die Schöne ein Füllhorn als Symbol des Erfolgs.

Jaja, Tugend lässt sich theoretisch schon erreichen, aber nur wenn man sich darum bemüht. Nicht alle Diener Gottes auf Erden haben diese Botschaft verstanden. Das Gesamtbild ist bei wiki commons zu sehen.

Auf der Rückfahrt ins Korkeichenwaldhäuschen besuchten wir die verlassene Abtei von Galgano, etwa 35 km südwestlich von Siena. Der Ursprung des Klosters geht auf eine heute noch gut erhaltene Einsiedelei auf dem Hügel Montesiepi zurück, die vom Ritter Galgano Guidotti im 12. Jahrhundert gestiftet wurde.

Nach seinem Tod übernahmen Zisterzienser Mönche die Anlage auf dem Hügel, begannen um 1220 mit dem Bau der Abbazia di San Galgano in der darunter liegenden Ebene. Die Mönche von San Galgano gelangten sehr bald zu grossem Landbesitz. Das Kloster entwickelte sich schnell zur blühendsten Zisterzienserniederlassung der Toskana. Hungersnöte, Pestepidemien und Kriegswirren des 14. Jahrhundert leiteten den Abstieg des Klosters ein. Zu Beginn des 16. Jahrhunderts wurde die Abtei zur Kommende zurückgestuft.

Um 1550 verkaufte einer ihrer Verwalter die Bleidächer der Klosterkirche um sie in Kanonenkugeln umgiessen zu lassen. Ein kurzfristig einträgliches Geschäft, jedoch wenig nachhaltig. Die Kirche erlitt schwere, dauerhafte Schäden. Vom Regen, nicht von Kanonenkugeln.

Witterungsfeste Paare nutzen die Anlage dennoch zum Hochzeiten.

und dann war schon wieder Essenszeit. Zwischendurch immer wieder bescheiden, ohne Michelinsterne. Wir sind flexibel.

Quellen:

wiki: Pavimento del Duomo di Siena
wiki: Abbazia di San Galgano

Spätherbstlicher Gemüseteller

Und plötzlich legte sich der Winter vor die Türe. 30 cm hoch. Das übliche Sommerreifenchaos auf allen Strassen. Grund genug, sich um den warmen Ofen zu kuscheln und den Essensplan auf das auszurichten, was sich im Kühlschrank befand.

Zutaten und Zubereitung

1/2 Butternutkürbis
2 Karotten
2 Petersilienwurzeln
1 kleiner Knollensellerie
300 g Rosenkohl, geputzt
1 Zwiebel, geschält, in Streifen geschnitten
1 Riesenknoblauchzehe (Aglione) oder 3 normale Zehen, in Scheiben geschnitten

1 Handvoll Salbeiblätter (aus dem Schnee gegraben)
1 EL kandierte Quittenwürfel
(siehe hier)
Meersalz, Pfeffer, Currypulver
1 Handvoll bunte Gemüsechips (gekauft)

(1) Wurzelgemüse und Kürbis schälen und in mundgerechte Stücke schneiden: Würfel, Ecken, Scheiben, Rauten.
(2) Rosenkohl und Sellerie im Dampfgarer 1 Minute bei 110°C vorgaren, abtropfen lassen.
(3) Ofen auf 200°C UL vorheizen.
(4) Gemüse, Zwiebeln, Knoblauch, Salbeiblätter und Quittenwürfel zusammen geben und mit genügend (5 EL) Olivenöl beträufeln Würzen mit Salz, Pfeffer
und wenig Currypulver. Alles von Hand gut mischen. Auf ein Ofenblech verteilen und während 20 Minuten im Ofen backen.
(5) Servieren und mit den Germüsechips garnieren.

Der Tisch ist weiss eingedeckt, die Sonne blinzelt durch den Schnee. Bon appetit!

Resten, am nächsten Tag aufgebraten, zu einer Rösti.

I-58024 Massa Marittima

Der Regen begleitete uns auf der Fahrt in die Toskana. Zwischenhalt in Massa Marittima, einer kleinen Stadt auf einem Hügel inmitten der Maremma-Ebene. Der mächtige, vorwiegend spätromanische Dom an der zentralen Piazza Garibaldi ist dem heiligen Cerbone geweiht und wurde im 13./14. Jahrhundert erbaut. Arkadenbögen und schmale Säulen mit korinthischen Kapitellen gliedern die Aussenwände. Das etwas später entstandene obere Geschoss des Giebels zeigt bereits den Einfluss der Gotik. Die drei abschliessenden kitschigen, neo-gotischen Türmchen wurden erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts hinzugefügt. Links vom Dom der Bischofssitz.

Über den heiligen Cerbone, im 6. Jahrhundert Bischof im nahegelegenen Populonia, kursieren merkwürdige Legenden: vom Papst nach Rom zitiert, heilte er unterwegs einige Aussätzige, melkte Hirschkühe und begegnete Gänsen, mit denen er zu sprechen lernte. Er forderte sie als Zeugen auf, ihn nach Rom zu begleiten. Der Papst glaubte seinen Geschichten und sprach ihn, kraft seines Amtes, später heilig.

Beeindruckende Paläste weltlicher Machthaber gruppieren sich um die Kathedrale. Zu Recht zählt die dreieckige Piazza Garibaldi mit den historischen Travertin-Fassaden zu den schönsten urbanen Plätzen in der Toskana. Im Sommer belebt, Ende Oktober im Nieselregen: ausgestorben.

Rechts vom Dom der ehemalige Regierungspalast der weltlichen Herrscher, 1225 erbaut, als Massa Marittima zur freien Stadt wurde. An der Fassade sind die Wappen der sienesischen Stadtvögte sowie das schwarzweiße Stadtwappen angebracht. 

Neben weiteren repräsentativen Palazzi fällt der Palazzo Comunale, das Rathaus mit Zwillingsfenstern und Wappen auf. Ehemals war es das Wohnhaus der Machthaber, zu Beginn des 13. Jahrhunderts erbaut. Links daneben der noch ältere Gefängnisturm, der Torre del Bargello. Kirche und Kommune in beständiger Konkurrenz (und ständigem Streit).

Neben uns zwei einsamen Touristen kurven zwei ehrwürdige Schwestern um den Dom. Bibeltexte lesend, wie ich vorschnell vermutete. Irrtum: Handy.

Kleiner Rundgang durch die Altstadt mit Blick auf den Campanile.

Zeit für das Mittagessen. Oben in der Altstadt des nahe gelegenen Suvereto, gegenüber dem Rathausturm, findet man nach kurzem Fussmarsch die Osteria l’Ciocio.

Für uns zwei vorzügliche, leichte Primi:

Tortello di melanzane, ein Auberginentörtchen, wechselweise gefüllt mit gebackenen Auberginen, confierten Tomaten, Peperoni und Pecorino, gewürzt mit Basilikumpesto.

Gnocchetti di ricotta e pecorino su passatino di ceci e tartufo nero. Ricottagnocchi in Kichererbsenpassata mit schwarzen Trüffeln.

Wir sind in der Toskana angekommen!

und in Bezug aufs Dessert gleich wieder weg ins unverbindlich Internationale:

Für Frau H. eine Tiramisu-Dekonstruktion „Tiramisu 3-D“. Für mich Semisfera di cioccolato bianco mit Himbeerglasur und Passionsfruchtfüllung.

Quellen:
wiki

I-43124 Parma

Ende Oktober. Auf der Fahrt in die Toskana machten wir, wie schon letztes Jahr, im gepflegten Agriturismo Case Zucchi einen Reisehalt. Sahen uns anderntags im nahe gelegenen Parma um. Dauerregen, Tropfen und Triefen, feuchte Füsse, überlaufende Ablaufschächte, überschwemmte Felder, andernorts gar Tote.

Vom grossen Parking Toschi aus sind es nur wenige Meter zum Palazzo Pilotta. Ein wuchtiger Renaissancebau, heute mit Nationalgalerie, Museen, der Palatin Bibliothek und dem nach einer Bombardierung im letzten (bald vorletzten?) Weltkrieg wieder werkgetreu rekonstruierten Barocktheater Farnese. Das konnte man sich leider nicht gesondert ansehen und zu einem Museumsbesuch fehlte bei einem erstmaligen Stadtbesuch die Lust. Der schon vorab im Internet sorgfältig ausgesuchte Caseificio-Laden beim Borgo Gallo hatte überraschenderweise am Mittwoch (als einziges Ladengeschäft) geschlossen, nur fremde Verrückte wollen an einem Mittwoch in Parma Parmesan kaufen. Im Regen vor dem Teatro Regio di Parma stehend, erfuhren wir, dass wir die letzte Aufführung des Festival Verdi um 3 Tage verpasst hatten. So ist das mit spontanen Reisen.

Eindrücklich der Besuch im Battistero di San Giovanni. Ein achteckiger, vorwiegend romanischer Sakralbau mit Elementen der frühen, französischen Gotik,  im Zeitraum zwischen 1196 und 1216 von Benedetto Antelami erbaut.

Der Innenraum ist in 16 Seiten unterteilt, die zu ebenso vielen Sektoren der Kuppel emporragen. Am Boden jeder Seite befindet sich eine Nische, darüber liegen zwei Reihen Galerien mit eleganter Loggien..

Die Kuppel ist der bedeutendste Teil des Baptisteriums und ist ein typisches Beispiel für ein Schirmgewölbe, dessen sechzehn Sektoren sich radial vom Schlussstein aus erstrecken. Die Wölbung ist in konzentrische, horizontale Fresken-Bänder unterteilt, in welchen Abraham, Johannes der Täufer, der glorreiche Christus samt Jungfrau, eine Prozession von Propheten und Königen, Aposteln und Evangelisten sowie das himmlische Jerusalem ihren Auftritt haben. Gegen das Zentrum hin schliesst der Himmel die von ikonografischen, byzantinischen Modellen beeinflussten Fresken ab. Im Zentrum der rote Oberhimmel, die Wohnung der Seligen, das Empyreum.

Die Fresken wurden im 14. bis 15. Jahrhundert von Handwerkern aus der Region Emilia gemalt. Die Conchen, die die Nischen mit der offenen Galerie verbinden, weisen reiche bildhauerische Verzierungen der Antelami-Schule auf.

In den untersten Nischen der Ostseite sind die unvollendeten 12 Monate und 2 Jahreszeiten zu sehen, die der Werkstatt des Baptisteriums von Antelami zugeschrieben werden. Die Reliefskulpturen wurden erst später in die Nischen gestellt.

Die Skulpturen stellen eine für jeden Monat typische Arbeit dar, hier:

September (rechts): ein Mann bei der Weinlese.
Oktober: ein Säer.
November: ein Mann bei der Gemüseernte.

Gleich nebenan, auf der Piazza del Duomo, steht der, Maria Assunta geweihte Dom. An der Stelle des Domplatzes befand sich im 4. oder 5. Jahrhundert eine frühchristliche Kirche, wahrscheinlich über einem vorchristlichen Heiligtum errichtet. Ab 860 entstand nahebei die Marienkirche, die später zur Kathedrale wurde. Nach deren Zerstörung durch einen Brand begann 1074 in mehreren Bauphasen die Errichtung des heutigen Doms. Der Glockenturm entstand zwischen 1284 und 1294 im gotischen Stil.

Von den Löwen darf man sich nicht abschrecken lassen. Das Innere ist wirklich schön.

Mittagessen im Trockenen, in der Osteria del’36. U.a. eine gebackene Auberginenhälfte, gefüllt mit Auberginenfleisch, confierten Tomätchen, Burrata di Bufala, Parmesanchips und fritierten Mangold-Blättern. Eine einfache, sehr gute Küche, wie man das von einem BibGourmand erwartet.

Quellen:

piazzaduomoparma.com

Zucca al forno con erbe aromatiche e speck

Die als Bodendecker gepflanzten Kürbisse haben sich im nassen Sommer auf wundersame Weise vervielfacht. Unser Vorrat an Kürbissen dürfte bis ans Ende des Jahrzehnts reichen.

Das Grundrezept übernahm ich von Felix! Kitchen, dort mit Basilikum und Rahm. Viel Rahm. Hier im rauen Jura ist der Basilikum längst erfroren, Rahm -in unserer Küche- nur selten vorrätig. Mit einem Wort: es herrschte Mangellage. Das Wort „Mangellage“ erinnert an ein böses Märchen, mit dem man hungrige Kinder in Furcht und Schrecken versetzt. Nicht bei uns. Im Gegenteil. Mangellagen fördern die Kreativität, nach andern Zutaten zu suchen, andere Wege einzuschlagen.

Kurzum: Rahm habe ich durch Kokosmilch ersetzt. Basilikum durch Salbei und Rosmarin. Der Speck durfte zur Freude der Nichtvegetarier (1 von 6) bleiben. Ein rundum gelungenes Winter-Wohlfühl-Gericht für eine gesellige Runde.

Kürbis-Gratin mit Kräutern und Speck

Hauptgang für 6 Personen

Vorbereitung
eine ofenfeste Form (L.: Miele Bräter ca. 22cm x 38cm)
1 Handvoll Kürbiskerne

Füllung
120 g getrocknete Tomaten in Öl, abgetropft gewogen

etwas Öl der getrockneten Tomaten
100 g Speckwürfelchen
250 g blonde Zwiebeln

Kürbis
ca. 1.6 kg Kürbis, z.B. Butternut oder Muscat

Kräutersauce
15 g Rosmarinnadeln, gehackt
15 g Salbeiblätter, gehackt
2 Zweige Estragon, Blätter abgestreift, gehackt, die letzten frischen Zweige
1 TL Salz, Pfeffer aus der Mühle
350 ml Kokosnussmilch
2 EL Mascarpone
2 Volleier
120 g Halbhartkäse: Typ Mont Vully, Raschera, Bündner Bergkäse, in Deutschland wohl eher Edamer

Zubereitung

Füllung
(1) Tomaten auf einem Sieb abtropfen lassen, Öl auffangen. Tomaten klein würfeln.
Form mit wenig Tomatenöl auspinseln.

(2) Speck in einer Pfanne auf kleinem Feuer mit wenig abgetropftem Öl der Tomaten sanft anbraten, um das Fett auszulassen.

(3) Zwiebeln schälen, halbieren, in feine Streifen (Lamellen) schneiden, dazugeben und weiter sanft dünsten, bis die Streifen zusammenfallen. Schliesslich die Tomatenwürfel untermischen, auskühlen lassen.

Kürbis
(4) Kürbis schälen, Kernhaus entfernen, in Scheiben von ca. 3 mm Dicke schneiden (L.: Aufschnittmaschine). Ausbeute: ca. 1.4 kg Scheiben

Kräutersauce
(5) Gehackte Kräuter-Blättchen bzw. -Nadeln mit Kokosmilch und Gewürzen sehr fein pürieren. (L.: Vitamix)
Alles mit den Eiern verquirlen, Käse dazu reiben. Abschmecken mit Salz und Pfeffer.

Montage
(6) 5 EL Sauce in der vorbereiteten Form verteilen.
Boden der Form vollständig mit den Kürbisscheibchen auslegen. Lücken mit Kürbisabschnitten ausfüllen.
1/3 der Zwiebel-Speck-Füllung darauf verteilen
1/3 der Kräutersauce darauf verstreichen
Dieselbe Schichtung (Kürbisscheiben, Füllung, Sauce) zwei weitere Male wiederholen, bis alles aufgebraucht ist.
Kann bis dahin vorbereitet werden.

Backofen auf 190 °C (O+U) vorheizen.
Gratin in der Ofenmitte ca. 45 Minuten backen.
5 Minuten vor Ende der Backzeit mit den Kürbiskernen bestreuen

Kürbis schmeckt gar nicht so schlimm, wie ich immer dachte.

Orata al forno, die Dorade aus dem Ofen

Keine Zeit und doch Lust auf Fisch ?

Orata al forno

Falsche Tellerwahl. Was über den Tellerand herausragt, schnappt sich der Hund.

Zutaten und Zubereitung

2 kleine, ganze Doraden, geschuppt und ausgenommen
2 Zweige Rosmarin

10 Blätter Salbei
12 Cherrytomaten (Vesuvio), blanchiert, geschält, leicht angedrückt
8 kleine Kartoffeln, geschält, in Achtel- oder Viertel geschnitten
2 Stangen Staudensellerie, geschält, in 1 cm dicken Scheiben
1/2 kleine Fenchelknolle, grob gehackt
2 mittelgrosse Knoblauchzehen, in dünne Scheiben geschnitten
2 EL Salzkapern, kurz gewässert
50 g Taggiasca-Oliven
1 Zitrone, eine Hälfte in 6 dünne Scheiben geschnitten, sowie die abgezogene Schale der zweiten Hälfte
1 Lorbeerblatt
glatte Petersilie
10 schwarze Pfefferkörner
60 ml Weisswein
60 ml Olivenöl
80 ml Fischfond (Biofond aus dem Glas)
40 ml Pastis
Meersalz
schwarzer Pfeffer

(1) Das Gemüse (Tomaten, Kartoffeln, Fenchel, Staudensellerie, Zwiebel und Knoblauch ) sowie die Oliven, Kapern, Zitronenschalen, Lorbeerblatt und 4 Zitronenscheiben in einem tiefen Blech oder in einer Kasserolle verteilen.

(2) Olivenöl, Fischfond und Weisswein in einem verschliessbaren Gefäss mit wenig Salz und Pfeffer schütteln und 2/3 dieser Marinade mit dem Gemüse mischen.

(3) Blech mit dem Gemüse 15 Minuten bei 200 Grad in den Ofen geben, bis die Kartoffeln angegart sind.

(4) Fische unter fliessendem Wasser ausspülen und mit Küchenpapier trockentupfen. Den Bauch der Fische salzen und pfeffern, mit je einem Rosmarinzweig, Petersilie und einer Zitronenscheibe füllen. Je einen Schluck Pastis in den Bauch giessen.

(5) die Fische auf das vorgegarte Gemüse legen, mit dem Rest der Marinade begiessen, aussen salzen und pfeffern und im Ofen bei 180°C weitere 20 Minuten garen, bis die Fische gar sind.

Was der Mensch sät, wird er ernten

In jurassischen Gemüsegärten haben Patissons, Carotes, Chou et Cie. Konkurrenz gekriegt. Seit der Einheirat von Spanierinnen in unseren 50 Seelenweiler werden mehr und mehr Pimientos de padrón angebaut. Der eine oder andere Bruder oder Schwager bringt die Setzlinge aus dem Heimaturlaub im Frühjahr mit in den Jura. Und sie gedeihen hier im Dorf aufs Beste. Scharf oder mild ist Glückssache. Wie russisches Roulette. Die selber gesetzten Pflanzen erwiesen sich alle als mild. Bei Nachbarn waren sie (aus anderer Quelle) extrem scharf. Davon erhielten wir gleich eine ganze Schüssel geschenkt. Extrascharf.

Ich erbarmte mich ihrer und kombinierte sie in meiner Basler Junggesellenküche zu grünen, milden Buschbohnen, damit sich der Gaumen zwischendurch wieder erholen kann, ohne dass das Auge auf das Grün verzichten muss. Dazu ein milder safrangelber Parmesan-Risotto. Sowie ein mildes Bier, als Brandlöscher.

Pimientos de padrón mit Bohnen

Zutaten und Zubereitung

Hauptgericht für 1 Person

Gemüse:
2 Knoblauchzehen
3 EL Olivenöl
150 g Pimientos de Padrón
150 g Buschbohnen
Fleur de sel
Bergbohnenkraut

Risotto:
100 g Carnarolireis
1/2 weisse Zwiebel, fein gehackt
40 ml trockener Weisswein
1/2 Sachet Safranpulver
ca. 4 dl Gemüsebrühe, gesalzen
15 g Butter
15 g Parmesan, gerieben
weisser Pfeffer

(1) Risotto klassisch zubereiten. Währenddessen

(2) Knoblauch zerdrücken. Öl in einer Bratpfanne erhitzen. Pimientos halbieren, grosse vierteln, Stiel entfernen, lockere Samen ausschütteln. Das Gemüse in die Pfanne geben und bei mittlerer Hitze ca. 5 Minuten braten. Mehrmals wenden. Knoblauch zugeben und 2-3 Minuten mitbraten. Mit Fleur de sel würzen.

(3) Gleichzeitig die geputzten, quer halbierten Bohnen im Dampfsieb mit dem Bohnenkraut während 3-5 Minuten garen. Würzen. In der Bratpfanne unter die Pimientos mischen und zu dem Risotto servieren.

Dank meiner Umsicht überlebte ich das Mahl schadlos. Nachkocher wenden sich bei allfälligen Nebenwirkungen wie Husten, Hitzeanfall und Sodbrennen an eine medizinische Fachperson oder ihren Apotheker.

Zeeland 4/4: Hellevoetsluis, Oostvorne, Rotterdam

Von Dordrecht aus fuhren wir mit den Schiffen entlang der Oude Maas, einem starkbefahrenen Flussabschnitt auf der Strecke nach Rotterdam. In Bejerland zweigten wir in die Het Spui ab, einem kleinen Gezeitenfluss in Zuid-Holland, welche die Oude Maas mit der Haringvliet-Mündung verbindet. Mittags machten wir die Boote im Hafen von Hellevoetsluis fest. Mit dem Bus fuhren wir zur Exkursion mit dem BotanikerTheo in die Dünenlandschaft Oostvorne. Theo: ein Phänomen der Sinne, wie er mit den Augen Vögel und Insekten wahrnimmt, Pflanzen entdeckt, den Gesang der Vögel mit dem Gehör aufnimmt und alles aus dem Gedächtnis richtig benennen kann.

In dem Naturschutzgebiet, wo sich Sanddünen, bewaldete Täler und Feuchtgebiete abwechseln, haben viele Vögel- Insekten und Pflanzenarten eine geschütze Heimat gefunden. Bild: Igelschlauch, Baldellia ranunculoides L.

(Bildquelle: L.d.W.)

Gegenüber dem Naturschutzgebiet liegt der Europort Rotterdam. Zusammen mit den anderen Rotterdamer Häfen eines der grössten petrochemischen Industriegebiete der Welt. Hier werden unter anderem Rohöl zu verschiedenen Erdölprodukten verarbeitet und gelagert.

Gegen Abend fahren wir wieder in die Haringvliet, ankern die Boote nebeneinander. Wer wollte, stürzte sich ins Nass, warme Dusche am Bootsheck inklusive.

Danach Nachtessen, Dorschfilet in Rahm-Béchamel mit Salzkartoffeln und Sonnenuntergang. Nachherbild.

Anderntags fuhren wir im Morgengrauen auf eine kleine Insel vor Stellendam und besuchten das Vogelobservatorium Tij Haringvliet.

Unbeobachtete Beobachter

(Bildqulle: L.d.W.)

Rückkehr in den Heimathafen Willemstad. Räumen und Abgeben der Boote. Nachmittags Fahrt mit dem Bus nach Rotterdam, wo uns der Botaniker Remko Andeweg in einer Radexkursion am Ufer der Maas die Besonderheiten der Stadtflora zeigt.

Letztes gemeinsames Nachtessen im Zalmhuis Rotterdam. Übernachten im Hotel. Heimfahrt. Danke an die Organisatorin Lucienne (suf dem letzten Bild), die Skipper und die komptenten lokalen Exkursionsleiter. Eine intensive, interessante Auseinandersetztung mit dem Land, seiner Geschichte und seiner Botanik. Eine tolle Reise. Gerne wieder.

(Bildquelle: Frau H.)

Die Tomaten der Magdalena

„Was murret ihr? Das ist ein schlechtes Volk,
Zu nichts anstellig als das Vieh zu melken,
Und faul herum zu schlendern auf den Bergen“
[Zitat: Wilhelm Tell. 3. Szene, Fronvogt].

Einem spontanen Einfall von Frau H. folgend, begaben wir uns nach Schwyz, schlenderten faul im Städtchen herum -zum Melken war es schon zu spät-, bewunderten die kolossalen Wandmalereien von Ferdinand Wagner (1847–1927), dem Hofbräu-Historienmaler aus München, der 1891 im Rahmen der 600-Jahr-Feier der Eidgenossenschaft die Fassadenmalerei am Rathaus Schwyz anbrachte. Interessanter die Ital Reding Hofstatt, Landvogt und Bannerherr Ital Reding (1573–1651) liess das stattliche Haus 1609 errichten. Ital Reding stammte aus einer angesehenen Schwyzer Familie, welche in verschiedenen Generationen Heerführer, Landammänner und Diplomaten hervorbrachte und die durch das Soldunternehmertum reich wurde.

Um die Mittagszeit kehrten wir im Restaurant Magdalena ob Schwyz ein. Der Name bezieht sich auf die nahegelegene Magdalena-Kapelle, 1681 zu Ehren der fusswaschenden, fleischlichen Sünderin erbaut. Ihr Ruf war schlecht, Je nach Quelle wird sie als Prostituierte oder gar als Geliebte von Jesus bezeichnet. Wie immer auch, Jesus vergab ihr ihre Sünden (Lukas 7.36). Ein hübsches Gesicht bedeutet in unserer Welt seit jeher viel und öffnet Türen. (Bild der Maria Magdalena von Frederick Sandys, 1860, einem Maler des Präraffaelismus).

Auch uns verlangte nach Sündenvergebung. Wir versuchten, Läu­te­rung durch lustvollen Verzicht zu erlan­gen. Das junge Team um den ambitionierten Küchenchef Dominik Hartmann (Ausbildung u. a. bei Andreas Caminada und Fabian Fuchs) begeistert mit einer lustvoll emanzipierten, vegetarischen Küche. Saisonal, regional, modern, anfänglich mit, seit 2 Jahren fleichlos, kochte er sich zackig in die höheren Sphären der Spitzengastronomie.

Aussicht vom modernen Speisesaal mit Panoramafenstern auf Tennisplatz, Talboden, Seen und Berge zum Himmel.

Die Speisekarte gibt in Form einer Klappbroschüre (Tomate! Aubergine! Gurke!…) rudimentäre Hinweise auf die Gemüse-Themen des servierten Überraschungsmenus.

Snacks und Amuse Bouches, in drei Gängen serviert, bilden einen gelungenen Auftakt: von Mais Tartelettes mit flüssigem Yuzukern, fermentierten Radieschen mit Zitronenthymian, Tacos mit Käse-Feigensenffüllung über Kohlrabi mit Meerrettich und Dill, dazu Kohlrabiröllchen mit Kräutern und Kalamansi bis zu Gurke in verschiedenen Aggregatszuständen. Im Bild: Gurke mit Kapuzinerkresse und rosa Pfeffer.

Köstlich auch das mit Albula-Bergkartoffeln und Sauerteig zubereitete Hausbrot  (Rezept hier) und die mit Sauerrahm, Joghurt und Salz aufgeschlagene Butter.

Der erste Gang Spitzkabis mit Jalapeno in einer Kopfsalathülle und aromatischem Sud.

Artischocke an einem milden Salzzitronenjus und fritiertem Artischockenheu.

Eierstich mit Steinpilzen und Champignons an Kamillensud.

Eine confierte Tomate mit Himbeeren, Raps- und Zedernkernen und einem leichten Tomatenschaum. Ohne Bild, nachgekocht.

Sous-vide gegarte und dehydrierte Aubergine mit Aprikose in einem mit Miso-Lack überzogenen Peperonimantel an einem kräftigen Jus.

Als Pré-Dessert Mirabellen mit frittiertem Shisoblatt und Pumpernickelcreme. Ohne Bild.

schliesslich Brombeeren, Fenchel, Vanille und Mandel

Alles sehr ambitioniert und aufwändig zubereitet. Eine reine Freude, hier Busse zu tun und seine fleischlichen Sündenstrafen mit einer Indulgenz in Form der Restaurantrechnung abzuzahlen. Da nach kirchlicher Lehre nur die Strafe erlassen, nicht aber die Sünde selber vergeben wird, empfiehlt es sich, die Quittung des Restaurants aufzubewahren und im Bedarfsfall den Betreibern des Fegefeuers zu präsentieren.

Anderntags zuhause, versuchte ich den Tomatengang (vereinfacht) aus der Erinnerung nachzukochen, kein einfaches Unterfangen.

Tomate Magdalena

Vospeise für 2

2 sehr gut schmeckende Tomaten, Wir hatten aus eigenem Garten die seit dem 16. Jahrhundert bekannte Purple Calabash, eine Fleischtomatensorte. Sie liefert stark gerippte, rotbraun bis violett gefärbte Früchte mit einem süss-würzigen Aroma

einige Himbeeren (möglicherweise werden sie im Restaurant zuvor fermentiert.
2 dl eigene Tomatenpassata
etwas Rahm
Zedernkerne, leicht geröstet (L. die grössern Pinienkerne)
Rapssamen, leicht geröstet (L.: weggelassen)
kleine Blümchen und Blättchen aus dem Garten

(1) Tomaten anritzen, ein paar Sekunden in kochendes Wasser legen, sofort kalt abschrecken und Haut abziehen. Strunk ausschneiden. Würzen, eine Himbeere in den Wurzelansatz drücken und in einer Schale im Ofen ca. 2 h bei 105°C confieren.
(2) Tomatenpassata mit etwas Rahm und 3 Himbeeren aufkochen, mixen und aufschäumen, abschmecken
(3) Tomate in dem Schaum servieren. Mit den Kernen und Blüten garnieren.

Nicht ganz original aber leidlich ähnlich.

Zeeland 3/4: Biesbosch Nationalpark, Dordrecht und Leiden

Auf dem von Frachtschiffen stark befahrenen Hollandsdiep fuhren wir von Willemstad flussaufwärts in das Mündungsdelta des Merwede (Provincie Noord-Brabant).

Die Merwede ist der heutige Unterlauf der Waal, des südlichen Rheinarms im Rhein-Maas-Delta. Der Nationalpark De Biesbosch ist ein rund 8’000 Hektar grosses Süsswasserdelta -ein Gezeitengebiet- mit einem wahren Labyrinth aus kleinen Flüssen und Bächen.

Viele Wasservogelarten suchen hier nach Futter. Hier wanderten und fuhren wir mit Leihvelos um einen grossen See, der vor Jahren ehemaligem Kulturland wieder abgewonnen wurde. Meine erste Elektro-Velofahrt.

Danach mit dem Schiff über den Dordtsche Kil nach Dordrecht (Zuid-Holland), wo wir bei Sonnenuntergang ankerten. Von der Stadt sahen wir vom Hafen aus nicht viel: die Grote Kerk (Onze-Lieve-Vrouwekerk), die größte Kirche der Stadt in Backsteingotik sowie eine Bar im Hafenviertel. Anderntags fuhren wir mit dem Bus in die Universitätsstadt Leiden.

Der Hortus Botanicus in Leiden ist einer der ältesten botanischen Gärten in den Niederlanden. Hier der moderne Eingangsbereich mit Cafeteria und Shop.

Er wurde 1590 für die Ausbildung der Studenten der Universität Leiden gegründet. Auf einem 1400 m2 grossen Areal (auf dem vorher ein Kloster der Dominikanerinnen gestanden hatte). Als Leiter des Gartens wurde 1592 Carolus Clusius gewonnen. Hofbotaniker, Arzt, Gelehrter und Tulpenpionier.

1608 erfolgte eine Erweiterung, darauf wurde eine erste Orangerie. errichtet. Waren es zu Beginn die ersten Tulpen, kamen Ende des 17. Jahrhunderts Tomaten, Tabak, Mais und Kartoffeln dazu, welche den Ruf des Gartens in Nordeuropa erhöhten. Auch exotische Pflanzen aus den niederländischen Kolonien, beschafft durch die Niederländische Ostindien-Kompanie, fanden Eingang in den Garten.

Stellvertretend für viele andere Aufnahmen hier der Samenstand des Indischen Lotus, Nelumbo nucifera.

und die Amazonas-Riesenseerose, Victoria amazonica.

Erholung im Garten unter einer gewöhnlichen Rosskastanie, Aesculus hippocastanum.

Mittagessen im Museumscafe, wo wir uns im Museumsshop zwei solide Radtaschen kauften. Nun fehlen uns nur noch die zu den Taschen passenden Velos 🙂 Danach kleine Stadtwanderung. Vorbei an der Stadstimmerwerf am Kort Galgewater. Ein beeindruckender Treppengiebel.

vorbei am Morspoort, dem westlichen Stadttor von Leiden, 1669 im manieristischen Stil der Spätrenaissance erbaut.

Durch eine Strassenunterführung mit wunderschönen Graffiti. Siehe auch im Headerbild.

Zum Naturalis Biodiversity Center. Ein 1998 fertiggestellter Komplex, erbaut in pompös-postmodernem Kitsch. Darin ist das Nationale Naturgeschichtliche Museum untergebracht, in dem mit verschiedenen Methoden und Formaten versucht wird, dem Besucher die Natur näher zu bringen. Im selben Bau sind zudem das Reichsmuseum für Naturgeschichte, das Reichsmuseum für Geologie und Mineralogie, die Sammlungen des Zoologischen Museums Amsterdam sowie das Nationale Herbarium der Niederlande untergebracht. Zudem wird hier an der Biodiversität der Niederlande geforscht.

Als erstes wurden wir von der Leiterin des Nationalen Herbariums empfangen und durften uns in den heiligen Hallen die schwer gesicherten und angenehm klimatisierten Archivschachteln mit alten Herbarien und Belegmustern ansehen. Nicht sprechen. Nur soweit notwendig atmen. Nichts anfassen.

Hier der Ausschnitt eines uralten Herbarblatts, das der Arzt, Ethnologe, Japan- und Naturforscher Philipp Franz Balthasar (von) Siebold, anfangs des 19. Jahrhunderts in Japan sammelte.

Das Blatt zeigt den heute als invasiven Neophyten geächteten japanischen Staudenknöterich, Polygonum cuspidatum SIEBOLD et Zucc, aktuell als Reynoutria japonica Houtt. neu klassifiziert. Eine ganze Abteilung befasst sich mit der Digitalisierung der alten Herbarblätter.

Für den Rest des Nachmittags bewegten wir uns frei im Naturkundemuseum. Ein didaktisch modern und barrierefrei gestalteter Parcours durch die Entstehung von Leben und seinem Verfall.

bis hin zum homo erectus (Bild), dem homo neanderthalensis und schliesslich zum Tiefpunkt der Evolution: dem homo sapiens. (ohne Bild)

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